Rondane-Nationalpark in Norwegen: Wildnis vor der Tür

Wandern im norwegischen Nationalpark Rondane
Rondane in Norwegen: Wildnis vor der Tür

Zehn lohnende Aussichtsgipfel auf kleinstem Raum, eine gemütliche Hütte als Zuflucht – Wandern in Norwegen kann so leicht sein.

OD Rondane Nationalpark Norwegen Touren
Foto: Sissi Richter

Lage & Charakter

Rund 200 km nördlich von Oslo befindet sich in der Nähe der Stadt Otta der älteste Nationalpark Norwegens – Rondane. Er schützt ein auf einer Hochebene gelegenes Gebirge mit insgesamt zehn Gipfeln über 2.000 Metern Höhe. Trotz der (für Skandinavien) großen Höhe ist keiner der Berge vergletschert. Ursache ist das relativ trockene Klima im Regenschatten der höchsten Spitzen Norwegens in Jotunheimen. Die Mitte des Parks bildet der schmale See Rondvatnet, der das Massiv halbiert. Beste Zeit: Im Mai und Juni liegt wahrscheinlich noch zu viel Schnee, im September kann es nachts schon empfindlich kalt werden. Deswegen sind die Sommermonate die beste Jahreszeit für einen Besuch des Parks.

Achtung: In der Hochsaison kann die beliebte Hütte Rondvassbu ausgebucht sein. Deshalb sollte man vorsichtshalber ein Zelt mitnehmen. So kann man sich auch individueller durch Rondane bewegen.

Wie komme ich nach Rondane und wo kann ich übernachten?

  • Am ökologischsten ist eine Anreise per Fähre und Bahn. Von Kiel fährt man z. B. mit der Color-Line nach Oslo, steigt dort in die Dovrebahn ein und fährt bis Otta. Von dort geht es mit dem Taxi z.B. nach Hovringen, dem wichtigsten Tor zum Park.
  • Bjornhollia, 914 m, DNT, bewirtsch. Anfang Juni bis Ende September, 90 Betten
  • Doralseter, 1.060 m, privat, bewirtschaftet Mitte Juni bis Ende September, mehrere Herbergen.
  • Zelten ist gemäß den Richtlinien des DNT (des norwegische Wanderverbands) überall im Park erlaubt. Ansonsten unterhält der DNT eine Reihe von bewirtschafteten Hütten, die jeweils noch einen eigenen kleinen Zeltplatz betreiben: Rondvassbu, 1173 m, DNT, 128 Betten und Lager, bewirtschaftet Mitte Juli bis Anfang September, rondvassbu.dnt.no

Wir waren mit Marius Haugaløkken, dem Manager der Rondvassbu-Hütte im Rondane-Nationalpark unterwegs. Sein Lieblingsplatz? Da muss er schon einen Moment überlegen. "Es gibt so viele", sagt er. "Aber das Tal Illmandalen gefällt mir fast am besten. Man kann an den Seen entlangwandern und fischen."

Haugaløkken ist um seinen Arbeitsplatz zu beneiden: mitten in einem der schönsten Wandergebiete Norwegens, umgeben von Zweitausendern, funkelnden Seen und weitem Fjell, auf dem wilde Rentiere äsen. Auch ihretwegen hat die Regierung im Jahr 1962 das Gebiet unter Naturschutz gestellt und den ersten Nationalpark Norwegens gegründet.

Ein tiefes Tal durchschneidet den Rondane-Nationalpark von Nord nach Süd, das zum Teil von einem fjordähnlichen See gefüllt wird, dem Rondvatnet. Blau schimmert er zwischen kargen Hängen. Direkt am Seeufer lädt Marius‘ dunkelrot gestrichene Rondvassbu (1173 m) zu einem gemütlichen Aufenthalt ein, ein ideales Basislager für Streifzüge in die Berge Rondanes. 128 Schlafplätze bietet es, in Zweier- und Viererzimmern und einem Schlafsaal; im Sommer trifft man hier vor allem skandinavische und deutsche Wanderer. Am offenen Kamin der Hütte lässt sich, vielleicht bei einem abendlichen Glas Wein, gut planen, welchen der Berge man am nächsten Tag angehen möchte.

Die meisten norwegischen Gipfel tragen runde Kuppen

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C.H.-visitnorway.com
Immerhin zehn Gipfel über 2.000 Meter ragen im Rondane-Nationalpark hoch auf, in einem Gebiet etwa von der Größe Berlins.

Viel höher werden Berge in Norwegen nicht: Skandinaviens Gipfelmajestät, der Galdhøpiggen im benachbarten Jotunheimen-Gebirge, misst auch nur 2.469 Meter. Die meisten Gipfel tragen runde Kuppen. Eiszeitliche Gletscher haben sie geschliffen, ihnen die schroffsten Kanten abgeschmirgelt und dazwischen ausladende Trogtäler geschaffen. Flechten überziehen ihre Hänge, die in der Sonne bunt erstrahlen: Warme Rottöne vermischen sich mit Ocker bis fast Weiß, dazwischen leuchten gelbe Flecken. Wandertouren auf die über zweitausend Meter hohen Gipfel des Rondane-Nationalparks bieten sich geradezu an. Flechten bilden die Nahrungsgrundlage für die bis zu 4.000 Rentiere, die wild und frei durch Rondanes Täler ziehen. Die Rondvassbu-Hütte schließt aus Rücksicht auf die Rentiere vom 1. Mai bis 10. Juni, weil dann die Ren-Kälbchen geboren werden. »Es ist in dieser Zeit auch extrem wichtig, auf die Tiere Rücksicht zu nehmen«, erklärt Marius Haugaløkken. »Besonders nach einem langen Winter sind die Rens geschwächt, und wenn sie dann noch frisch gekalbt haben, sollte man sie nicht stören. Rentiere sind sehr scheu und flüchten stundenlang in eine Richtung, wenn sie aufgescheucht werden.«

Rondanes Hochebene: ein typisch skandinavisches Fjell

Auf Rondanes Hochebene, einem typisch skandinavischen Fjell, wirkt alles unendlich weit. Doch das täuscht, denn das Gebiet rund um die Rondvassbu, und damit alle namhaften Berge hier, kann man sich in einer Woche Wanderurlaub bequem erschließen. Und hat trotzdem noch Zeit, am Abfluss des Sees Rondvatnet einen Nachmittag auf den von der Sonne gewärmten Steinplatten zu verbummeln und dabei den Wasserspielen zuzuschauen.

Hier fügt sich auch eine kleine Mulde in die Landschaft ein, in der sich die, denen die Hütte noch zu zivilisationsnah ist, einen heimeligen Zeltplatz einrichten können. Ein Traum!

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1. Tour: Auf den Storronden (2.138 m)

4–5 h, 960 Hm, mittel

Diese mittelschwere Bergwanderung führt auf schotterigem, aber gut markiertem Weg auf den zweithöchsten Berg des Rondane-Massivs mit seiner schönen Aussicht, den 2.138 Meter hohen Storronden. Direkt hinter der DNT-Hütte Rondvassbu beginnt der Pfad, der übrigens auch zum Rondslottet führt. Zunächst hält man sich nach Nordosten. Nach rund einer halben Stunde teilt sich der Weg. Über den breiten Westrücken des Storronden wandert man über anstrengendes Geröll- und Blockgelände zum höchsten Punkt. Rückweg wie Hinweg. Schöne Einführungstour, um sich, an einem Nachmittag zum Beispiel, mit dem Rondane-Nationalpark und dem Wandern darin vertraut zu machen.

2. Tour: Über den Rondslottet (2.178 m)

7–8 h, 1000 Hm, anspruchsvoll

In Regionen über 2.000 Meter entführt diese lange und schwierige Bergwanderung, die ebenfalls an der DNT-Hütte Rondvassbu beginnt. Sie folgt zunächst auch dem gleichen Pfad wie die Wanderung zum Storronden. Nach rund einer halben Stunde nimmt man allerdings den linken Abzweig und wandert in das Kartal Rondholet. Hier kann es bei gutem Wetter sehr schweißtreibend und heiß werden. Das Tal hinauf gelangt man zu einem schotterigen Pass zwischen Storronden und Vinjeronden. Dort nach links und Norden halten und über große Felsblöcke auf den Vinjeronden hinaufsteigen. Von dort quert man hinüber zum Hauptgipfel des Rondslottet. Der Abstieg verläuft über einen weglosen Bergrücken und zuletzt eine steile Flanke. Deswegen ist eine sichere Fußtechnik auf schotterigen Hängen und eventuell Altschneefeldern Voraussetzung. Um nicht auf gleichem Weg zur Rondvassbu-Hütte zurückkehren zu müssen, steigt man nun über den Westrücken des Rondslottet in das Tal Rondvassdalen ab. Dazu dem Rücken so lange nach Norden folgen, bis der Abstieg nach Westen möglich erscheint. Unten quert ein markierter Wanderweg, der zum Bootsanleger am Rondvatnet führt. Mit dem Boot geht es zurück zur Rondvassbu-Hütte. Zeiten am besten in der Hütte erfragen; normalerweise ist die letzte Fahrt vom Nordufer um 16.30 Uhr.

3. Tour: Rondhalsen (evtl. Veslesmeden)

3–4 h, 500 Hm, mittel

Über den Rondhalsen führt eine schöne Halbtageswanderung ohne große Höhenunterschiede, die allerdings Trittsicherheit auf Geröllfeldern erfordert. Im Sommer verkehrt ein Boot von der Rondvassbu-Hütte aus, das Wanderer zum Startpunkt Nordvika auf der Nordseite des schmalen Sees bringt. Man läuft ein kleines Stück das Rondvassdalen hinauf. Nach zirka fünf Minuten teilt sich der Weg. Links haltend steigt man zum Pass Rondhalsen hinauf, bis zu einem Abzweig unterhalb des Passes. Hier besteht die Möglichkeit, als Abstecher auch noch den Gipfel des Veslesmeden (2.015 m) zu besteigen. Für den Aufstieg sollte man drei Stunden einkalkulieren, der Abstieg dauert rund anderthalb Stunden. Weiter geht’s auf dem gut markierten Pfad hinunter zum Rondvatnet. Nach Überquerung der Brücke über den Bach Kaldbekken gelangt man zurück zur gegenüberliegenden Hütte.

4. Tour: Auf den Storsmeden (2016 m)

5–6 h, 850 Hm, schwierig

Teilweise mühsam erwandert man sich den höchsten Gipfel im Westteil des Rondane-Nationalparks. Trittsicherheit auf Geröllfeldern ist Voraussetzung, am Grat wartet leichte Blockkletterei. Von der Rondvassbu-Hütte geht es ein Stück die Zugangsstraße zurück und auf einer Brücke über den Store Ula. Nach Norden halten und über eine weitere Brücke über den Kaldbekken und nach Nordwesten, bis nach 1 km eine Wegverzweigung kommt. Rechts geht es zum Veslesmeden; links weiter Richtung Storsmeden. Ein alter Rentierwechsel leitet hinauf ins Kar Kaldbekkbotn. Wieder über den Bach und in das westliche Kar. Von hier geht es mühsam über Schutt zu einem Pass, dem Langholsbandet (ca. 1.740 m), hinauf, mit seinem Blick ins Kartal Langholet. Man verlässt nun den markierten Weg und hält sich nach Osten. Über große Blöcke geht es zum höchsten Punkt. Rückweg wie Hinweg. Variante: Trainierte Bergsteiger mit Klettererfahrung können von hier aus auch zum Veslesmeden traversieren. Von dort dann auf markiertem Pfad über den Rondhalsen zurück zur Hütte.

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Sissi Richter

Freie Platzwahl: Zelten in Rondane

Die Berge Jotunheimens schirmen im Westen recht gut gegen das Wetter ab und machen es zu einem der niederschlagsärmsten Hochgebirge in Skandinavien. Wanderer müssen trotzdem mit dem ein oder anderen Schauer rechnen – Rondane liegt schließlich immer noch in Norwegen.

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Sissi Richter
Dank Jedermannsrecht zeltet man dort, wo es einem am besten gefällt.

Ein erstklassiger Logenplatz ist Rondanes zweithöchster Gipfel, der östlich der Hütte 2.138 Meter aufragende Storronden. Die Wanderung bietet sich als lockere Nachmittagstour an: Direkt hinter der Hütte beginnt der mit rotem »T« markierte Pfad über den Westrücken. Von Block zu Block springend steigt man höher und höher. Von unten gesehen schieben sich immer wieder Scheingipfel vor den höchsten Punkt. Ganz oben sieht man im Westen die Bergketten Jotunheimens eine hinter der anderen, wie die Wellenkämme eines erstarrten Ozeans. Wenn in der gleichen Himmelsrichtung eine tiefschwarze Wand steht, ist Eile geboten: Dann rückt das nächste Tiefdruckgebiet nach Rondane vor. Einzelne Fetzen lösen sich aus der Wolkenmasse und jagen mit atemberaubender Geschwindigkeit über die offenen Ebenen.

Für Frühaufsteher: die Tour auf den Rondslottet

Mit ebenso exponiertem Ausguck, aber deutlich härter als die Tour auf den Storronden: die anspruchsvolle Überschreitung des Rondslottet, mit 2.178 Metern der höchste Berg im Nationalpark. Für ihn empfiehlt es sich dringend, früh aufzustehen, denn um 16.30 Uhr fährt nach der Tour die letzte Personenfähre über den Rondvatnet zurück zur Hütte. Zunächst geht es auf der schon bekannten Route zum Storronden, nach rund einer halben Stunde aber biegt der Weg in ein karges Hochtal ab, das Rondholet. Ein leise gluckernder Bach begleitet den Aufstieg. Wie ein Samtkissen überziehen gelbgrüne Rentierflechten hier jeden Stein und jeden Quadratzentimeter Boden. Selbst bei bedecktem Himmel verleiht die frische Farbe der Landschaft einen Hauch von Sonnenschein. Noch weiter oben dünnen die filigranen Polster aber mehr und mehr aus, selbst ihnen wird die Umgebung zu rau.

Altschneefelder kühlen sogar im Hochsommer den langen Gipfelgrat zwischen Vinjeronden und Rondslottet. Man könnte ja einen Schneemann bauen, als Alternative zu den allgegenwärtigen Steinmännern, die der Orientierung dienen und in Rondane jeden Pass, jeden Gipfel in Scharen bewachen. Wer sich für den Abstieg nach Nordwesten ins Tal Rondvassdalen entscheidet, wünscht sich allerdings den ein oder anderen Steinmann mehr: Weglos wandert man zunächst über einen breiten Felsrücken nach Westen und sucht seinen Weg über Geröllfelder ins Tal. Konzentriert bis in die Fußspitzen setzt man einen Schritt vor den anderen, trotzdem recht rasch, denn die Zeit drängt, und die Fähre wartet nicht. Nach zwei Wanderungen auf der Ostseite des Rondvassdalen wird es Zeit für die Westseite, das Smiubelgen-Massiv. Dort geht es deutlich ruhiger zu. Und so sieht man hier auch eher die schreckhaften Rentiere, auf der Tour auf den »Großen Schmied« etwa – den 2016 Meter hohen Storsmeden.

Die letzte Tour führt auf den Storsmeden

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Sissi Richter

Alte Rentierpfade führen parallel zu einem Bach bergauf in das gewaltige, dunkle Schuttkar des Kaldbekbotn. Immer höher und enger rücken die Felswände zusammen, bis eine Schotterrinne den Weg zum Pass Langholsbandet weist. Mühsam kämpft man sich über feines Geröll bergan, auf drei Schritte hoch kommt mindestens einer wieder hinunter. Lohn des schweißtreibenden Anstiegs: die Aussicht in das archaisch wirkende Kar des Langholet. Zwei kleine Seen liegen inmitten eines breit ausgeschürften u-förmigen Tals, dessen Form ein längst zerschmolzener Gletscher prägte. Es fehlt nur noch, dass ein Troll oder eine Elfe um die Ecke schaut. Bevor sich jedoch eins der Zauberwesen zeigen könnte, wabert oft schon grauer Nebel die Bergflanken hinunter. Sollte es dann noch stürmisch sein, nicht selten auf dieser Höhe, fällt es schwer, sich auf den Beinen zu halten. Vergessen sind alle Trolle und bergsteigerischen Vorhaben, jetzt gilt es nur noch, auf gleichem Weg möglichst rasch ins Tal zurückzukehren. Weiter unten schiebt die Sonne schon wieder Lichtstrahlen wie Finger durch die Wolkenlücken, tastet über die gelb-grün gefärbten Bergflanken. Nebel? Wohl ein Zaubertrug. Man genießt die warme Seite des Fjells und wandert noch ein Stück in Marius‘ Lieblingstal hinein, bevor bei einem Glas Wein vor dem offenen Kamin der Tag ausklingt.

Karten & weitere Infos unter dnt.no

Video: 10 Fakten über Norwegen:

Trekking in Skandinavien – Tipps dazu im Podcast:

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