Stiller Genuss - Paddeln im Dalsland

Paddeln im Dalsland - Genuss in Südschweden
Stiller Genuss - Paddeln im Dalsland

Das Dalsland ist ein Paradies für Kanufahrer. Vor allem Einsteiger fühlen sich in der sanften Wildnis Südschwedens wohl. Wir stellen eine der schönsten Viertagestouren vor.

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Foto: pixabay

Nahezu lautlos gleitet das Kanu über den See, nur der Bootsrumpf gurgelt sachte. Weiße Wolken spiegeln sich im schwarzen Wasser. Gelegentlich stört leises Platschen das Schweigen, wenn ein Paddel das unbewegte Wasser teilt. Alle anderen Geräusche schluckt der dunkle Stora Le.

50 Kilometer lang ist er und dabei nur einer der mehr als 400 Seen, die sich 200 Kilometer nördlich von Göteborg an der Grenze zu Norwegen verteilen. Alle schuf die letzte Eiszeit: Mächtige Gletscher schliffen die Berge ab und höhlten tiefe Spalten aus, die sich später mit Wasser füllten. Zwischen den Seen erstrecken sich heute dicht bewaldete Hügel, eine friedliche Wildnis, gelegentlich unterbrochen von kleinen Dörfern mit roten Holzhäusern.

Den Stora Le der Länge nach zu befahren, das sind vier Tage Abenteuer. Obwohl die Zivilisation mit ihren Teerstraßen, Supermärkten und Restaurants nie allzu weit entfernt liegt, bleibt ein Gefühl von Weite und Einsamkeit. Mit wenigen Paddelschlägen verlässt man die kleine Stadt Ed am Südufer des Stora Le, wo es alles für die Tour gibt: Kanus, Tipps zum Geradeauspaddeln und Proviant für mehrere Tage. Nach einer kurzen Etappe von weniger als drei Stunden taucht die kleine Insel Skottön inmitten des Sees auf. Wie überall an den Lagerplätzen im Dalsland warten auch hier eine Feuerstelle mit Holz, eine Toilette und eine Schutzhütte auf den Paddler. Mit dem Erwerb der Naturpflegekarte dürfen sie uneingeschränkt genutzt werden, gegen eine Gebühr von umgerechnet drei Euro am Tag. Was für ein Angebot, denn die unzähligen Seen und Wasserläufe Dalslands sind vielfach miteinander verbunden. So werden wochenlange Touren möglich, ohne einen Ort zweimal sehen zu müssen. Gerade Neulinge finden hier ein ideales Terrain vor, von Mitteleuropa recht schnell zu erreichen und mit viel Kanadaflair.

Dalsland: 400 Seen warten auf Entdeckung

Von Skottön verläuft die Paddelroute über den Stora Le immer nordwärts. Die Orientierung fällt leicht, denn der Stora Le wird selten breiter als drei Kilometer. Zahlreiche kleine Inseln, Buchten und Landzungen laden zu kurzen Entdeckungsreisen ein. Flechte und Moose in leuchtenden Farben überziehen Felsen und Inseln am Horizont. Gelegentlich markieren gelbrote Tafeln eines der Eilande – Vogelschutzgebiete, die von Kanufahrern nicht betreten werden dürfen. Fischadler, Prachttaucher und andere seltene Vogelarten brüten hier.

Schnell stellt sich beim Paddeln ein Rhythmus ein. Die regelmäßige Bewegung hat etwas Meditatives, und langsam wird auch die Stille vertrauter. Nur wenn man innehält und genau aufpasst, hört man etwas: einen Fisch, der springt, oder vielleicht sogar einen klatschenden Biberschwanz. Erst am Nachmittag des zweiten Tages passiert man auf dem Stora Le die einzige Ansiedlung, die aus mehr als ein paar Häusern besteht: Nössemark. In dem kleinen Dorf ist Zeit für einen Kaffee, der Dorfladen bietet die Möglichkeit, Überlebenswichtiges nachzukaufen. Wasser gehört nicht dazu: Praktisch alle Seen im Dalsland besitzen Trinkwasserqualität. Man kann jederzeit die Trinkflasche unter Wasser tauchen, auffüllen und seinen Durst nach Herzenslust löschen. In dem frischen und unbelasteten Wasser fühlen sich aber auch viele Fischarten wohl: Barsche, Karpfen, Zander, Saiblinge, Forellen und Hechte tummeln sich hier.

Wer mag, der bessert mit der Angelrute seine Vorräte auf. Der größte jemals gefangene Hecht wog stolze 16 Kilogramm – eventuell lohnt es sich also, eine Angelkarte zu erwerben.

Wenige Kilometer hinter Nössemark wird das Eiland Tronsholmen sichtbar, mit dem Übernachtungsplatz für die zweite Etappe. Ein Streifzug über die Insel birgt eine Überraschung: Wildpfade durchziehen sie, überall liegt Losung. Doch trotz vorsichtigem und lautlosem Spähen: kein Tier lässt sich blicken. Des Rätsels Lösung: Elche sind sehr gute Schwimmer, die auch vor kilometerlangen Strecken über den Stora Le nicht zurückschrecken. Inseln nehmen sie als Zwischenstationen zum Ausruhen, denn nach dem Schwimmen steigen die Elche erschöpft und unterkühlt aus dem Wasser und bleiben zum Teil mehrere Stunden unbeweglich liegen, um sich wieder aufzuwärmen. Früher nutzten Jäger das. Der erschöpfte Elch konnte einfach mit einer Axt erlegt und per Boot nach Hause transportiert werden.

Dalsland: Unberührte Natur und traumhafte Idylle

Entlang schroffer Felswände und dichter Nadelwälder führt die dritte Etappe bis kurz vor das Ende des Stora Le zur Insel Trollön. Vielleicht hat man Glück, und die Tour gelingt komplett ohne schlechtes Wetter. Auf einen Umschwung sollten Paddler auf dem See aber immer gefasst sein. Manchmal brennt noch am Vormittag unerbittlich die Sonne, und nachmittags weicht Dauerregen die Moral auf. In den Kronen der Bäume pfeift dann der Wind, Birken wiegen sich in heftigen Böen. Dunkle Wolkenfetzen fegen über den See, auf dem kleine Schaumkronen tanzen. Zum Glück haben Kanus genügend Stauraum für Zelte, wasserdichte Tonnen, Regenjacken, Gummistiefel, genügend Proviant und dicke Schmöker, um auch längere Schlechtwetterperioden zu überstehen. Und allzu viele Sorgen müssen sich Kanuneulinge beim Paddeln auf dem Stora Le nicht machen.Der See ist in der Regel zu schmal, als dass hohe Wellen entstehen könnten, die das Boot zum Kentern bringen.

Auf den letzten zwölf Kilometern der Stora-Le-Querung steuert man sein Kanu schon in den Nachbarsee, den Foxen, der auch See der tausend Inseln genannt wird. Südwärts geht es in Richtung der Stadt Lennartsfors, mit jedem Schlag des Paddels rückt die Zivilisation ein Stück näher. Nicht lange, und es dringt ein Geräusch in die Lautlosigkeit. Es ist nicht der sehnsuchtsvolle Schrei des Prachttauchers, der die Stille übertönt, sondern ein anderes, fremdartiges Geräusch: Jenes des gemächlich dahinfließenden Verkehrs auf der Hauptstraße von Lennartsfors. Fertig machen zum Anlanden!

Paddeln im Dalsland – alle Infos für die Planung:

OD Kanu Schweden Dalsland
Kanu Schweden Dalsland

Beste Zeit:
Die Sommermonate von Mai bis September. Im Hochsommer, wenn auch in Schweden Urlaub ist, tummeln sich bis zu 5000 Kanuten auf den Seen. Stora Le und Foxen sind dann sehr beliebt. Wer auf die Ferienzeit angewiesen ist, sollte auf andere Seen ausweichen.

Anreise:
Die Fährlinie Stena Line fährt täglich sowohl von Kiel als auch von Frederikshavn/Dänemark nach Göteborg. Den Flughafen Göteborg-Landvetter erreicht man aus Deutschland von Berlin, Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, München. Die verbleibenden 200 Kilometer nach Dalsland am besten per Mietwagen, Bus oder Eisenbahn (Stationen in Melleru und Ed).

Ausrüstung:
Für eine gemütliche Wandertour ist ein Kanu mit viel Stauraum ideal. Kanadier haben die größte Zuladung und sind einfach zu navigieren, Touringkajaks sind schneller und weniger windanfällig. Für Mehrtagestouren sind Kocher, Geschirr, Zelt, Schlafsack, Isomatte und Proviant unerlässlich. Das gesamte Gepäck muss waserdicht verpackt sein. Kanus und komplette Ausrüstung können vor Ort bei einem der zahlreichen Verleiher gemietet werden (zum Beispiel Canodal in Ed, www.canodal.com).

Übernachtung:
Entlang der Seen gibt es über 100 offizielle Lagerplätze mit einfachen Schutzhütten, Brennholz und Feuerstellen, Mülleimern und Toiletten. Gruppen ab sechs Personen sind verpflichtet, auf offiziellen Lagerplätzen zu übernachten. Die Benutzung der Übernachtungsplätze kostet 30 schwedische Kronen (etwa drei Euro pro Nacht/Person). Sie wird mit der Naturpflegekarte bezahlt, die man bei Kanuverleihern und Tourismusbüros kaufen kann.

Literatur:
Schweden. Dalsland-Kanal, Lars Schneider, Conrad Stein Verlag, 12,90 Euro. Detaillierte Routenbeschreibung für 250 Paddel-Kilometer im Dalsland. Außerdem enthält das Buch viele Tipps zu Organisation und Ausrüstung für den Kanu-Trip.

Karte:
Kanutourenkarte Dalsland, 1:100000, Pollner Verlag, 9,90 Euro.

Die 4 Etappen unserer Tour:
Marina Ed – Insel Skottön (10 km),
Insel Skottön – Tronsholmen (18 km)
Tronsholmen – Trollön (17 km)
Trollön – Lennartsfors (11 km)
(Details siehe Seite 2 des Artikels)

Info:
Touristeninformation Ed, Strömstadsvägen 2, Box, 668 31 Ed, Tel. 0046/53419022, nur im Juli und August geöffnet.

Weitere Infos unter http://www.vastsverige.com/de/

Mehr:

Paddeln im Dalsland – in vier Etappen von Ed nach Lennartsfors

1. Etappe:
Marina Ed – Insel Skottön
10 Kilometer

Die erste, kurze Tagesetappe zum Eingewöhnen beginnt an der kleinen Marina in der Ortschaft Ed. Sie führt zur etwa 400 Meter langen Insel Skottön, auf der zwei Lagerplätze zum Übernachten einladen. Die Route verläuft stur Richtung Norden und passiert nach etwa drei Vierteln des Weges die kleine Insel Hästholmen.

2. Etappe:
Insel Skottön – Tronsholmen
18 Kilometer

Am zweiten Tag paddelt man entlang
einsamer Buchten und passiert zahlreiche unbewohnte Inseln. Am Nachmittag bietet sich die einzige Möglichkeit auf der gesamten Tour, unterwegs einen Kaffee trinken zu gehen und Fehlendes nachzukaufen: in der Ortschaft Nössemark. Übernachten auf der Insel Tronsholmen, wo es einen Lagerplatz gibt.

3. Etappe:
Tronsholmen – Trollön
17 Kilometer

Die dritte Tagesetappe führt durch den einsamen Nordteil des Stora Le bis zum Lagerplatz auf der Insel Trollön, die direkt an der norwegischen Grenze liegt. Am Weg liegen einige Inseln: St. Smägan, Björön, Salholmröset sowie die über einen Kilometer lang gezogene Insel Mosviköya. Trollön liegt bereits in der Übergangszone zum Nachbarsee des Stora Le, des Foxen.

4. Etappe:
Trollön – Lennartsfors
11 Kilometer

Auf dem letzten Abschnitt geht die
Paddeltour entlang zahlreicher kleiner Inseln Richtung Nordnordost durch die Verbindungspassage zwischen Stora Le und Foxen. Im Foxen angekommen, heißt es, den Bug des Kanus Richtung Südsüdost zu wenden. Über fünf Kilometer diesen Kurs halten, bis die Stadt Lennartsfors erreicht ist.

OD Kanu Schweden Dalsland
Manuel Arnu
An sonnigen Tagen ist das Dalsland ein Idyll wie aus einem Astrid-Lindgren-Buch.