Die besten Routen im Frankenjura

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Die besten Routen im Frankenjura

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Das Frankenjura bietet eine sensationelle Auswahl an tollen Routen. Wir haben die besten für euch herausgesucht.

Klettern Frankenjura
Foto: Christian Seitz

Im Dreieck Nürnberg-Bamberg-Bayreuth liegt Deutschlands größtes Sportklettergebiet. Hier, im Nördlichen Frankenjura, wurde Klettergeschichte geschrieben. Damit ihr den Reiz der Fränkischen selbst nachvollziehen könnt, stellen wir eine Auswahl der schönsten Routen der Region vor. Ganz unten: Die 100 besten Routen im Frankenjura plus Liste zum Download.

Die besten Routen im Frankenjura

Vom fünften bis zum neunten Grad haben wir die lohnendsten Routen gesammelt – plus jeweils drei Alternativen.

Die besten Fünfer im Frankenjura

Klettern Frankenjura
Christian Seitz
La Belle du Jour (5) an der Leupoldsteiner Wand: Genüssliche Kletterei, abwechslungsreich und gut gesichert.

Toproute: La Belle du Jour (5)

Fels: Leupoldsteiner Wand
Gebiet: Betzensteiner Gebiet
Länge: circa 18 Meter

Routenbeschreibung: Auf dem vorgelagerten griffigen Pfeiler startet die Kletterei leicht im geneigten Gelände. Dann führt die Linie über in eine angenehme Mischung aus Wandkletterei und Verschneidungskletterei: Wenn man die linksgelagerten Strukturen mitbenutzt und sich nicht scheut, kräftig auszuspreizen, lässt sich der Mittelteil kraftsparend überwinden. Einige Male muss man hoch antreten und kräftig aufstehen. Die Griffe sind teils nicht offensichtlich, doch mit etwas Umsicht findet sich zumeist ein guter Kontaktpunkt.
Danach steilt die Wand auf und mündet in einen senkrechten, gefühlt gar leicht überhängenden Pfeilerkopf, an dem man sich für verschiedene Möglichkeiten entscheiden kann: Entweder mit weiten, kräftig-athletischen Zügen in der Wand bleiben oder alternativ ein kleines bisschen rechts um die Kante tänzeln, dann etwas weit zum Klippen. Beide Endvarianten sind lohnend und schön.

Fazit: Geniale, perfekt abgesicherte Route, geeignet für Einsteiger in den Grad und voller herzhafter Herausforderungen.


Weitere lohnende Routen:
Reinhard-Karl-Ged-Weg (5+), Rote Wand, Kleinziegenfelder Tal – Große und viele Löcher zieren die für fränkische Verhältnisse lange und ausladende, anfangs geneigte Linie.
Drachenwand (5+), Reibertsbergwände, Gebiet Bärnfels – Der Einstieg ist leicht grasig, dafür begeistern die weiteren Klettermeter dieser optimal abgesicherten Traumtour um so mehr.
Boulderwandl (5+), Weißenstein bei Neuhaus – Knackig für den Grad, etwas abgespeckt und nicht perfekt gesichert, aber dafür einer der besten Fünfer der Fränkischen.

Die besten Sechser im Frankenjura

Klettern Frankenjura
Christian Seitz
Nürnberger Weg (6+): Großzügige Wandkletterei mit pumpigem Abschluss in perfektem Lochkalk.

Toptour: Nürnberger Weg (6+)

Fels: Bärnhofer Wand
Gebiet: Pegnitztal
Länge: circa 20 Meter

Routenbeschreibung: Zentral in der Wand steigt man im senkrechten Gelände ein, den großen Löchern folgend. Mit jedem Meter neigt sich die Wand etwas zurück, was die Kletterei im unteren Teil eher leicht gestaltet und die luftige Absicherung erträglich. Zum dritten Haken kann man sich entscheiden, ob man eher armlastig geradeaus klettert und auf Hakenhöhe nach rechts traversiert oder alternativ vom zweiten Haken weg schon leicht schräg gen rechts tendiert: Hier warten bessere Tritte, aber weniger gute Griffe. Am Übergang zum Dach lässt es sich noch einmal kurz verschnaufen, bevor es nun heißt, einen überhängenden Wulst mit athletischen Zügen zu überwinden. Die Griffe sind groß, aber teils weiter auseinander; eine leichte Rechtsschleife bietet den geringsten Widerstand. Auf den letzten pumpigen Metern heißt es Dranbleiben und den fränkischen Paradekalk bis zum Letzten zu genießen.

Fazit: Lange Route mit interessantem Neigungswechsel von leicht plattiger Wandkletterei zum athletischen Finale.


Weitere lohnende Routen:
Venusfalle (6), Aalkorber Wände, Freudenhaus – Schöne Route in der offenen Verschneidung, die zwischen Festhalten und Wegstehen changiert. Perfekt gesichert.
Seifertriss (6+), Zehnerstein, Trubachtal – Klassische Route, Absicherung und Anspruch entsprechend. Prima Ganzkörpertraining fürs Gebirge.
Ratte (6), Röthelfels, bei Morschreuth – Vom Boden weg anspruchsvolle Züge, danach folgt eine Verschnaufpause und leichteres Gelände im Mittelteil. Ganz oben beklettert man eine zünftige Headwall, die auch in den Calanques stehen könnte.

Die besten Siebener im Frankenjura

Klettern Frankenjura
Christian Seitz
Schaumschläger (7-): Eine der längsten Routen im Fränkischen Fels mit grandiosem Abschluss.

Toptour: Schaumschläger (7-)

Fels: Roter Fels
Gebiet: Pegnitztal
Länge: 37 Meter

Routenbeschreibung: Direkt zum Start warten hier einige anspruchsvolle Züge an mittelguten Fingerlöchern, die präzises Antreten und die richtige Bewegungssequenz erfordern. Danach steigt man an verhältnismäßig guten Strukturen für viele genussvolle Klettermeter weiter. Nach dem ersten Drittel der Route gilt es, zwei Meter nicht ganz festen Fels zu überwinden, hier vorsichtig stehen und Griffe nur nach unten belasten. Nach diesen Ausreißer-Metern kehrt die bombastische Felsqualität zurück, die Linie des Schaumschlägers mäandert durch den majestätischen Pfeiler. Nach einigen entspannteren Metern folgt dann ein leicht ausbauchender Teil mit einigen weiteren Zügen bei nur mittelprächtiger Trittsituation: die Schlüsselstelle. Ist diese gemeistert, wartet nach einer weiteren Ruhemöglichkeit ein imposanter Überhang mit verhältnismäßig guten Griffen, an denen man nach rechts tendierend den Umlenker ganz oben erreicht.

Fazit: Lange Genussroute mit technischer Wandkletterei, eine der besten im Frankenjura.

Weitere lohnende Routen:
Siebter Sinn (7+), Dooser Wand, nördliches Wiesenttal – Eine lange, technisch anspruchsvolle Wandkletterei bei guter Absicherung. Sehr gelungene, lange Felsfahrt.
Dir. Kletterboumweg (7-), Mittelbergwand, Hirschbachtal – Ein geneigter Pfeiler, technische Verschneidungskletterei und herrliche Wandkletterei münden in eine schwere Risspassage zum Abschluss. Klassische Route & Absicherung.
Panische Zeiten (7+), Weißenstein bei Neuhaus – Pumpig und athletisch an nicht ausschließlich großen Griffen quert die Linie ins Dach.

Die besten Achter im Frankenjura

Klettern Frankenjura
Christian Seitz
Die Vollendung (8+): Lang, abwechslungsreich und ausdauernd verläuft diese Linie am Rolandfels.

Toptour: Die Vollendung (8+)

Fels: Rolandfels
Gebiet: Kleinziegenfelder Tal
Länge: circa 27 Meter

Routenbeschreibung: Vom Boden weg direkt anstrengend folgt die Linie einer erst senkrechten, dann leicht nach links verlaufenden Rissspur. Nach dem Einstieg entspannt sich die Lage kurz, das folgende große Loch bietet einen akzeptablen Ruhepunkt. Danach gilt es bei unübersichtlicher Situation und leicht schmierigen Tritten einen etwas weiteren Zug zurück ins weniger überhängende Gelände zu machen. Nach erneutem Verschnaufen folgt die Schlüsselpassage an nicht allzu großen Fingerlöchern und schlechten Tritten, die man allesamt in der richtigen Reihenfolge erwischen sollte, wenn man einen für den achten Grad angemessenen Kraftaufwand kalkulieren möchte. Weit oben erlaubt ein No-Hand-Rest noch einmal ein weiteres Schütteln vor dem Abschlussüberhang, den es mit athletisch-weiten Zügen zu meistern gilt. Die ganze Route erfordert effizientes Klettern und einen kühlen Kopf.

Fazit: Fordernde, abwechslungsreiche Route mit hohem Anspruch an Fußtechnik, Fingerpower und schlussendlich auch Athletik.


Weitere lohnende Routen:
Dezentraler Energiepfad (8-), Obere Schlossbergwand, Wiesenttal – Leicht überhängende Wandkletterei mit weiten, genialen Zügen.
Non Stop (8), Trautner Ged.-Wand, Pottenstein – Luftig abgesicherte, lange Kingline mit kräftiger Kletterei an Fingerlöchern durch makellosen Fels.
Wolkenschloss (8), Wolkensteiner Wand, Pottenstein – Seichte Verschneidung in abdrängendem Fels. Die nicht besonders großen Griffe führen zu einer kleingriffigen Crux, hier heißt es mit dicken Armen präzise klettern. Nach dem Schüttler: dranbleiben!

Die besten Neuner im Fränkischen

Klettern Frankenjura
Christian Seitz
Treibjagd (9-): Pumpig, athletisch und abwechslungsreich.

Toproute: Treibjagd (9-)

Fels: Püttlacher Wand
Gebiet: Püttlachtal
Länge: 26 Meter

Routenbeschreibung: Ungesichert auf den Vorbau, geht es vom Band weg nach einem garstigen Start einige Meter relativ friedlich die Schuppe entlang. Ein Aufsteher beim Wandbuch läutet die etwas interessantere Kletterei ein. Nun gilt es, die richtige Griffreihenfolge zu erwischen, um entspannt die Rechtsschleife zu Ende zu führen. Am Block unter dem Überhang wird es langsam ungemütlich. Nach einem letzten, mittelprächtigen Schüttelpunkt geht es in die Schlüsselpassage, in der es kleine Löcher und Leisten zu kombinieren gilt, um den versteckten guten Briefkastenschlitz im rechten Teil des großen Lochs zu finden. Von hier aus entweder weit nach rechts aufspannen oder mit schmerzhaftem Untergriff in die Platte oberhalb des Wulstes. Sind die Füße einmal nach oben gebracht, heißt es an seichten Löchern dranbleiben oder Klemmtechnik auspacken. An der besser werdenden Risspur aussteigen.

Fazit: Pumpige Route, von Altmeister Güllich befreit, mit interessanter Boulderstelle und guten Moves.

Weitere lohnende Routen:

Ab durch die Mitte (9+), Marientaler Wände, Pottenstein – Nach gemächlichem Zubringer steigert sich die Schwierigkeit zu einer kleingriffigen Boulderstelle mit weitem Zug, danach an Kellen zum Umlenker.
Beavis & Butthead (9-), Diebesloch, Kleinziegenfelder Tal – Eine Boulderstelle und athletische Kletterei im Dach machen die eher kurze Route zur ultimativen Ausdauerprüfung.
Liebe ohne Chance (9), Obere Schlossbergwand, Wiesenttal – Unten schwere Boulderstelle mit Sloper, dann folgt großgriffig-kräftige Lochkletterei zum Top.

Die besten Felsen für Anfänger im Frankenjura

Klettern Frankenjura
Christian Seitz
Der fränkische Kalk – hier im Leinleitertal – bietet Herausforderungen auf jedem Level.

Gängige Grade, gut gesichert, generell genüsslich: Gute Felsen für den Start.

  • Frankenstüble im Wiesenttal (bei Nankendorf): 15 Routen zwischen 4 und 9, circa 15 Meter hoch, Ausrichtung Nordost, perfekt abgesichert.
  • Kammer im Wiesenttal (bei Behringersmühle): 50 Routen zwischen 4 und 8, circa 15 bis 20 Meter hoch, Ausrichtung West & Nord, schattiger Felskessel mit sanierten Routen.
  • Haselstaudener Wände & Mönch im Trubachtal: Insgesamt 43 Routen zwischen 3 und 8, circa 15 bis 22 Meter hoch, Ausrichtung West.
  • Wilhelmsfels im Trubachtal: 20 Routen zwischen 4 und 9, circa 20 Meter hoch, Ausrichtung Nordost, bestens abgesichert. Helm ratsam.
  • Hexenküche bei Hiltpoltstein: 88 Routen zwischen 4 und 9, Ausrichtung Nord & Ost.
  • Hohe Reute bei Spies: über 30 Routen zwischen 3 und 8, circa 16 Meter hoch, Ausrichtung Süd & West.
  • Kalmusfels bei Amberg: über 40 Routen von 3 bis 9, sehr gut abgesichert, circa 20 Meter hoch, Ausrichtung Nord.

Die besten Campings, Gasthöfe, Kuchen und Biere

Schöner schlafen: Unsere Tipps für sechs der beliebtesten Campingplätze im Frankenjura.

  • Oma Eichler in Untertrubach (Foto): Der Kultcampingplatz für Kletterer, in Kombination mit Marthas leckerem Kuchen einfach unschlagbar. www.gasthof-eichler.de
  • Camping in Moritz: Gemütlich zelten in grünen Hügeln in familiärer Atmosphäre. www.zum-pfaffenstein.de
  • Camping in Tüchersfeld: Direkt im Püttlachtal bieten ausladende Wiesen direkt am Bach genug Platz. www.campingplatz-fraenkische-schweiz.de
  • Naturbad Königsstein: Schauplatz des Frankenjurafestivals, bietet das Bad Übernachtung in Zelt oder Womo auf seinen Liegewiesen an. Baden leichtgemacht!
  • Schloss Camping in Kleinziegenfeld : In gemütlich-romantischer Hügellage warten Zeltwiese, Hütten und fixe Wohnwagen für eintspanntes Übernachten.
  • Gasthof Fischer in Stierberg: Ob Zimmer, Zeltwiese, Bettenlager – hier schläft es sich ganz wunderbar. www.gasthof-pension-fischer.de

Einkehren: Im Frankenjura befinden sich viele Gasthäuser im Familienbesitz. Entsprechend schließt die Küche oft früh, doch Qualität und Preise versöhnen dafür.

  • Gasthof Zöllner in Kleinziegenfeld: Richtig runde Küche für feine Gaumen
  • Goldenes Lamm in Plankenfels: Hier gibt es am Schäuferle eine unschlagbar knusprige Kruste
  • Zur guten Einkehr in Morschreuth: Die Zeltwiese ist verkleinert, doch die Küche ist die alte.
  • Zur Behringersmühle ebendort: Feine Gerichte, familiärer Service plus eine gemütliche Terasse
  • Gasthof Zur Post in Gößweinstein: Eine der besten Adressen für Freunde der fränkischen Küche.
  • Gasthaus Seitz in Bernheck: Schnitzel "onSeitz" im schönen Biergarten – und die Bratwürste!
  • Grüner Schwan in Eschenbach: bietet mit vegangen und vegetarischen Gerichten Abwechslung zum fränkischen Standard.

Biere: Ohne Mineralzufuhr keine Leistung – zum Glück gilt Franken auch als "Heimat der Biere". Wir präsentieren eine kleine Auswahl beliebter Kleinbrauereien quer durch die Fränkische.

  • Heldbräu Helles in Oberailsfeld
  • Meisterbräu in Unterzaunsbach
  • Hübner Bräu in Steinfeld
  • Brauerei Ott in Oberleinleiter
  • Herren Pils Brauerei Keesmann Bamberg (Pils ist kein fränkisches Bier, trotzdem gut)
  • 14 Heiligen Nothelfer Bad Staffelstein

Kuchen: Schon Wolfgang Güllich befand, dass Kaffee und Kuchen zum Klettern gehören. Mehr muss man dazu nicht sagen.

  • Cafe Gruber Behringersmühle
  • Café-Pension Krems Rabeneck Waischenfeld
  • Bäckerei Müller in Tüchersfeld
  • Gasthof Eichler Untertrubach
  • Kiosk Bengerdsschnouggn Lungsdorf

History: Wie im Frankenjura Klettergeschichte geschrieben wurde

Klettern im Frankenjura ist einzigartig. Verschlafene Täler, imposant steile Kalkwände, historisch gewachsene Absicherung, eine fürs Sportklettern in vielfacher Hinsicht wegweisende Geschichte, geliebt und gehasst zugleich: Das Frankenjura ist speziell. Garstige Fingerlöcher wollen optimal einsortiert werden, Haken stecken oft eher in luftigen Abständen. Bis man den richtigen Tritt gefunden hat, vergeht immer viel zu viel Zeit. Kurz: Die Kletterei des Nördlichen Frankenjura bietet alles, was das Kletterherz begehrt und fürchtet.

Klettern Frankenjura
Christian Seitz
Julian Söhnlein meistert kräftige Züge am Gernerfels bei Gößweinstein.

Fürchten kann man sich zwar auch heute noch, doch gab es hier einen, der das Fürchten beim Klettern zumindest einmal stark relativierte: Oskar Bühler, der Erfinder der im Franken üblichen Bohrhaken, kam aus Nürnberg und fand neben den Alpen in den fränkischen Felsen sein Betätigungsfeld. Wer auf seinen Spuren wandeln möchte, kann sich am Zehnerstein vergewissern, was Bühler und Zeitgenossen schon drauf hatten. Hier kletterte er 1929 mit den Gebrüdern Seifert den Seifertriss (6+), den sie damals mit 6 bewerteten und der bis heute eine ganz formidable Quälerei bietet. Doch "Ossis" größte Heldentat war nicht seine Kletterleistung, sondern die Entwicklung der sturzfesten Bühlerhaken. Deren charakteristisch große Form entstand aus dem Wunsch, sich im Notfall daran festhalten zu können. Bühler selbst setzte hunderte seiner Haken in mühevoller Handarbeit, später auch mit Hilfe einer Akkubohrmaschine. Doch erklärt die Mühe, die das Hakensetzen früher bedeutete, die Tatsache, dass im fränkischen Fels oft weniger Haken stecken als in Gebieten, die erst später zum Klettern erschlossen wurden. Nur dort sitzen sie zahlreicher, wo alte, technisch gekletterte Hakenleitern komplett ersetzt wurden. Nicht zuletzt diesen Bühlerhaken ist es aber zu verdanken, dass Güllich, Albert und Kollegen das Niveau des Freikletterns im Frankenjura pushen konnten.

Stürzen erlaubt

Schon früh boulderte Wolfgang "Flipper" Fietz undenkbar schwer und kletterte 1979 mit Syphon am Hängenden Block den glatten zehnten UIAA-Grad – allerdings "nur" im Toprope. 1981 kletterten Kurt Albert (Rotkreis) und Wolfgang Güllich (Rotpunkt) mit Sautanz (9-) an den Oberen Gößweinsteiner Wänden den 9. UIAA-Grad. Streng genommen gelang Kurt Albert dies bereits 1980 mit dem Bückling in der Bärenschlucht, der heute als 9- gilt, damals allerdings großzügig mit 8+ bewertet wurde. Insgesamt weisen die Schwierigkeitsgrade in Franken heute eine gewisse Bandbreite auf: Manche Routen wurden auf- oder abgewertet, viele Bewertungen blieben hingegen unangetastet und wirken heute ungewöhnlich hart, was heute gemeinhin mit "oldschool" umschrieben wird.

Klettern Frankenjura
Sarah Burmester
Nicht immer sind die Felsen so gut ausgeschildert wie an den Haselstaudener Wänden im Trubachtal.

1981 lieferte der US-Kletterer John Bachar mit Chasin the Trane (9), für die er damals den Grad 10- vorschlug, den nächsten Brocken. Woraufhin Wolfgang Güllich vom Ehrgeiz gepackt wurde und seine Dominanz im Schwierigkeitsklettern erst begann. 1982 folgte mit Magnet (9) am Richard-Wagner-Fels von Kurt Albert ein erneuter Meilenstein, und auch der Welzenbach-Gedenkweg (9) am Röthelfels und Heiße Finger (damals 9, heute nach Griffausbruch 9+) am Student wurden von Güllich in diesem Jahr rotpunkt geklettert. 1983 schockierte dann der Brite Jerry Moffat die fränkische Szene mit Flashbegehungen von Routen wie Heiße Finger sowie des Wolkensteiner Überhangs (9) und fügte 1983 mit Ekel am Eldorado die erste 9+ zu den fränkischen Toprouten hinzu. Die damalige Überlegenheit Jerrys beschrieb Kurt Albert in seinem Buch "Fight Gravity" anhand eines herrlichen Streichs: "Natürlich führten wir ihn auch zum Sautanz. Vorab hatten wir uns überlegt, was wir tun könnten, damit er endlich mal eine Route nicht auf Anhieb steigen konnte. So seilte ich mich ohne sein Wissen über die Route ab und schmierte den Schlüsselgriff mit Niveacreme ein. Doch wir wurden enttäuscht! Als er an die Stelle kam und in das Fett griff, rief er zu uns herunter: ‚Fucking Bastards‘, wischte sich die Creme an der Hose ab, nahm einen Griff, den wir bisher noch gar nicht als solchen erkannt hatten, und stieg die Route durch."

Die heiße Phase

So entstanden nach und nach die heutigen Ultraklassiker, wie beispielsweise Hitchhike the plane (9/9+), die Güllich 1983 als Replik auf Bachars Chasin‘ the Trane am Krottenseer Turm erstbeging, wobei er sogar zu heute geächteten Mitteln griff: Laut Kurt Albert "zementierte Wolfgang einige Löcher zu, damit es nicht möglich war, nach rechts auszuweichen". Es folgte Güllichs Ira Technokratie (9+/10-) am Krottenseer Turm und schließlich mit Kaum Zeit zum Atmen (10-) an der Luisenwand endlich der ersehnte Zehner im Nördlichen Frankenjura. Nach Ghettoblaster (10) am Rabenstein 1986, 1987 dann Wallstreet (11-) und 1991 schließlich Action Directe könnte man sagen, der Rest ist Geschichte!

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Ralph Stöhr
Einzigartige Griffstrukturen im fränkischen Lochkalk.

Doch auch danach ließ die Entwicklung harter Routen im Fränkischen Fels nicht nach. Der nächste große Frankenkletterer ließ hauptsächlich Taten sprechen: von den heute schwersten Top-100-Routen des Gebiets hat Markus Bock ganze 76 erstbegangen. Das Klettertalent aus Bamberg eröffnete so viele Linien, dass er seine Routennamen kurzerhand aus den düsteren Zeilen seiner bevorzugten Musik bezog.

Viele starke Kletterer hat das Frankenjura hervorgebracht, der heute bekannteste unter ihnen ist vermutlich Alexander Megos. Er hat der Top-100-Liste noch eine Handvoll Routen – und mit Supernova (9b) die Härteste – hinzufügen können. Und die Anziehungskraft der fränkischen Felsen ist ungebrochen: Chris und Chiara Hanke sind aus dem südlichen Bayern eingewandert, Thomas Dauser aus dem südlichen Franken, Lena Herrmann aus dem hohen Norden. Und ab Seite 32 lässt sich nachlesen, dass auch viele weniger Prominente den Schritt tun und ihren Lebensmittelpunkt in die Fränkische verlagern, um den löchrig-steilen Kalkwänden dauerhaft nahe zu sein. Neben den Locals und Zugezogenen pilgern zusätzliches jedes Wochenende viele tausend Besucher von nah und fern an die fränkischen Felsen, und besonders jene mit einer attraktiven Bandbreite an Schwierigkeiten, Berühmtheit oder überdurchschnittlicher Absicherung werden teils hoch frequentiert. Die Folge sind nicht selten Auseinandersetzungen mit Grundeigentümern.

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Frank Kretschmann
Der Teufelsriss bietet eine ganz formidable Herausforderung an die Klettertechnik.

Rotpunkt und Campusboard


Franken ist indes nicht nur durch seine Felsen untrennbar mit der Klettergeschichte verwoben. Hier entdeckten auch fürs Klettern grundlegende Erfindungen das Licht der Welt: Kurt Albert entwickelte den Rotpunktgedanken; das Campusboard, Güllichs geniale Erfindung – benannt nach einem Nürnberger Fitnessstudio – findet sich heute in jeder Kletterhalle. Damit nahmen die beiden nicht nur Einfluss auf unsere Kletterethik, also die heute selbstverständliche Übereinkunft, wann eine Route als geklettert gilt, sondern revolutionierten nebenbei auch das Klettertraining. Letzteres passierte vielleicht nicht ganz zufällig: So fordert die Kletterei in Franken ein großes Maß an Maximalkraft, Fingerkraft, Körperspannung und auch Kraftausdauer. Die Felsen hängen oft über, schon im fünften Grad warten manchmal Boulderstellen, die Aspiranten verzweifeln lassen. In Kombination mit teils einschüchternder Absicherung und garstigen Kletterstellen, heute auch des öfteren glattpoliert-speckigen Griffen und Tritten bietet der fränkische Fels also nicht zu verachtende Herausforderungen.

Doch ist es gerade dieser Mix aus verlockenden Wänden, brutalen Boulderpassagen, schmerzhaften Fingerlöchern und lieblichen Landschaften, die das Frankenjura auch heute zu einem der besten Klettergebiete der Welt machen. Nirgends findet sich solche Vielfalt und so unerbittliche Kletterei mit so viel Geschichte auf einem Fleck. Nicht zu vergessen die feinen Gasthöfe, leckeren Kuchenadressen und kultigen Campings. Heute müssen wir auch kaum Niveacreme im Schlüsselgriff befürchten. Sondern maximal Chalk und Speck – denen wir mit sauberen Schuhen und einer Bürste am Gurt entgegenfiebern.

Auch lesen:

Diese 100 Kletterrouten im Frankenjura muss man gemacht haben (Download)

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Rico Haase
Die fränkischen Kletterfelsen bieten tolle Klettereien.

In KLETTERN (3 – 2016) veröffentlichten wir unsere Liste der 100 Muss-Routen im Frankenjura. Damit wirklich alle etwas davon haben, beginnen die Routen im dritten und enden im elften Grad. Egal, wie schwierig: Jede der Routen ist garantiert lohnend. Hier gibt es die Liste der 100 Muss-Routen nun zum Download und abhaken. Viel Spaß dabei!

Mehr:

Bilder: Klettern im Frankenjura