Weitwandertipp: Auf dem Forststeig im Elbsandsteingebirge

Trekkingtour in der Sächsischen Schweiz
Der Forststeig im Elbsandsteingebirge

In Wurfweite der tschechischen Grenze: die Trekkingtour Forststeig. Ein knapp 100 Kilometer langer Weitwanderweg, der Wanderer durch wilde Elbsandstein-Landschaften führt. Wanderimpressionen, Infos und GPS-Daten hier ...

Elbsandsteingebirge - Forststeig - Wandern
Foto: Boris Gnielka

Angelegt wurde der Forststeig so, dass er selbst kleine Orte meidet und fast nur auf sonst kaum genutzten schmalen Pfaden durch zum Teil wild wuchernden Wald führt – ideal für Trekking-Fans, die aus Zeit-, Budget- oder Flugschamgründen ihren Kanada- oder Schwedenurlaub ins eigene Land verlegt haben oder für Naturliebhaber, die es gerne ruhiger haben, als man es von der anderen Elbseite der Sächsischen Schweiz kennt.

Die 6 Etappen des Forststeigs im Überblick

Zum Taubenteich

Von Kleingießhübel (oder Schöna) geht es auf den Großen Zschirnstein (top Aussicht!). Dann Abstieg über die Westflanke, am Zschirnstein-Biwak vorbei und auf schönem Grenz-pfad durch mystischen Wald. Man passiert eine Quelle, Bachläufe und erreicht bald das Taubenteichbiwak.

Über den Schneeberg

1,5 km hinter dem Biwak verlässt man den Grenzpfad nach Süden (CZ) bis zu einem Bauernhof. Dort 2 km auf Teerweg bis über die Straße Děčin-Tisá und auf Wanderweg über den Schneeberg (Einkehr, Aussicht). Dahinter kurz an der Straße, dann rechts auf Forstpiste nach Ostrov.

Zur Kamphütte

Die zweitschönste Etappe führt vom Zeltplatz bis kurz vor die Felsenstadt von Tisá (s. Tipps) und auf schmalem Pfad oberhalb der Tisáer Wände zum Zeisigstein (Aussicht mit Gipfel-buch). Danach durch dichten Wald zur Kamphütte. Kurz davor unbedingt auf den ausgeschilderten Sachsenstein steigen bzw. leitern, er bietet eine tolle Aussicht ins Bielatal.

Durchs Bielatal

Von der Hütte führt ein Pfad ins Bielatal, vorbei an Quellen, Höhlen und irren Felstürmen – die beste Forststeig-Etappe! Nachdem man dem Bielatal entstiegen ist, folgt man dem etwas weniger attraktiven Weg zur Rotsteinhütte. Dahinter wird’s aber wieder schön: an Rot- und Katzenstein vorbei geht es zum Spitzstein und gleichnamigen Biwak.

Ins Felslabyrinth

Vorbei an einem Waldtümpel erreicht man auf schönem Pfad den Lampenstein (Blick auf Quirl, Pfaffen- und Papststein). Wer Wasser braucht, verlässt kurz danach den Forststeig und geht durch den Ort Bielatal zum Langenhennersdorfer Felslabyrinth und danach zum Nikolsdorf-Biwak.

Über Pfaffe und Papst

Die Schlussetappe ist ein Juwel! Erst recht, wenn man den Pfaffenstein »mitnimmt«. Dazu wechselt man hinter dem »Quirl« vom Forststeig auf den Malerweg. Er führt über den Pfaf-fenstein (Einkehr, Barbarinenaus-sicht) zum Gohrischstein. Hier geht’s wieder auf den Forststeig und über Papststein und Kleinhennersdorfer Stein nach Kleinhennersdorf und mit dem Bus 244 nach Kleingießhübel.

Was ihr vor der Trekkingtour auf dem Forststeig geplant haben solltet:

  • Jahreszeit: Die Biwak- und Übernachtungshütten stehen von Anfang April bis Ende Oktober offen, auch der Zeltplatz in Ostrov ist in dieser Zeit geöffnet (bitte Covid-19-bedingt vorher prüfen: podcisarem.cz/de). Da der Andrang groß ist, sollte man die Hochsaison/Ferienzeit meiden.
  • Ausrüstung: Wassersack und Wasserfilter sind essenziell, denn saubere Quellen gibt es kaum. Auch das Wasser aus den Regenauffangbehältern (an jeder Trekking-Hütte) – sofern sie noch welches enthalten – muss ge-filtert werden. Ebenfalls Pflicht: Isomatte und Schlafsack (auch für die Hütten) sowie Kocher, Besteck, Proviant und Mückenmittel.
  • Trekking-Tickets: Für die Trekking-Camps und -Hütten auf dem Forststeig benötigt man »Trekking-Tickets«, die man vor Ort entwertet und bei Kontrollen vorzeigt. Ein Ticket kos-tet 5 € (Zelt/Biwak) und 10 € (Hüt-te), Kindertickets je 1 €. Man kann die Tickets in Bad Schandau und Umgebung oder auch online auf forststeig.de erwerben (hier gibt es auch eine Liste der Verkaufsstellen).
  • Mit Hund: Der Forststeig führt durch Landschafts- und Naturschutzgebiete der Sächsisch-Böhmischen Schweiz, eine Leine sollte also mit. In die Biwakschachteln und Hütten dürfen keine Hunde, auf den Trekking-Camps sind sie erlaubt, ebenso auf dem Zeltplatz in Ostrov (da auch im Restaurant – wenn sie sich mit der Hündin des Besitzers verstehen). Die Wege sind für Hunde gut begehbar, es gibt auf dem Forststeig aber kurze Leiterpassagen (evtl. Geschirr anlegen).
  • Literatur: Forststeigführer, 2018, 20,90 €, Berg- & Naturverlag Rölke (sehr informativ). Unterhaltsam: Der Bergsteiger in der Sächsischen Schweiz von Rudolf Fehrmann, 2002, Reprint der Originalausgabe von 1908, 18,90 €, fehrmann-fuehrer.de

Unterkünfte auf dem Forststeig in der Sächsisch-Böhmischen Schweiz:

Trekking-Camps/Hütten: Seit 2020 gibt es (statt vorher vier) sechs Biwaks sowie fünf Hütten. Die Benutzung ist nur mit Ticket (s. o.) erlaubt – und nur in der Zeit von 16 bis 10 Uhr, beides wird kon trolliert. Es gibt weder Strom noch Besteck, Abfalleimer oder Klopapier – aber immer eine Komposttoilette.

Zeltplatz/Pensionen: Der Zeltplatz in Ostrov liegt idyllisch, ist aber im Sommer oft über-voll. Alternativ bietet sich das benachbarte Hotel Ostrov an (hotelostrov.com) oder, zwei Wanderstunden weiter, das »Refugio« in Tisá (refugio.cz, sehr schön, mit kleinem Outdoorshop und toller Küche).

Elbsandsteingebirge - Forststeig - Wandern
Boris Gnielka
Auf den Trekking-Camps gibt es nur aufgefangenes Regenwasser – Abkochen ist Pflich.

Hier lässt es sich gut Essen und Trinken:

Auf tschechischer Seite: Gutes, günstiges Bier gibt es am Aussichtsturm auf dem Schneeberg, leckere Mahlzeiten im Zeltplatz-Res-taurant in Ostrov und im Refugio in Tisá. Aufgrund vieler Kletterer bieten beide auch vegane Speisen an.

Auf deutscher Seite: Hier empfehlen sich die Ottomühle im Bielatal (ottomuehle.de) und – vor allem für Veggie-Gourmets – die urigen Bergwirtschaften auf Pfaffen- und Papststein (pfaffenstein.com, berggast.de)

Elbsandsteingebirge - Forststeig - Wandern
Boris Gnielka
Dichte Wälder und hohe Felsen prägen das Landschaftsbild auf dem Forststeig im Elbsandsteingebirge.

Noch mehr Eindrücke vom Forststeig im Elbsandsteingebirge

Hallo, hier Zschirnstein, hallo?« schallt es durch den eben noch totenstillen Wald. Tatsächlich erwarten wir jeden Moment das Gipfelplateau des Großen Zschirnsteins, als sich dieser offenbar persönlich vorstellt. »Sind eben höfliche Berge, hier tief im Osten«, erklärt meine Frau Katleen. Weiter östlich geht zumindest in Deutschland kaum, befinden wir uns doch in Wurfweite der tschechischen Grenze: auf der »Forststeig« genannten, erst 2018 eröffneten Trekking-Tour. Sie führt in sechs bis acht Tagesetappen über 100 Kilometer durch die Sächsisch-Böhmische Schweiz und beschreibt einen fast geschlossen Rundkurs. Gestartet wird in Schöna oder Kleingießhübel. Das Schöne: Man darf – auf speziell dafür angelegten Camps – im eigenen Zelt übernachten. Daneben gibt es fünf Selbstversorger-Hütten. Angelegt wurde der Weg so, dass er selbst kleine Orte meidet und fast nur auf sonst kaum genutzten schmalen Pfaden durch zum Teil wild wuchernden Wald führt – ideal für TrekkingFans, die aus Zeit-, Budget- oder Flugschamgründen ihren Kanada oder Schwedenurlaub ins eigene Land verlegt haben oder für Naturliebhaber, die es gerne ruhiger haben, als man es von der anderen Elbseite der Sächsischen Schweiz kennt. So treffen wir die ersten Wanderer erst zwei Stunden nach dem Start: am Großen Zschirnstein. Kein Wunder bei dem umwerfenden Panorama auf den spätherbstlich gefärbten Wald. Nur einem Typen in Trainingsjacke ist die Aussicht schnuppe. Er nestelt neben mannsgroßen Antennen, die er offenbar auf seinem Fahrrad heraufgeschoben hat, an einem Kasten mit vielen Knöpfen herum: »Hallo, hier Zschirnstein, hallo?!«

Ganz alleine durch finsteren Forst

Doch schon auf dem Abstieg sind wir wieder für uns alleine – und von Wald umschlungen. Laubschubsend folgen wir dem schmalen blätterbedeckten Pfad bis zur tschechisch-deutschen Grenze, die sich durch weiß bemalte Grenzsteine verrät. Sie überragen die fast hüfthohen Farne nur knapp und markieren den wenig benutzten Weg. Nebel zieht durch den skandinavisch anmutenden Mischwald. Wir streifen durch flammfarbene Heidelbeerbüsche, rostrotes Sumpfgras, überqueren gluckernde Bäche und balancieren an den moorigen Passagen über Holzplanken. »Wie in Schweden – leider passt auch das Wetter«, sagt Katleen und zieht die Kapuze über. Es regnet leicht. An einer Quelle frischen wir die Wasservorräte auf, sind wir doch gleich am ersten Camp, dem Taubenteichbiwak. Dort sitzt schon jemand zwischen Minizelt und kastenförmiger Biwakschachtel und kocht Tee. Daniel, wie er sich vorstellt, wollte mal raus aus Berlin, Ruhe und Einsamkeit genießen. So wechseln wir nur wenige Worte, verschwinden bald in unser Zelt, kuscheln uns an unsere bereits schnarchende Hündin Perla und hören nur den Regen leise aufs Stoffdach sprühen.

Am nächsten Morgen ist es steif gefroren, dicker Reif überzuckert das hohe Gras. Erst jetzt merken wir, dass gestern Abend noch zwei Wanderer gekommen sind. Sie haben das seltsame Kastenbiwak aufgeklappt und bezogen. »Hat ganz schön reingeweht und -geregnet, gibt ja keine Tür«, sagt Kevin, als er seinen Schlafsack zum Trocknen ausbreitet. Sein Wanderpartner Hubert steht etwas abseits und fotografiert den in der Morgensonne dampfenden Taubenteich für seinen Reiseblog (wanderlaus.de): »Schön hier, erinnert mich ein wenig an meine Zeit in Kanada«. Okay, Bären gibt es hier zwar keine, und der 723 Meter hohe Schneeberg, den wir heute überschreiten wollen, ist im Vergleich zu den Gipfeln der Rockies eher eine Bodenwelle. Doch manchmal kann man sich auf dem Forststeig wirklich wie im hohen Norden fühlen. Vor allem jetzt Mitte Oktober, wenn das Schneeberg-Gipfelplateau mit seinen Lärchen, Birken und dem rotgelben Heidekraut wie eine Festung aus einem schier endlosen Wald im Indian-Summer-Kleid ragt.

Eine holländische Enklave mitten in Kanada

»Gut, dass ihr erst jetzt kommt«, begrüßt uns eine dreadgelockte Wirtin auf dem Campingplatz in Ostrov – den wir zwei Stunden nach dem Schneeberg erreichen. »Bis Ende September ist es nämlich richtig voll hier, auch wegen der vielen Kletterer«. Heute sind wir die Einzigen auf dem Zeltplatz, und selbst im dazugehörigen Restaurant Pod Císařem sitzt nur eine Familie – vor riesigen Bierkrügen und zwischen Bastkörben voller frischer Steinpilze. Der Kamin lodert, aus den Boxen wummert Reggae, Haushund Zara, ein hochbeiniger Französischer Schäferhund, kommt aus der Küche und legt sich neben uns auf die Bank und zwischen abgewetzte »Legalize«-Heftchen mit HanfblattCover. Da geht plötzlich die Tür auf und ein Hüne in Latzhose und Holzfällerflanellhemd stampft mit seiner riesigen Kettensäge in die Küche, um kurz darauf mit einem Benzinkanister durch die Tür in die Dunkelheit abzutauchen. »Wie in Kanada«, witzelt Katleen.

Wanderung auf dem Forststeig im Elbsandsteingebirge
Boris Gnielka
Im Zeltplatz-Restaurant Pod Císarem (2. Etappe) gibt es deftige Kost und leckeres Bier.

Bei »Klášter«-Bier und Zucchinischnitzel verschaffen wir uns einen Überblick über die Etappen des Forststeigs, die wir im Großen und Ganzen bereits aus unseren vielen Kletterurlauben kennen. Nun genießen wir sie als Wanderer: Die Tour führt uns an der eindrucksvollen Felsenstadt Tisá vorbei zu den Sandsteintürmen von Rajec, folgt dann dem Grenzverlauf bis zum Zieselstein, der sich über eine Leiter erklimmen lässt, und verläuft danach auf deutscher Seite bis zur Kamphütte. Als wir nach rund fünf Stunden Waldeinsamkeit ihre Tür öffnen, schlägt uns bollernde Wärme entgegen. »Da seid ihr ja wieder«, begrüßen uns »Wanderlaus« Hubert und sein Freund Kevin. Die beiden haben es sich bereits gemütlich gemacht, den Kamin angefeuert und sich vom Förster, der kurz vorbeischaute, die »Trekking-Tickets« zeigen lassen. Dabei handelt es sich um Voucher, die man vor der Wanderung erwerben und vor Ort entwerten muss, auch auf den Zeltplätzen.Wir setzen uns zu den beiden in das holzvertäfelte Kaminzimmer, das nicht mehr bietet als Bänke und Tische, eine Metallplatte für die Kocher, Ikea-Regal und Kleiderhaken. Auch die Schlafräume erweisen sich als spartanisch eingerichtet, sie bestehen im Wesentlichen aus nackten Etagenbetten mit Holzplatte für die Isomatte. Vor der Hütte gibt es noch einen Regenwassertank und im Wald eine Komposttoilette – wie im hohen Norden.

Am nächsten Morgen sind Hubert und Kevin früh los. Wohl wissend, dass die spektakulärste, aber mit 25 Kilometern auch längste Etappe des Forststeigs auf sie wartet. Entlang unzähliger Sandsteinsäulen schlängelt sich der Pfad durch das wunderschöne und jetzt im Oktober menschenleere Bielatal. Im Sommer wimmelt es hier von Kletterern, lockt der Spot doch mit spektakulär dünnen, schiefen und bis zu 40 Meter hohen Felsnadeln und dem klaren Wasser der Biela. Als wir sie erreichen, füllen wir unsere Trinkblasen randvoll, es schmeckt einfach zu gut – und muss noch für die kommende Nacht reichen. Sie wollen wir nicht an der Rotsteinhütte, sondern lieber wieder im Zelt verbringen: auf dem Spitzsteinbiwak, das wir zwei Wanderstunden nach der Hütte erreichen.

»Hat sich gelohnt«, sagt Katleen und zeigt auf die in der Dämmerung kaum erkennbare Zeltwiese. Geschafft vom langen Tag, aber auch zufrieden über die tolle Etappe, auf der wir wieder einmal fast alleine waren, errichten wir unser Zelt und feuern den Kocher an. Fünf Grad zeigt das Thermometer, kein Laut ist zu hören. Wir löffeln Fertigmahlzeiten aus Alutüten, tröpfeln etwas Whisky in unsere teegefüllten Titanbecher – wir fühlen uns wie im Trekking-Himmel. Und so bleibt es auch nächsten Tag: Bulgurbratlinge, Rote-LinsenCurry, veganer Linseneintopf, Champignon-Ragout – die hübsch im Wald gelegene Gaststätte Pfaffenstein lockt mit ungewöhnlich hippen Grünzeuggerichten. Wir sind auf der sechsten, letzten und schönsten Etappe des Forststeigs angekommen und können unser Gaumenglück nach den vielen MüsliriegelSnacks kaum fassen. Auch den Augen wird einiges geboten: die nur wenige Minuten entfernte Barbarinenaussicht mit der gleichnamigen, 43 Meter hohen Felsnadel. Der Sage nach trägt sie den Namen einer Jungfrau, die sich aus dem Gottesdienst stahl, um auf den Pfaffenstein zu steigen, wo sie von ihrer Mutter erwischt und in eine Felsäule verwandelt wurde. Man kann Barbarine verstehen – bei der umwerfenden Aussicht. Auch Kleingießhübel, unser Ausgangspunkt kurz vor dem Zschirnstein lässt sich erahnen.Schade, dass es in ein paar Stunden vorbei ist, unser kleines Trekkingvergnügen – aber wir kommen wieder. Nicht nur zum Klettern

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