Das Donautal ist wirklich ein ganz besonders hübscher Flecken Erde. Der Naturpark, der 1980 gegründet wurde, umfasst inzwischen auch viele Seitentäler und die umgebenden Hochflächen des Tals, doch das Kernstück ist immer noch der Abschnitt zwischen Beuron und Sigmaringen, wo sich das Tal der Donau tief in die Schwäbische Alb eingeschnitten hat.
Die Qualität der Kletterfelsen stimmt
Hier reiht sich Fels an Fels, und einige können es von der Größe her fast mit einer kleinen Alpenwand aufnehmen. Das ideale Terrain also für Kletterer. Neben der schieren Zahl und Größe der Felsen – am höchsten, dem Schaufels, beträgt die Wandhöhe gut 120 Meter – stimmt hier auch die Qualität. Vielerorts ist der Fels genial gut, kompakt und mit Löchern und Leisten strukturiert.
Dazu kommt, dass sowohl die Felsen als auch die Routen sehr abwechslungsreich sind. Es gibt Platten, Überhänge, Risse, gestuftes Gelände für Einsteiger, Nordwände, Südseiten, Routen mit zehn Metern und solche mit fünf Seillängen. Diese Viefalt der Möglichkeiten spiegelt sich auch im ganz neu aufgelegten Kletterführer für das Donautal wieder. Über 850 Routen an 30 Massiven beschreibt der Führer inzwischen.
Klettern im Donautal – es geht wieder
Wie fast überall in Deutschland, wo viel Fels, viele Kletterer und viel Natur aufeinandertreffen, gab es auch im Donautal eine Zeit lang teils heftige Auseinandersetzungen zwischen Kletterern und Naturschützern. Seit 1993 ist über die Hälfte der Felsen für Kletterer gesperrt, doch die Stimmung ist inzwischen wieder gut. Statt Konfrontation setzen die ehemaligen Streithähne auf konstruktive Zusammenarbeit.
Dies hat dazu geführt, dass seit 2014 an etlichen Wänden offiziell neue Regelungen gelten, die für die Kletterer günstiger sind als die bisherigen. Vor allem die ganzjährigen Klettermöglichkeiten an Schaufels und Hölle wurden deutlich erweitert, zudem wurden die Kreuzfelsen bei Mühlheim an der Donau und ein Übungsfels am Stuhlfels offiziell zum Klettern freigegeben.
Harte Platten stark im Kommen
Dass das Donautal wieder lebt, zeigt der rege Besuch von Felsen an beiden Enden des Schwierigkeitsspektrums. An Stuhlfels, Verlobungsfels oder Eigerturm und Alter Hausener Wand, wo viele leichte Routen ungetrübten Kletterspaß garantieren, herrscht Wochenende für Wochenende Andrang.
Doch auch die Highend-Szene hat in den letzten Jahren wieder starken Zulauf bekommen. Dabei zeichnen sich die ganz harten Routen des Donautals ja dadurch aus, dass "die Griffe oft okay sind, unten aber die Füße schlabbern" – wie Jörg Helfrich, Bergführer aus Konstanz, es trefflich ausdrückt. Sinter gibt es im Donautal keine. Viele der Sportkletterklassiker – wie zum Beispiel die an der unglaublich kompakten Rabenwand und am Bad Man Rock – verlangen viel vertikale Feinmechanik und perfekte Fußtechnik.
Fels ohne Griffe: Die harten Routen des Donautals
Die technisch anspruchsvollen und kompakten schweren Routen des Donautals erfreuen sie sich in letzter Zeit großer Beliebtheit. Selbst extrem anspruchsvolle Plattenklettereien wie Wargames (10-) werden regelmäßig versucht und gelegentlich sogar wiederholt. Ein Faktor, der zur neuen Beliebtheit solcher Klassiker beiträgt, ist die seit einigen Jahren laufende Sanierung, bei der sich die IG Klettern Donautal und Führerautor und Lokalmatador Georg Hermann besonders hervorgetan haben.
Hoch im Kurs steht bei den Extremen auch die Nordseite der Alten Hausener Wand. Die ist schon wegen ihrer Ausrichtung das perfekte Sommerziel und dazu steil, hoch und löchrig, so dass die Hallenausdauer endlich mal an den Fels gebracht werden kann. Die wohl stärksten Kletterer der Gegend sind derzeit Matthias Ruf und Johannes Schlemper, es gibt kaum einen Zehner im Tal, den die beiden noch nicht punkten konnten – und das, obwohl die Bewertungen als eher streng gelten.
Aber ob nun Extremkletterer oder Genießer: Das Obere Donautal ist für alle eines der landschaftlich schönsten und abwechslungsreichsten Klettergebiete in Deutschland.
Die besten Routen im Donautal – Empfehlungen
Von leicht bis schwer: Die leichteste oder schwerste Kletter-Route einer Region lässt sich meist schnell finden. Aber die schönste? Obwohl "Schönheit" beim Klettern natürlich auch subjektiv ist, haben diese Lokalmatadoren der Kletterszene im Donautal doch einen relativ guten Überblick und haben uns verraten, welche die ihrer Meinung besten Routen dort sind.
Mathias Schöllhammer ist nicht nur Führerautor und IG-Vorsitzender, sondern auch ein intimer Kenner des Donautals. Seit sieben Jahren klettert er hier intensiv und bis zum 10. Grad.
Seine Routen-Empfehlungen fürs Donautal:
Alter Weg (6), Hölle, rechter Wandteil:
tolle Henkel, nach oben immer steiler
Salü Sepp (6+), Parkplatzfels:
schöne Verschneidung zwischen harten Wegen
Staffellauf (7-), Dritte Zinne:
der Oberklassiker an den Zinnen, genialer Fels, schön ausgesetzt; Muss-Tour
Flachland (8), Hölle, rechter Wandteil:
etwas weniger steil als der Rest der Hölle, dafür große Griffabstände
Janoschs Traumstunde (9), Ebinger Schlossfels:
auch auf der Zollernalb gibt es extrem kompakte Pfeiler
Georg Hermann, 50, gehört zu den "Urgesteinen" des Donautals. Der Diplom-Handelslehrer aus der Nähe von Tuttlingen hat zahllose Routen erstbegangen und ebenso viele saniert. Sein Beta-Gedächtnis ist legendär.
Seine Routen-Empfehlungen fürs Donautal:
Superdirekter Eigerturm (6+), Eigerturm:
löchrig, steil und superdirekt – absolut empfehlenswert
Termitenweg (7+), Fuchsfels:
gut abgesicherter Klassiker mit famoser Kletterei
Zopflos (7+), Löchlesfels:
Prototyp der Lochkletterei, am Einstieg gibt‘s noch ein paar kleine Leisten dazu
Brot und Spiele (8), Schreyfels:
superluftig und überhängend durch die Gipfelwand
Das Wesen des Wassers (9), Westliche Zinne:
lang, ausdauernd und knifflig
Joerg Helfrich, 35, zog vor Jahren aus der Pfalz nach Konstanz. Der Geschäftsführer der Slackline Tools gilt in der Donautal-Szene auch als "schönster Bergführer Deutschlands".
Seine Routen-Empfehlungen fürs Donautal:
Immer wenn es regnet (6+/7-), Alte Hausener Wand Nordseite:
die leichteste Route hier – dennoch löchrig, lang, steil und genial
Großer Wahnsinn (8-), Zweite Zinne:
der meistfotografierte Überhang im Tal, absolut perfekter Fels
Patricia (8+), Rabenwand:
schöne Plattenkletterei
Goldfinger (9+/10-), Rabenwand:
phantastische Linie aus der Zeit der ersten großen Erschließungswelle
Irrfahrt (10-), Parkplatzfels:
nicht nur, aber auch ein Problem der Kraftausdauer
Wissenswertes zum Klettern im Donautal (Info)
Antworten auf alle wichtigen Fragen rund ums Klettern im Donautal gibt's hier.
Anreise: Der felsige Teil des Oberen Donautals erstreckt sich von Beuron bis Sigmaringen. Allerdings konzentrieren sich bis auf den Schreyfels die zum Klettern freigegebenen Felsen auf die Strecke zwischen Hausen im Tal und Sigmaringen. Von Norden kommend führt der Weg mit dem Auto entweder über Albstadt und Meßstetten oder über Balingen und Nusplingen ins Tal. Von Westen über Tuttlingen und Fridingen, von Süden über Meßkirch und von Osten über Sigmaringen.
Das Donautal ist perfekt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Durchs Tal fährt die Deutsche Bahn (Interregio-Express) und der Naturpark-Express. Beide halten unter anderem am Bahnhof in Hausen im Tal, von wo ein Teil der Felsen locker zu Fuß erreichbar ist.
Unterkunft: Am günstigsten steigt man am Camping Wagenburg in Hausen ab. Zu Dachstein und Stuhlfels läuft man von dort in fünf bis zehn Minuten, die Hausener Zinnen sind in 20 bis 30 Minuten zu ereichen, der Schreyfels in einer guten halben Stunde. In Hausen im Tal steht das Ebinger Haus der DAV Sektion Ebingen (Tel. 07579/2777).
Darüber hinaus bieten etliche Gaststätten Zimmer mit Frühstück (ab ca. 35 Euro pro Person), zum Beispiel das Steinhaus in Hausen, Die Traube in Kreenheinstetten, die Neumühle oder die Donauperle in Gutenstein.
Essen und Trinken im Donautal
Einkehr: Direkt nach dem Klettern bietet sich erstmal eine Pause am Minigolf in Hausen an. Hier gibt es nicht nur Kaffee und Kuchen, sondern auch Handfestes und einen wunderschönen Blick auf die Felsen rund um Hausen. Abendessen fasst man im Steinhaus oder Bahnhöfle in Hausen, in der Traube (beim "Abraham") in Kreenheinstetten, der Neumühle oder der Donauperle (die letzten beiden mit etwas gehobeneren Preisen). In Sigmaringen gibt‘s dann auch Chinesisch und alles andere.
Einkaufen: In Hausen im Tal verkauft ein winziger Bäcker/Dorfladen nicht nur Backwaren, sondern auch die wichtigsten Grundnahrungsmittel. Einen Supermarkt gibt es erst wieder in Sigmaringen. Etwas Kletterausrüstung hat "Valley-Bike" in Hausen im Angebot.
Rund ums Klettern: Equipment & Führer
Ausrüstung: Das Donautal ist ein Klettergarten, der stellenweise fast alpine Dimensionen erreicht. Viele Routen haben mehrere Seillängen. Der Fels ist meist sehr gut, dennoch kann zwischendurch oder an den Ausstiegen mal ein Stein locker sein. Ein Helm ist daher sehr zu empfehlen.
Absicherung: Diese ist meist gut bis sehr gut, allerdings stecken in den leichten Routen die Bohrhaken teils in weiteren Abstände. Ein paar Keile und Schlingen für Sanduhren gehören daher an den Gurt. Die harten Sportkletterwege sind durchweg gut gesichert, wobei man auch hier mal zwischen den Haken klettern muss.
Führer: Der "Kletterführer Donautal und Zollernalb" wurde von Georg Hermann und Mathias Schöllhammer komplett überarbeitet und erschien im Frühjahr 2020 (Panico Alpinverlag 26,80 €). Den Kletterführer Donautal von Panico direkt hier im klettern-Shop bestellen.
Fels-Sperrungen: Infos zum aktuellen Stand der Brutzeitsperren, zu Sanierungen und vieles mehr findet ihr unter www.akn-donautal.de oder auf www.dav-felsinfo.de.
Familien-Tipp fürs Donautal
Das Donautal bietet nicht nur guten Fels, sondern ein sehr familientaugliches Gesamtpaket. Wer aufs Wasser will, kann beim Minigolf in Hausen ein Kanu mieten. Es gibt Trips von zwei bis sieben Stunden, je nachdem, wo man die Donau wieder verlässt. Die Rückreise zum Ausgangspunkt wird ebenfalls organisiert. Am Minigolf könnt ihr auch Bogenschießen (und natürlich Minigolfen).
Mountainbikes verleiht "Valley Bike" in Hausen. Die Fahrt durchs Donautal von Fridingen (oder Beuron) bis Sigmaringen ist eben und weitgehend asphaltiert, insofern auch mit dem Trekkingrad möglich und kindertauglich. Fürs Sightseeing und relaxte Kaffee-Trinken bieten sich die Altstadt und das eindrucksvolle Schloss von Sigmaringen an.