Der Fels rund um das indische Bergdorf Rakchham ist gut, und es gibt viel davon. Unser Redakteur Steffen Kern war vor Ort und hat gemeinsam mit Boulderlegende Bernd Zangerl Boulder geputzt und erstbegangen. Nun berichtet er von dem Sehnsuchtsort im Himalaya, an dem er viele Monate verbracht hat.
Der Fels in Rakchham
Der Qualitätsgranit ist meist kletterfreundlich strukturiert: Mal leistig, mal slopey, mal ein Riss, eine Schuppe, mal Kompression oder gar ein Einschluss als Griff. Ob steil, dreidimensional oder Oldschool-Kletterei – es fehlt an nichts.
Das Bouldergebiet Rakchham
Von 2010 bis heute ist Bernd Zangerl 14 mal in Rakchham gewesen, etwa drei Jahre seines Lebens hat er hier verbracht. Von ihm stammen zig Kinglines und Highballs im achten Bleaugrad. Andere Kletterprofis, denen Bernd sein Boulder-Shangri-La gezeigt hat, haben ebenfalls Spuren hinterlassen, darunter Alex Luger, Mélissa Le Nevé und Giuliano Cameroni. Auch viele Normalsterbliche haben fleißig geputzt, moderate Kost gibt es ebenfalls reichlich. Wer nur konsumieren will, sollte den Grad 6B bouldern, um genug Auswahl zu haben.
Bouldern im Himalaya
Hoch im Himalaya geht es etwas ruhiger zu als in einer indischen Großstadt – hier ist man in einer anderen Welt. Sobald es hell wird, beginnt ein emsiges Treiben, auf den Straßen ziehen Kühe in Richtung Weide. Alte Frauen sammeln im Wald Bruchholz und tragen gewaltige Bündel hinüber ins Dorf, Zement und Fels für Bauarbeiten wird mit Kopfband-Säcken zum Einsatzort geschleppt. Aber trotz der harten Arbeit strahlen die Menschen eine große Zufriedenheit und Gelassenheit aus, für einen Plausch und ein Lachen ist immer Zeit.
Inzwischen gibt es einige Unterkunfts- und Speise-Optionen, ein Café und seit 2020 den "Rakchham Mountaineering & Adventure Club" (RMAC). Über diesen kann man die Unterkunft organisieren, ebenso die Anreise von Delhi oder Shimla. Das Permit für einen Boulder- oder Bergsteige-Aufenthalt kostet 100 Euro, für Schüler und Studenten 50. Mit dem Geld werden Projekte im Dorf, die Ausbildung zum Kletterlehrer für einige Einheimische, Leitern, Drahtbürsten, eine Kletterwand und der RMAC Kletterclub finanziert. Beim ersten Besuch sind zudem zwei Führungen durch einen bouldernden Guide Pflicht.
Reise-Info zum Bouldern in Rakchham
Dicke Boulder, dünne Luft – die wichtigsten Informationen zu Rakchham: hinkommen, schlafen, essen und bouldern.
(PROLOG)
Zum Bouldern nach Indien fliegen? Ist das vertretbar in diesen Zeiten? Nun ja. Aber Träume müssen bleiben. Man sollte sich auf jeden Fall viel Zeit nehmen. Bei Manali und Suru warten weitere Bouldergebiete; Spiti Valley, Ladakh, Kashmir, Rajasthan und Varanasi sind mit Zug oder Bus schnell erreichbar. Warum nicht ein Roadtrip mit Boulderstopps in Indien? Für Rakchham allein empfehlen wir, minimal drei Wochen Aufenthalt einzuplanen.
Geld & Organisation
Anfang November 2023 lag der Wechselkurs für einen Euro bei etwa 90 Indischen Rupien. Am besten wechselt ihr am Flughafen Delhi ausreichend Euros. An Geldautomaten sind oft nur kleine Beträge abhebbar. Im "Rupin River View" werden auch Euro oder US-Dollar angenommen. Da nur wenige der älteren Inder vor Ort ausreichend englisch sprechen, verweisen wir hier auf den RMAC, den Rakchham Mountaineering & Adventure Club und seine Webseite: rakchham.com. Dort könnt ihr auf englisch konkrete Anfragen zu Logie und Transport stellen oder weitere Infos nachfragen.
Hinkommen
Direktflüge nach Delhi gibt es von Frankfurt, München, Wien, Zürich und Mailand. Günstigere Flüge weisen teils lange Zwischenstopps auf, die Preise variieren stark. Es empfiehlt sich, ein, zwei Tage in Delhi zu verbringen, zu sehen gibt es genug. Viele Unterkünfte findet man im Stadtteil Pahar Ganj. Von Delhi entweder mit dem Nachtbus nach Shimla (viele verschiedene Angebote und Zeiten) und von dort mit dem Linienbus (hrtchp.com) weiter. Oder teils oder ganz mit einem Taxi. Von Delhi nach Rakchham kostete im Oktober 2023 knapp 250 Euro.
Speisen & schlafen
Erste Adresse in Rakchham und traditionelles Domizil der Boulderer ist das Hotel Rupin River View. Zimmer kosten zwischen 2500 und 4000 Rupies. Etwas günstiger lebt es sich in den Homestays. Bei Ishan, eineinhalb Kilometer unterhalb von Rakchham, waren wir mehrfach zum Abendessen. Er spricht gut englisch, sein Speiseraum ist wunderschön. Gleich nebenan waren wir Ende Oktober auf dem Richtfest für Brabakers Homestay. In Rakchham selbst gibt es auch zwei Optionen.
Mitbringen
Vor Ort befinden sich einige Leih-Crashpads (mit RMAC klären). In Rakchham selbst gibt es nur einen Kiosk. Lebensmittel und perfekte Souvenirs wie Decken, Schale, Kinnauri-Käppis oder auch Kleidung aus lokaler Wolle bekommt ihr in Sangla. Alles, was ihr zum Bouldern, Klettern oder Wandern braucht, müsst ihr mitbringen. Dazu empfehlen wir: warme Kleidung, Thermoskanne, feste Schuhe, Stirnlampe, ein kleines Vorhängeschloss, Drahtbürsten und eine Tupperdose für das Abendessensreste-Mittagessen am nächsten Tag.
Beste Zeit
In aller Regel von Mitte September bis Mitte November.
Bouldern
Auch nach den zwei obligatorischen Führungen werdet ihr euch noch verlaufen. Bei Fragen: Bernd Zangerl ist vermutlich ohnehin in Rakchham, ansonsten entweder selbst erkunden oder sich erstmal ortskundigen Boulderern anschließen. Einen gedruckten Boulderführer gibt es bislang nicht, der ist für 2025 geplant.
Topos Rakchham zum Download
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