Montserrat, nordwestlich von Barcelona, ist für sein Kloster bekannt. Doch gibt es dort auch wunderbare Kletterfelsen aus Konglomeratgestein. Man klettert an Kieseln und Löchern. Der Sportkletterführer für die Felsen an der Südseite listet über 1700 Routen, die mit Bohrhaken gut abgesichert sind. Zusätzlich gibt es unzählige Mehrseillängenrouten mit bis zu sechs Seillängen, die teils eingebohrt, teils selbst mit Klemmkeilen und Friends abzusichern sind. Und auf der Nordseite kommen nochmal über 1000 Routen mit bis zu zwölf Seillängen dazu. Die nordseitigen Sektoren sind allerdings im Winterhalbjahr zu kalt, der höchste Gipfel des zerklüfteten Felsmassivs ist immerhin über 1200 Meter hoch.
Kurz-Info: Wissenswertes zum Klettern in Montserrat
Montserrat, nordwestlich von Barcelona, ist riesig – rund 40 Quadratkilometer – und ein gigantisches Labyrinth aus Felstürmen, Schluchten und Wänden. Die Sportklettereien auf der Südseite nimmt man am besten von El Bruc in Angriff. Der Ort liegt an der Autobahn A-2 zwischen Barcelona (47 km) und Igualada (18 km).
Essen, Trinken, Schlafen: Für den kleinen und größeren Hunger gibt es in El Bruc zahlreiche Cafés und Kneipen. Eine gute Bäckerei und ein kleiner Supermarkt sind auch vorhanden. Einen größeren Supermarkt und zwei Tankstellen gibt es in El Bruc Residencial an der Schnellstraße. Das Restaurant Masia Vinyanova oberhalb vom Parkplatz von Can Jorba ist bei den Einheimischen sehr beliebt. Die Auswahl an Campingplätzen in der Gegend ist beschränkt. An der Küste gibt es dafür jede Menge. Private Unterkünfte und Ferienwohnungen findet man am besten über airbnb. Zwei gute Kletterläden gibt es in Manresa.
El Vermell
Knapp 300 Routen von 4 bis 8b, bis 55 m lang (Topo rechter Teil S. 52).
Zustieg: Vom Parkplatz El Bruc (41° 35.104‘ N / 001° 46.857‘ E) auf die obere Straße und nach links. Nach 1,2 km rechts Wegweiser, hier schräg rechts auf Wanderweg, später Pfad in Richtung Nordost 500 m zum Fels, linke Seite (20 Minuten).
Cova de l’Arcada
Über 60 Routen von 5 bis 8b+, bis 45 m lang.
Zustieg: Vom Parkplatz El Bruc auf die obere Straße und nach links. Nach 400 m rechts auf Schotterstraße und dieser 1 km in die Schlucht Torrent del Castell folgen. Links einem Pfad in einem meist trockenen Bachbett folgen. Nach 300 m führt rechts ein kleiner Pfad aus dem Bachbett heraus. 300 m bis zu einem Tümpel (kein Trinkwasser). Links dem Pfad 800 m bergauf zum Fels folgen. Zur Cova de l‘Arcada nach links. Die Wand liegt vormittags im Schatten (45 Minuten).
Agulla del Senglar
Über 50 Routen (inkl. Sektoren La Tonsura und Placa Hardcore) von 5 bis 8b, bis 50 Meter lang. Topo Agulla del Seglar siehe rechts.
Zustieg: Wie Cova de l‘Arcada bis zum Tümpel. Links dem Pfad 800 m bergauf zum Fels folgen und nach rechts. la Tonsura, Placa Hardcore und die fantastischen Routen an der Agulla del Senglar sind bis zum späten Nachmittag in der Sonne (45 Minuten).
Clot del Boixar
Rund 120 Routen von 3 bis 8a mit bis zu 50 m Länge.
Zustieg: Wie zur Cova de l‘Arcada bis zum Tümpel. Hier rechts dem Weg 500 m zu den Felsen links und rechts der Schlucht folgen (35 Minuten).
Can Jorba
Über 150 Routen von 5 bis 8b mit bis zu 50 m Länge, darunter eine größere Auswahl im 5. und unteren 6. Franzosengrad.
Zustieg: Vom Parkplatz Can Jorba (41° 34.751‘ N 001° 47.975‘ E) dem Wanderweg, später der Piste 1 km in Richtung Norden folgen. Rechts führt am Trockental ein Weg nach 300 m zu den Felsen. Der linke Teil ist bis zum späten Nachmittag in der Sonne. Der rechte Teil ist bis ca. 15 Uhr im Schatten. Zustieg: 20 Minuten.
Führer: Luis Alfonso "Montserrat Cara Sur – Vias Cortas", 360 Seiten, spanisch, 2018 (direkt hier für 26,50 Euro im klettern-Shop bestellen).
Story & Routentipps: Klettern in Montserrat
Bei der Suche nach einem Felsziel für den Winter fiel unsere Wahl auf Montserrat. Es bietet auf seiner Südseite eine gewaltige Auswahl an Sektoren mit erstklassigen Sportkletterrouten.
Am ersten Tag folgen wir den Anweisungen von Google Maps und verfahren uns grandios. Seit 2018 ist der Zugang zu den Parkplätzen unter den Felsen gesperrt, und man muss auf einem der zwei großen Parkplätze in El Bruc oder bei Can Jorba parken. Dies verlängert den Zustieg zwar um ein paar Minuten, dafür wird man mit einer unvergleichlichen Ruhe belohnt. Nachdem der Zustieg gefunden ist, verbringen wir die ersten Tage im größten Sektor El Vermell.
Die Wände hier sind bis zu 50 Meter hoch. Ein 80-Meter-Seil ist hier Pflicht. Und bitte den Knoten im Seilende nicht vergessen! Wir müssen leider einen schlimmen Unfall erleben, als ein einheimischer Kletterer über das Seilende hinaus abgelassen wird und aus fünf Meter Höhe auf den Boden fällt. In El Vermell gibt es knapp 300 Routen zwischen 4 und 8b, die meisten davon zwischen 6a und 8a. Eine Traumlinie reiht sich an die nächste. Man weiß überhaupt nicht, womit man anfangen soll. Praktischerweise ist der linke Teil morgens in der Sonne und der rechte Teil am Nachmittag. Dadurch kann man je nach Temperatur zwischen Sonne und Schatten wechseln. Wir starten gemütlich mit El Llaminer (5c), Si lo se no vengo (6a) und der wunderschönen 45 Aniversari (6b). Die recht unübersichtliche Kletterei an kleinen Kieseln und den verschwenderisch vielen Löchern erinnert an eine Mischung aus fränkischer Lochkletterei und den Kieselklettereien in Margalef. Die ersten Routen sind leicht geneigt bis senkrecht und die Bewertung ist deutlich straffer als in anderen spanischen Klettergebieten.
Links von unseren Eingewöhnungsrouten finden sich über 20 lange Traumlinien mit Ausdauerrouten zwischen 6c+ und 7c und bis zu 40 Meter Länge. Wir wenden uns aber weiter nach rechts und klettern in den nächsten Tagen viele der Highlights wie San Agustin (6b), eine geniale Verschneidung mit perfekter Absicherung, die komplexe El perfecto espolón (6c) oder die phantastische, 35 Meter hohe El vianant (7c+). Im unteren Teil fordert senkrechte, kleingriffig anhaltende Lochkletterei die ganze Konzentration, während im oberen Teil weite Züge im 30 Grad überhängenden Kieselgelände eine Garantie für dicke Arme sind.
Die zwei Wochen im Herbst gehen viel zu schnell vorbei. Wir sind so begeistert, dass wir an Weihnachten wieder in El Bruc sind. Eigentlich ist der Plan, nur in den Weihnachtsferien in Montserrat zu klettern, aber dabei bleibt es nicht. Wir verbringen sechs Wochen an den grandiosen Wänden und erkunden auch die abgelegeneren Sektoren. Besonders gut gefallen uns die langen Ausdauerrouten an der Agulla del Senglar. Im linken Teil an der Placa Hardcore gibt es eine Reihe langer und schöner Routen im Bereich 6a bis 6b, bei denen die ersten Haken im leichten Gelände etwas höher stecken. Im oberen, schwierigeren Teil sind die Routen perfekt abgesichert. Weiter rechts an der Agulla Senglar reiht sich eine 5-Sterne-Route an die nächste. Links locken fünf senkrechte Routen zwischen 6b und 7a mit teils trickreichen Einzelstellen. Rechts befinden sich die Highlights: Rush (7c), Discordia (7b+), Ben petat (7c+), Somni diabolic (8a) und Sprint final (8a+). Wer auf ausdauernde leicht überhängende Lochklettereien mit 25 bis 35 Meter Länge steht, findet hier eine große Auswahl. Wer noch etwas härtere Routen sucht: Zehn Minuten oberhalb liegt die Agulla Fina mit vier bis zu 60 Meter langen Routen zwischen 7c+ und 8b.
Auf dem Weg zu den oberen Felsen sehen wir im Dezember oft Steinböcke, die behände über die Felsen springen und manchmal auch Steinschlag auslösen. Deshalb ist ein Helm am Wandfuß keine schlechte Idee. Im Januar sind die Steinböcke nur sehr selten zu sehen, die Schonzeit endet am 31.12. Irgendwie wissen das die schlauen Tiere.
Während der Weihnachtsferien sind die einheimischen Kletterer aus Barcelona oft in anderen Gebieten unterwegs, daher sind wir oft allein am Fels. Am ersten Wochenende nach den spanischen Ferien hingegen sind zehn Seilschaften und viele Hunde da. Unter der Woche geht es dann wieder deutlich ruhiger zu. Leider ist die Agulla Senglar wegen Vogelschutz vom 15.2. bis 31.5. jedes Jahres gesperrt. Ganz anders präsentieren sich dagegen die Wände hinter den Häusern von Can Jorba. Im linken Teil überwiegen gut gesicherte leicht geneigte bis senkrechte Routen mit verschwenderisch vielen Löchern von 5c bis 7a. Besonders gut gefallen uns Del Xavi (5c), Aladern (6a), Supersic (6a+), die sehr lange Rehabilitacio continua (6c) und Crazy Women (7a). Auch Adriano Chelentano ist nicht ohne Grund die beliebteste (7b) im gesamten Gebiet und keine schwere obendrein.
Auch die sechs Wochen im Winter waren natürlich viel zu kurz. Wir werden in den nächsten Jahren bestimmt nach Montserrat zurückkehren.