- Allgemeine Infos zum Bouldergebiet Brione
- Empfehlung: Die besten Boulder Briones im 6., 7. und 8. Grad
- Interview mit Führer-Autor und Local Claudio Cameroni
- Überblick: Die Sektoren von Brione (mit Karte)
Allgemeine Infos zum Bouldergebiet Brione
Bouldern
Rund um Brione und Lavertezzo warten 19 Sektoren mit rund 560 Problemen. Bis 5+ sind es 64, von 6A bis 6C 161, 6C+ bis 7B 178, 7B+ bis 8A 119 und 36 ab 8A+ aufwärts. Der Gneis hat eine angenehme Textur, die Kletterei ist oft athletisch, zugleich technisch und in der Regel sehr reibungsabhängig. Von Dächern über Kanten und Kompressionen bis zu bissigen Wandklettereien und Platten ist alles geboten. In den Sektoren Ganne und Molonk sind zudem viele Kinderboulder frisch geputzt und mit Pfeilen markiert.
Hinkommen
Auf der A2 die Ausfahrt "Bellinzona Süd" in Richtung Locarno nehmen. Im Kreisverkehr vor der Schnellstraße A13 dann rechts nach Riazzino und von dort nach Gordola, wo das Valle Verzasca abzweigt. Von hier in 20 Minuten das Tal hinauf nach Brione.
Aber: Brione ist perfekt für einen Besuch ohne Auto. Schnell und reibungslos gelangt man mit dem Zug durch den Gotthard-Basistunnel nach Bellinzona und von dort nach Gordola. Von hier verkehren regelmäßig Busse ins Valle Verzasca, die an allen Ausgangspunkten zu den Sektoren halten. Wer also im Tal oder am Taleingang logiert, benötigt kein Auto.
Schlafen & Speisen
Brione besitzt einen Lebensmittelladen und einen Stellplatz für Wohnmobile. In Tenero am Lago Maggiore ist die Auswahl an Campingplätzen groß. Unter www.verzascarustici.ch findet man Ferienwohnungen im Tal. Zimmer bieten das Ristorante Campagna in Frasco, Eva Bed & Breakfast und das Ristorante Pièe in Brione.
Beste Zeit
Herbst und Frühjahr. Nach Regen bleiben die Blöcke im Wald länger nass, die im Flussbett trocknen vor allem bei Wind sehr schnell.
Sperrung
Achtung, vom 31. März bis 15. Oktober sind folgende Sektoren gesperrt, weil sie sich auf einer Heuwiese befinden oder der Zustieg dorthin über eine führt: Sbandiera bianca, Pianesc und Vecchio Leone.
Führer
Claudio Cameroni, Roberto Grizzi, Renzo Lodi: Verzasca Boulder, 160 Seiten, italienisch, englisch, deutsch, viele tolle Actionfotos, Oktober 2019, 29,90 Euro – Kletterführer Val Verzasca und Lavertezzo direkt hier im klettern-Shop bestellen
Weitere Info und Wissenswertes verrät Local Claudio Cameroni im Interview (unten)...
Interview mit Führer-Autor und Local Claudio Cameroni
Brione habe den besten Fels weltweit, hört man gar nicht so selten. Übertreibung oder wahr? Was sagst du?
Ich bin schon viel herumgekommen und rund um die Welt geklettert … ja, es ist wahr! Da ist diese Farbenpracht, rot, schwarz, weiß, braun, gelb, die man nur in Brione findet. Dazu ist der Gneis von feinster Qualität: nicht scharf, nicht aggressiv, fast "weich", perfekt, um daran zu klettern. Klar, viele behaupten von ihrem Heimatfels, dass es der beste der Welt sei – aber bei Brione ist es wirklich so!
Was noch macht Brione besonders?
Die Lage. Da ist der Fluss, der wirklich außergewöhnlich schön ist, oft leuchtet er smaragdgrün. Durch die Enge des Tals ist er überall präsent. Aber auch die Geschichte des Verzascatals, die Armut der Menschen, die dort früher lebten, und ihre Beziehung zu der unwirtlichen Landschaft, zu den Felsen, Blöcken und Steinen. Wenn du dort wanderst, triffst du ständig auf zerfallene, kleine Steinhäuschen und dürftige Behausungen, die unter Überhängen an Blöcke und Wände gebaut wurden. Und auch die kleinen Dörfer mit ihren Steinhäuschen bilden eine perfekte Harmonie mit ihrer Umgebung. All dies zusammen macht Brione und das Valle Verzasca zu etwas ganz Besonderem.
Wie sieht es mit der Art der Kletterei aus? Wie unterscheidet Brione sich von anderen Gebieten – zum Beispiel von Cresciano und Chironico?
Wie immer bei Urgestein ist die Kletterei sehr technisch, in Brione kommt ein starker physischer Aspekt hinzu. Es gibt viele Überhänge, Dächer, Grotten, denk an den Überhang von Frogger (8A), das sind fast 50 Grad. Dazu gibt es aber auch Platten, senkrechte Wände – es gibt ziemlich alles. Cresciano ist generell etwas technischer, mehr senkrecht oder leicht überhängend. Dort gibt es auch richtig steile Sachen, in Brione gibt es aber mehr davon. Genauso wie mehr Sloper – schöne, ergonomische Sloper, angenehm abgerundete Griffe, die man gerne in die Hand nimmt.
Wann warst du zum ersten Mal dort bouldern? Weißt du noch mit wem?
Das ist wahrscheinlich 18 Jahre her. Und ja, ich erinnere mich, mit wem: mit Fred Nicole. Er kannte den Ort schon, hat mich herumgeführt und mir einige Blöcke gezeigt.
Wann hat die Erschließung dort begonnen und wer waren die Hauptakteure?
Das war 1999. Bernd Zangerl war einer der ersten, Thomas Steinbrugger, die Tresch-Brüder, Fred und Toni Lamprecht, das waren die ersten. Insgesamt war aber lange Zeit wenig los, es wurde nicht viel über Brione gesprochen, als Cresciano schon berühmt war.
Zuerst ein Geheimtipp, dann erste Probleme, dann immer beliebter, dann Sperrungs-bedroht, dann erschienen zwei Apps zum Bouldern in Brione. Wie ist der aktuelle Stand?
Die Gemeinde, die Tourismusbehörde und das Patriziat, also drei der wichtigsten Gruppen, sind sehr positiv gegenüber dem Bouldern eingestellt. Sie haben überall neue Schilder aufgestellt, die den Weg zu den Bouldersektoren zeigen. Zu der Jahreszeit, in der in Brione gebouldert wird, vom späten Herbst bis ins Frühjahr, sind sonst fast keine Touristen im Tal. Deshalb sehen sie die Boulderer als Chance. Sie haben Jonas Chapuis kontaktiert, der lange Zeit eine Art "Hausmeister" der Blöcke von Brione war. Bald kam dann die Idee auf, einen "richtigen" Führer zu machen. Und dann kamen sie und andere Leute auf mich zu und haben gefragt, ob ich einen gedruckten Führer machen wolle. Und ich mache ja gerne Führer … (lacht). Der aktuelle Stand ist also bestens. Und solange die Boulderer sich an die wenigen Einschränkungen halten, sollte das auch so bleiben.
Welche konkreten Einschränkungen gibt es?
Es gibt drei Sektoren, die vom 31. März bis 15. Oktober gesperrt sind, weil sie sich auf einer Heuwiese befinden oder der Zustieg dorthin über eine führt: Sbandiera bianca, Pianesc und Vecchio Leone.
Heute ist Brione ein Topgebiet, von Herbst bis Frühjahr tummeln sich dort die besten Boulderer der Welt. Darunter dein Sohn Giuliano. Im Februar hat er in Brione mit Poison the Well die zweite 8C+ der Schweiz erstbegangen. Hat er das Projekt von dir übernommen?
(Ungläubiger Blick) … Nein! (Gelächter). Das war ein altes Projekt, Bernd Zangerl hat es schon probiert, Dave Graham, Paul Robinson … Es ist eine logische Linie, die den Start mit dem Klassiker Pamplemousse (8A) gemeinsam hat.
Gibt es in Brione noch viele Highend-Projekte?
Definitiv! Es gibt noch genügend Projekte in den obersten Graden, manche sind bereits perfekt geputzt, bei manchen muss man noch ein wenig putzen.
Wie sieht es mit weiterem Erschließungspotenzial in Brione aus?
Es hat noch Massen an unerschlossenen Blöcken. Gerade, wenn du von Pamplemousse weiterläufst, liegt noch ewig viel herum.
Darf man Blöcke einfach erschließen, ohne um Erlaubnis zu fragen?
Ja, selbstverständlich! Solange sie sich nicht auf einem Privatgrundstück befinden. Eins ist aber zu berücksichtigen: Geschlossene Projekte gibt es in Brione nicht. Wenn man etwas putzt, kann sich auch jeder daran versuchen.
Wann ist die beste Zeit, Brione zu besuchen? Wann sollte man besser in andere Gebiete ausweichen?
Grundsätzlich ist entscheidend, ob Schnee liegt – wie viel und wie lange. Im Winter liegt hier oben nicht selten 60 bis 80 Zentimeter Schnee, dann wird es schwierig mit bouldern. Die schönste Zeit ist sicher der Herbst, Oktober, November. Ab Dezember ist es dann normalerweise in Cresciano angenehmer. Durch die Lage in einem engen Tal bekommt Brione wenig Sonne ab.
Wie sieht es nach Regen aus?
Da muss man unterscheiden! Sind die Blöcke frei im Bachbett, trocknen sie sehr schnell. Liegen sie im Wald, bleiben sie deutlich länger feucht. Entscheidend ist auch, ob es windig ist oder nicht. Ohne Wind dauert es schon zwei Tage, bis die Blöcke im Wald wieder trocken sind.
Was gibt es sonst noch zu beachten?
Nur die dafür vorgesehenen Parkplätze benutzen! Das Gute: Es gibt genügend ausgewiesene Parkplätze, die von Anfang November bis Ende März sogar kostenfrei genutzt werden können. Von April bis Oktober, in der Touristensaison, löst man Tickets an den Parkautomaten. Ein Tag kostet dann zehn Franken, ein Wochenticket für das Valle Verzasca 30 Franken. Es gibt übrigens auch einen Stellplatz für Wohnmobile in Brione.
Was wünscht du dir für die Zukunft des Boulderns in Brione?
Dass die Menschen die Natur und das Ambiente weiterhin respektieren. Dass sie nicht herumschreien beim Klettern. Dafür ist dieser Ort zu schön – und er ist für alle da! Ich bin optimistisch. Inzwischen sind die Boulderer sehr sensibilisiert für ein natur- und menschenverträgliches Verhalten. Wenn das so bleibt, ist alles gut!
Danke, Claudio!
- 1 Lavertezzo "Ai Poss" – Die "Malediven von Mailand": zehn, teils sehr schöne Linien am Ufer der Verzasca.
- 2 Limited Edition – Nur eine Linie, aber was für eine! Thomas Steinbruggers Hammer-7C+ fügte Manuel Hassler einen Sitzstart (8A+) hinzu. Der Block befindet sich auf Privateigentum
- 3 Chiosetto – Kleiner Flussbettsektor oberhalb der Häuser von Chiosetto. Django (7B+) nicht verpassen!
- 4 Ganne – Mit rund 140 Bouldern der größte Sektor von Brione. Hier sind alle Grade reichlich vertreten, dazu besteht die Wahl zwischen Wald und Flussbett.
- 5 Ballermann – Sehr schöne, vom Fluss rund geschliffene Blöcke, einige mit spektakulären Felsstrukturen.
- 6 Black Pearl – Derzeit existieren hier rund 20 Boulder in allen Graden. Der glatt geschliffene Flussfels bietet aber noch viel Potenzial für schwere Projekte.
- 7 Fulcrum – Die ersten Blöcke erreicht man in einer Minute ab Parkplatz. Der Sektor steckt noch in der Entwicklung, einige sehr interessante Blöcke gibt es schon.
- 8 Kubalik – Fünf Probleme, vier davon allererste Güte, allerdings alle zwischen 7B+ und 8B. Zumindest ist man nach den zwei Minuten Zustieg nicht erschöpft.
- 9 Rose – Kleiner, gut versteckter Sektor, der schwer zu finden ist. Derzeit warten hier elf Boulder zwischen 5 und 7B+.
- 10 Piée – Rund 25 Boulder, 15 davon im sechsten Bleaugrad, dazu ein Flussfels mit fantastischen Farben und Strukturen.
- 11 Pamplemousse – Der Sektor mit dem größten Erschließungspotenzial. Einige Perlen und mit Poison the Well (8C+) einer der härtesten Boulder der Schweiz.
- 12 Frogger – Ein 45 Grad überhängender Schild mit vier genialen Powerlinien, dazu ein paar knifflige Platten. Tolle Mischung!
- 13 Vecchio Leone – Viele schöne Boulder, darunter Bernd Zangerls namensgebendes Meisterwerk (8B). Der Sektor befindet sich auf privatem Land und ist vom 31. März bis 15. Oktober gesperrt.
- 14 Sbandiera bianca – Kleiner Sektor mit vorwiegend mittleren Schwierigkeiten. Vom 31. März bis 15. Oktober gesperrt.
- 15 Brionesque-Amber – Einer der größeren Sektoren mit rund 50 Bouldern zwischen 4 und 8a/b.
- 16 Atlantis – Interessantes Gebiet mit einigen klassischen Bouldern, zum Beispiel Atlantis (7C) und Just toe it (7a).
- 17 Molonk – Sehr schönes Gebiet, die Blöcke von Molonk (7c) und Pebble Arête (5B) stechen heraus.
- 18 Pianesc – Auf einer hübschen Wiese liegende Blöcke mit perfekten Landungen. Achtung: Der Zustieg erfolgt nur über den neuen Weg durch die Sektoren Brionesque-Amber und Molonk. Das Kletterverbot vom 31. März bis 15. Oktober unbedingt einhalten! Das Gelände ist privat, und der Bauer mäht regelmäßig Heu.
- 19 Salamandre – Ruhiger Sektor mit dem längsten Zustieg (15 bis 20 Minuten). Sehr schöne Boulder in allen Graden, trotzdem wenig bekannt.