Regale voller Stoffreste
Nicht brauchbar für die normale Produktion, aber zu schade zum Wegwerfen. Nach einem Streifzug durch die Lieferbestände des schwedischen Outdoor-Ausrüsters Fjällräven kam Henrik Anderson mit seinem Team die zündende Idee. "Samlaren", auf Deutsch "Sammler", kritzelte der Global Creative Director in sein Notizbuch. Eine Kollektion aus angesammelten Stoffresten zu kreieren, die als Abfall aus der Herstellung, aufgrund von Farbabweichungen oder begrenzter Mengen unnütz im Lager herumlagen, lautete das Konzept. "Ich mag das Sprichwort One man’s trash is another man’s treasure – was für den einen Müll ist, ist für manch anderen eine Kostbarkeit", sagt der Designer. "Mit der Kollektion Samlaren verwandeln wir Abfall in Bekleidung, Rucksäcke und Taschen." Flaggschiffe wie der kultige Kånken werden neu interpretiert. Aufgrund der überschaubaren Stoffmengen ist die Anzahl der Artikel limitiert. Seltene Modelle und Farbvarianten kommen manchmal auf nur rund 70 Stück weltweit. "Jacken, Hemden, Shorts und Latzhosen werden mit Hand nummeriert", sagt Anderson. Die neuesten Kreationen sind ab 16. April im Online-Shop von Fjällräven und beim Outdoor-Filialisten Globetrotter erhältlich. Ab Juni folgen die Rucksäcke Samlaren Kånken und Samlaren Haulpack dann auch über den Großhandel.
Farbenfrohe Ikone aus Reststoffen
Samlaren ist zugleich eine Hommage an Unternehmensgründer Åke Nordin, der eine Ikone aus einer aussortierten Stoffbahn schuf: Das erste Fjällräven-Kleidungsstück, die legendäre Greenland Jacket von 1968, nähte er aus einer Rolle mit olivgrünem, robustem Canvas, die in seiner Garage lagerte. Vier Jahre zuvor, als er am Prototyp des leichten Thermo-Zelts tüftelte, hatte er das Gewebe beiseitegelegt, da es ihm für diesen Einsatz zu schwer erschien. Die strapazierfähige Jacke wird bis heute aus G-1000 hergestellt, seit 2011 in der Ökoversion aus recyceltem Polyester und Bio-Baumwolle. Sie ist ein Bestseller – auch als farbenfrohe Samlaren-Variation. Schon zur Premiere der Restekollektion 2021 waren die Jacken rasch vergriffen. Zero Waste – null Abfall – ist das große Ziel der Schweden. Auf diesem Weg ist Samlaren nur einer von vielen Ansätzen, die schon beim ersten Entwurf eines neuen Produkts beginnen. "Wir passen unsere Produktdesigns und Schnittmuster so an, dass der Verschnitt sowie Verbrauch von Materialien und Rohstoffen auf ein Minimum reduziert wird", erläutert Aiko Bode, Operating Sustainability Director Fjällräven. Das entlastet die Öko- und Klimabilanz, denn die Herstellung von Stoffen verschlingt viel Wasser, Energie und Chemikalien. "In der Textilindustrie sind bis zu 25 Prozent Schnittmusterabfälle keine Seltenheit", konstatiert er. "Wir wollen solche Abfälle, je nach Produkt, auf ein bis fünf Prozent minimieren."
Skandinavisch durch und durch
In Pilotprojekten sondiert Fjällräven zudem, wie in einem möglichst effizienten Rohstoffkreislauf mit Abfällen aus der Produktion oder Webereien recycelte Materialien produziert werden können. Auch auf die Rücknahme von Textilien, die nach einer EU-Vorgabe ab 2025 einem Stoffkreislauf zugeführt werden sollen, bereitet sich das Unternehmen vor. "Mit einem finnischen Partner recyceln wir derzeit zellulosebasierte Produkte wie etwa Hemden und T-Shirts, um daraus viskoseartige Garne zu entwickeln", berichtet Bode. Nachhaltigkeit und Innovation gehen bei den Schweden seit jeher Hand in Hand. Das Designkonzept sieht vor, funktionale, langlebige und einfach zu reparierende Produkte zu entwickeln. Skandinavisch, schlicht kommt der zeitlose Look daher. Bewusst werden nur wenige unterschiedliche Stoffe eingesetzt, um eine leichte Wiederverwertbarkeit eines Produkts zu ermöglichen. Recycelte, organische und erneuerbare Materialien werden dabei bevorzugt. Irgendwann wird der Fortschritt die Resteverwertungskollektion überholen, ist Henrik Anderson überzeugt. "Es klingt vielleicht etwas merkwürdig, aber wir hoffen, dass Samlaren keine Zukunft hat. Wenn wir eines Tages so effizient und nachhaltig produzieren, dass uns die Stoffreste ausgehen, ist das Konzept obsolet." Der ambitionierten Vision, einmal die nachhaltigste Outdoor-Marke zu werden, wäre Fjällräven dann einen großen Schritt näher gerückt.
Der neue Rucksack Kajka35 kommt im Juni
Wie schlaffe Birnen sahen Rucksäcke in den 1950ern aus, erzählte einmal Åke Nordin, der Gründer von Fjällräven. Mit 14 Jahren baute er sich daher einen Tragrahmen aus Holz, der schwere Last gut über den Rücken verteilte. Die Idee sprach sich in seiner Heimat Nordschweden herum und an der Singer-Maschine seiner Mutter nähte er seine ersten Aufträge. Der rückenschonende Rahmen aus Holz bewährt sich bis heute – beim neuen Kajka 35 ist er aus FSC-zertifizierter Birke gefertigt und lässt sich an jede Größe anpassen. Der Rucksack aus langlebigem Vinylon F mit verstärkendem Gewebe aus recyceltem Nylon bietet ein Volumen von 35 Litern und kann um zwei Seitentaschen erweitert werden. Der Deckel eignet sich auch als Umhängetasche.
Weitere Infos zu Fjällräven unter: fjällräven.de