Robert Bichler ist Fachmann für nachhaltiges Reisen und weltweite Freiwilligenarbeit. Er betreibt die Plattform deepertravel.de mit, die Tipps zu Volunteer-Reisen bietet, und ist einer der Köpfe von Loro Trips, einem Anbieter für nachhaltige Reisen in Lateinamerika (lorotrips.com). Im Interview haben wir mit ihm darüber gesprochen, wie wir grüner in den Urlaub reisen können.
Robert Bichler: Nachhaltiges Reisen kann auf der ökologischen, ökonomischen und sozio-kulturellen Ebene verortet werden: Auf der ökologischen Ebene geht es darum, Schadstoffe zu reduzieren, die Umwelt zu schützen und Ressourcen zu schonen, damit die globale Biodiversität erhalten bleibt. Die ökonomische Ebene umfasst Gerechtigkeit sowie den Kampf gegen Armut und schlechte Arbeitsbedingungen. Und aus sozio-kultureller Sicht geht es um Respekt, Verständnis für traditionelle Werte und kulturelle Eigenheiten, globales Denken und interkulturelle Verständigung. Jede und jeder Reisende kann zu nachhaltigerem Tourismus beitragen, von der Wahl des Ziels und des Transportmittels über den täglichen Konsum bis zum Lebensmitteleinkauf.
Robert Bichler: Tourismus verbraucht Ressourcen und zerstört die Umwelt. Diese Einflüsse müssen minimiert werden. Und andererseits sollte man der Bevölkerung in den Zielländern ein Leben in Würde ermöglichen. Dazu gehört neben den ökonomischen Rahmenbedingungen auch die interkulturelle Verständigung. Ziel sollte eine Begegnung auf Augenhöhe sein.
Robert Bichler: Das geht auf ganz viele unterschiedliche Weisen – auf allen drei zuvor angesprochenen Ebenen: Ökologischer reise ich beispielsweise, wenn ich alternative Transportmöglichkeiten nutze, Ressourcen spare oder nachhaltige Tourismusangebote nutze. Ökonomischer handle ich, indem ich in von Einheimischen geführten Unterkünften übernachte, lokale Produkte kaufe oder lokale Transportmittel nutze. Wichtig: Es geht hier nicht ums Sparen, sondern darum, dass das Geld an den richtigen Stellen landet. Und soziokulturell nachhaltiger unterwegs bin ich, wenn ich mich im Vorfeld umfassend über das Ziel informiere oder versuche, die lokale Bevölkerung kennenzulernen. Wenn ich zu Hause im Bekanntenkreis davon erzähle, verbessert das normalerweise das interkulturelle Verständnis.
Robert Bichler: Das ist leider sehr schwierig. Die letzten Jahre ist ein regelrechter Wildwuchs bei den Nachhaltigkeitszertifikaten im Tourismus entstanden. Folgende Labels – nur eine Auswahl – geben eine grobe Orientierung: Die Zertifikate Green Key oder Green Globe werden beispielsweise an Beherbergungsbetriebe, Restaurants, Freizeitparks, Golfplätze und Attraktionen vergeben. In Europa gibt es dafür außerdem das European Ecolabel, die Blaue Schwalbe oder TourCert.
Robert Bichler: Hier gibt es verschiedene Organisationen wie beispielsweise Atmosfair, die entsprechende Online-Rechner anbieten.
Robert Bichler: Mobilität ist prinzipiell sehr begrüßenswert, denn sie trägt zur wirtschaftlichen Entwicklung und zu besserem interkulturellem Verständnis bei. Problematisch wird sie, sobald man zum Shopping nach Paris fliegt, für ein paar Tage Freundinnen und Freunde in den USA besucht, für zwei Wochen nach Australien reist etc. Die von Fluggesellschaften angebotenen Ausgleichszahlungen, um das durch den Flug entstandene CO2 zu »kompensieren«, sind wie ein Placebo: beruhigt das Gewissen, beseitigt das Problem aber nicht. Dieses entgrenzte Reiseverhalten trägt bereits heute massiv zum CO2-Ausstoß bei. Nur wenn die viel zu billigen Flugtickets bedeutend teurer werden, wirkt das dem entgegen, parallel müssten alternative Reiseformen günstiger werden. Sonst werden weder Fluggesellschaften noch Reisende umdenken. Genau hier wären die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger gefragt, damit sie entsprechende Rahmenbedingungen schaffen.
... und jetzt ein paar Zahlen zum Thema CO2*
- 680 Kilogramm CO2 verursacht ein Hin- und Rückflug von Düsseldorf nach Mallorca. Durch den Ausstoß verschwinden zwei Quadratmeter Arktiseis. Tipp: Die Schönheit der Insel lieber nicht so oft, aber dafür länger genießen!
- 10 Prozent des CO2- Ausstoßes bei einem Skiurlaub entfallen auf Liftanlagen und den Pistenbetrieb. Das bedeutet, dass aktive Sportler vor Ort verhältnismäßig umweltfreundlich unterwegs sind und nicht auf ihr liebstes Hobby verzichten müssen.
- 1/2 so viel CO2 verursacht, wer beim einwöchigen Skiurlaub auf die Bahn setzt und das Auto stehen lässt und das konventionelle Vier-Sterne-Quartier gegen ein Öko-Hotel tauscht. Statt 693 Kilo CO2 entstehen so nur 391 Kilo pro Person.
* Quellen: atmosfair.de, Stiftung Warentest