In diesem Artikel:
- Update: Interview mit Ronald Nordmann vom Arbeitskreis Klettern und Naturschutz Lenninger Tal
- Älterer Artikel: Warnung vor unsicheren Bohrhaken auf der Schwäbischen Alb
Update: Interview mit Ronald Nordmann vom Arbeitskreis Klettern und Naturschutz Lenninger Tal
Ronni, was war der Anlass für die Warnung und die Untersuchung des DAV?
Ein Kletterer hatte an einem Bohrhaken auf der Schwäbischen Alb einen Haarriss entdeckt und konnte diesen Bohrhaken später händisch, mit einem Karabiner, einfach abbrechen. Ich bin dann kurz danach an den Fels – es war der Schlupffels – gefahren und habe baugleiche Haken aus dieser Route und der Nachbarroute entfernt. Zum Teil brachen die nach dem ersten Hammerschlag schon ab.
Wie kam dann die Sicherheitsforschung des DAV dazu?
Wir haben den Vorfall an den DAV in München gemeldet und um eine Untersuchung weiterer verdächtiger Haken gebeten. Ende Mai kam dann das Team vom DAV zwei Tage auf die Alb und hat an verschiedenen Felsen eine Reihe von Bohrhaken gezogen und die Haltekräfte gemessen.
Was waren das für Haken?
Ich hatte im Vorfeld ein breites Spektrum an verschiedenen Haken ausgesucht. Vor allem natürlich solche, die offensichtlich nicht normgerecht waren. Zum Teil waren das Selbstbau-Fabrikate, alte Kronenbohrhaken, zementierte Ringhaken, Gerüstösen aus dem Baumarkt, aber auch richtige Bühler.
Was kam bei den Untersuchungen heraus?
Ganz grob gesagt waren die Ergebnisse besser als befürchtet. Natürlich waren die Haken, die das Ganze ausgelöst haben, nicht mehr prüfbar. Ob die einen Sturz gehalten hätten, ist sehr zweifelhaft. Bei den untersuchten Haken lagen die meisten bei Auszugskräften von rund 11 bis 26 kN, zwei Ausreißer lagen unter 10 kN. Das sind aber nur vorläufige Ergebnisse, ein Abschlussbericht liegt noch nicht vor.
Demnach hätten die meisten Haken einen Sturz gehalten?
Einen normalen Sportklettersturz hätten wohl die meisten gehalten, wobei viele die Festigkeit nach den Norm-Anforderungen nicht erreichten. Es ist bei nicht normgerechtem Material nicht auszuschließen, dass die Werte noch deutlich unter den jetzt gemessenen liegen. Zum Teil wurden da ungeeignete Stähle verwendet oder ist das Material korrodiert. Deshalb heißt es bei allem, was nicht nach Norm aussieht: Vorsicht!
Was passiert jetzt mit den Löchern im Fels?
Die sind alle schon wieder geschlossen. Wir haben direkt nach den Untersuchungen die betreffenden Bohrhaken durch neue, normgerechte Bolts ersetzt.
Danke Ronni!
Ronald Nordmann, 52, wohnt in Dettingen unter Teck und arbeitet beim Panico Alpinverlag. Er ist Mitglied im Arbeitskreis Klettern und Naturschutz (AKN) Lenninger Tal und in dieser Funktion immer wieder bei Sanierungsarbeiten an den Felsen der Schwäbischen Alb anzutreffen.
An den Schlupffelsen auf der Lenninger Alb finden sich unter anderem einige nicht normgerechte Bohrhaken, sondern Haken Marke Eigenbau, die nicht die Sicherheit bieten wie genormte Bohrhaken. Darauf weist der badenwürttembergische Landesverband des Alpenvereins hin. So warnt der DAV-BW:
"An Kletterfelsen in Baden-Württemberg wurden in den 1980er und 1990er Jahren neben hochwertigen genormten Stahlbohrhaken auch verschiedene Stahlgerüstösen und unterschiedliche Eigenbau-Stahlbohrhaken verbaut. Es ist davon auszugehen, dass die Bruchlast von Stahlgerüstösen und Eigenbau-Stahlbohrhaken teilweise deutlich unter der von genormten Sicherungshaken liegt." Des weiteren weist der Landesverband darauf hin, dass das Klettern an Felsen auf eigene Gefahr erfolgt.
Dass das Hakenmaterial aus der Anfangszeit des Sportkletterns nun in die Jahre kommt, betrifft vermutlich nicht nur die schwäbische Alb. Generell sollte man beim Klettern ein Auge auf die Qualität des Hakenmaterials haben, um unschöne Überraschungen zu vermeiden.
"Klettern an Naturfelsen oder Steinbrüchen erfolgt grundsätzlich in eigener Verantwortung und erfordert umfassende kletter- und sicherheitstechnische Kenntnisse. Der DAV-Landesverband Baden-Württemberg weist darauf hin:
- Es ist die Pflicht jeden Kletterers und jeder Kletterin, sich im eigenen Interesse um die Gefahren, die von Bohrhaken ausgehen können, zu informieren.
- Jede Kletterin, jeder Kletterer muss in der Lage sein, genormte Sicherungshaken von nicht genormten Gerüstösen und Eigenbau-Haken zu unterscheiden.
- Jede Kletterin, jeder Kletterer muss sich des erhöhten Risikos bewusst sein, in Routen mit nicht normgerechten Sicherungshaken zu klettern.
- Alle Haken, auch normgerechte Sicherungshaken und Umlenkhaken, sind beim Klettern auf Zustand und feste Verankerung im Fels zu prüfen (Sichtkontrolle, Handkontrolle)."
Das Klettern auf der Schwäbischen Alb erfordert natürlich generell Umsicht, da der Fels auch nicht immer normgeprüft und bombenfest ist. Klemmgeräte, Helm und Vorsicht gehören immer ins Gepäck.