Carwitz, den Carwitzer See und die Region Feldberger Seenlandschaft erreicht man am besten mit dem Auto. Von Berlin auf der A11 Richtung Norden bis Ausfahrt 8 Pfingstberg, dann auf der L24, L15 und der K7332 nach Carwitz. Öffentliche Verkehrsmittel: Von Berlin nach Neustrelitz per Bahn, dann mit dem Bus 619 nach Feldberg Schule, dann Bus 629 nach Carwitz. Dauer: etwa drei Stunden. Vor Ort ist man mit dem eigenen Auto auch am flexibelsten. Von Juni bis August gibt es zweimal täglich eine Busverbindung zwischen Carwitz und Feldberg. Für eine Kanutour auf den Feldberger Seen empfehlen wir aber das Frühjahr außerhalb der Oster- und Pfingstferien und die Nachsaison im September.
Die schönsten Kanutouren in der Feldberger Seenlandschaft
Tour 1: Von Carwitz nach Feldberg
Bei gutem Wasserstand beginnt die Tour direkt am Campingplatz Klein & Fein am Ufer des Carwitzer Sees. Von dort zunächst einige hundert Meter nach Norden paddeln und durch die Bäk hinüber in den Schmalen Luzin. Es handelt sich um einen schmalen, dschungelartigen Fließ, in dessen Verlauf man das Kanu einmal 40 Meter tragen muss. Führt die Bäk nicht genug Wasser, das Kanu an das Südende des Schmalen Luzins transportieren und dort einsetzen. Erst Richtung Norden, dann Nordosten halten und nach 6 km am Westufer des Schmalen Luzins in den Seerosenkanal einbiegen, der zum Haussee führt. Dort Richtung Nordwest zur Spitze der in den See ragenden Halbinsel, dahinter Richtung Südwest nach Feldberg. Auf selbem Weg zurück. Alternativer Rückweg: über den LuzinKanal in den Breiten Luzin, unter der Brücke des Erddamms hinweg in den Schmalen Luzin und zurück zum Campingplatz (etwa 5 km länger)
Tour 2: Carwitz – Zansen
Eine schöne Runde, die gleich am Campingplatz Klein & Fein beginnt und ohne Tragepassagen auskommt. Vom Campingplatz aus den südöstlichen Seitenarm des Carwitzer Sees ausfahren, dann am Ost- und Nordufer entlang und Richtung Norden in den langen Arm des Zansen wechseln. Diesen bis zum Ende paddeln und zurück zum Campingplatz
Tour 3: Großer Mechow-See
Vom Campingplatz nach Süden in den Dreetzsee. Man erreicht ihn über den »Hals«, einen schmalen Kanal im Schilf, der nicht immer genug Wasser zum Paddeln führt. Zum Südende des Dreetzsees, das Kanu über 550 Meter zum Krüselinsee umtragen (Bootswagen empfohlen), diesen bis zum Südende fahren, Boot 150 Meter in den Kleinen Mechowsee umtragen, Kleinen und Großen Mechowsee paddeln und auf selbem Weg zurück.
Tour 4: Wurlsee – Platkowsee
Das Städtchen Lychen liegt 15 Kilometer südwestlich von Carwitz inmitten von Seen, die sich zu einer schönen, recht langen Tour verbinden lassen. Los geht es Nordwesten von Lychen, wo der Wurlsee funkelt. Vom Campingplatz Wurlsee Richtung Südosten über den Everglades-artigen Wurlfließ in den Nesselpfuhlsee, dort Richtung Ost in den Oberpfuhlsee wechseln. Dieser Abschnitt führt durch den Mühlengraben und die eigens für Paddler gebaute Passage durch die Mühle im Ortskern von Lychen. Nun Richtung Südosten in die langgezogenen Seen Zens und Platkow. Auf selbem Weg zurück.
Literatur & Infos
Kanu-Kompass Mecklenburg-Vorpommern, Thomas Kettler, Carola Hillmann. Thomas Kettler Verlag 2020, 29,90 Euro. Enthält detailliert beschriebene Kanutouren in ganz Mecklenburg-Vorpommern.
Standardwerk ist der Tourenatlas TA 6, Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jübermann Verlag, 29,90 Euro. Anhand der Gewässerkarten können sich Kanufahrer ihre Routen selber zusammenstellen. Surfen Allgemeine touristische Informationen gibt die offizielle Website von Mecklenburg-Vorpommern: aufnach-mv.de. Aktuelle Info zum Kanufahren unter flussInfo.net
Unterkünfte an den Feldberger Seen
Viele Übernachtungsmöglichkeiten finden sich unter anderem auf der Webseite feldberger-seenlandschaft.de/uebernachten/
Camping: Auf dem weitläufigen Gelände des Platzes »Klein & Fein« herrscht zur Nebensaison angenehme Ruhe, es gibt einen Bäcker, und viele Kanutouren starten gleich am Ufer des Carwitzer Sees. Preise zur Nebensaison (8.4.—20.5., 2.6.—19.6., 30.8–25.9.): Erwachsene 6,50 Euro/Nacht, Zelt von 3 bis 6,50 Euro. Campingplatz-carwitz.de
Ferienwohnung: Zwischen Carwitzer und Dreetzer See sowie dem Schmalen Luzin liegt das »Haus Seeblick« in Carwitz. Es bietet komfortable Ferienwohnungen für zwei bis vier Personen. Preise ab 55 Euro/Nacht. haus-seeblick-carwitz.de
Restauranttipp in Feldberg: Auf der Seeterrasse des Hotelrestaurants »Altes Zollhaus« in Feldberg speist man mit Blick auf den Breiten Luzin. Fischfans sollten das Hechtfilet oder den Zander probieren. altes-zollhaus.m-vp.de
In Carwitz: Im »Café Sommerliebe« sitzt es sich wie in einem Privatgarten, und man isst viel zu viel vom hausgemachten Kuchen. Besonders gut: die verschiedenen Beerenkuchen
Kanuverleih: Hochwertige Kanus verleiht Kanatu in Priepert. Die Miete für ein Einer-Kajak beträgt 24 Euro, zwei Tage kosten 42, drei 59 Euro. Infos: Kanatu.de Etwas einfachere Boote kann man auf dem Campingplatz Klein & Fein in Carwitz leihen (s.o.). Gebühr für ein Einer-Kajak: pro Tag 20 Euro.
Adlertouren: Der Ranger Fred Bollmann hat sich über Jahre hinweg das Vertrauen zweier wilder Seeadler erworben. Wer mit ihm auf seinem E-Boot hinausfahren und bei einer Fütterung zuschauen will, erreicht ihn unter 0171/7920594. Preis pro Person/Ausfahrt: 100 Euro. Bollmann bietet auch Exkursionen zu Land an. ranger-tours.de
Tipps und der Reisebericht unseres Autors Gunnar Homann hier:
- Ins Reservat: Im ältesten Buchenwald Deutschlands, den Heiligen Hallen, darf die Natur sich ungestört entfalten. Hindurch führt ein fünf Kilometer langer Rundweg ab Lüttenhagen – eine schöne Abwechslung zum Paddeln.
- Auf den Fluss: Der Bach Küstrinchen verbindet die Feldberger mit den Lychener Seen. Eine Kanutour auf ihm lohnt, ist aber erst ab einem Wasserstand von mindestens 30 Zentimetern erlaubt. Pegeltelefon: 03 98 88/6 45 42
- Aufsteigen: Wen es im flachen Mecklenburg in die Höhe zieht, der wird den Waldseilgarten Havelberge mit seinen 7 Parcours mögen. Er liegt am Woblitzsee – 30 Kilometer ab Carwitz. haveltourist.de/hochseilgarten.html
»In Mecklenburg dauert alles fünfzig Jahre länger, sogar der Weltuntergang.« Wenn der alte Bismarck Recht hatte mit dieser Behauptung, dann steht es schlecht um unsere kleine Mission. Der Fotograf Jens Klatt und ich wollen einen Adler sehen, in freier Wildbahn, haben dafür aber keine fünfzig Jahre Zeit, sondern nur ein paar Tage auf der Mecklenburgischen Seenplatte, genauer gesagt auf den Feldberger Seen ganz im Südosten Mecklenburgs. Sie gelten unter Ruhesuchenden noch als so etwas wie ein Geheimtipp, weil es dort gemächlicher zugeht als beispielsweise im westlich anschließenden Müritz-Nationalpark, erst recht zur Nachsaison im September. Und Adler, so das Kalkül, mögen es sicher auch ein bisschen still. Unsere Kajaks schneiden in den Schmalen Luzin, einen sieben Kilometer langen, maximal 300 Meter breiten See, umkränzt von Hügeln, auf denen sich Buchen, Kiefern und Linden wiegen.
Warm liegt die Sonne auf der Haut. Die Brise lässt die Blätter rascheln, ab und zu gluckst es und ein Fisch hat sich eine Fliege geschnappt. In der Ferne steht ein Angler in seinem Ruderboot und lässt sich treiben, den Blick ins Wasser gerichtet. Alles wirkt wie in Zeitlupe, so als bestünde sonst Gefahr, dass man die Schönheit übersehen könnte. Eingesetzt haben wir unsere Boote am Südende des Schmalen Luzins in Carwitz, einem Flecken von ein paar hundert Einwohnern, in dem ältere Herrschaften auf der Bank vor dem »Café Sommerliebe« sitzen und warten, dass es öffnet. Backsteinhäuser, Sprossenfenster, ein wenig Fachwerk – das Magazin Landlust hätte in Carwitz erfunden worden sein können. Das Dorf liegt mitten in den Feldberger Seen, einem Geflecht von funkelnden Wasserflächen.
Wir haben unser Zelt auf dem örtlichen Campingplatz »Klein & Fein« aufgestellt, einem weitläufigen Gelände, auf dem es nach Kiefern duftet. Kanutouren locken von Carwitz in jede Himmelsrichtung, tagelang kann man paddeln. Wir wollen heute immer nach Norden, bis hinauf zum Breiten Luzin und wieder zurück, eine Strecke von ungefähr 15 Kilometern. Jens hat das Teleobjektiv im Anschlag, ich trage ein Fernglas um den Hals.
Immerhin jeder zehnte See-, Fisch- und Schreiadler in Deutschland soll an den großen Seen zwischen den Orten Feldberg im Norden und Lychen im Süden leben. Da sollte doch einer für uns Adler-Groupies dabei sein. Einmal im Leben soll ein Mensch einen wilden Adler gesehen haben. Sie wirken zwar ein bisschen humorlos, aber sie sehen nun einmal super aus, und privat sind sie sicher total nett. Dass sie sich nicht gerade darum reißen, dass man sie kennenlernt, geschenkt. Man muss schon hin zu ihnen, in ihre Promi-Reservate. Den Schnabel gesenkt wie eine Concorde Vorhin noch haben wir uns mit einem älteren Herrn unterhalten am Ufer des Schmalen Luzins. Er saß auf einer Bank in der Septembersonne und suchte mit seinem Fernglas den Wald ab. Rote Milane hat er von hier schon beobachtet und Schwarze, Kormorane und, ja, auch Adler: Fisch und See-. Einmal hat er sogar einen Kampf zwischen einem Storch und einem Seeadler verfolgt, der Storch hat angegriffen, den Schnabel gesenkt »wie eine Concorde«. »Ja«, hatte der ältere Herr gesagt, sein Fernglas verstaut und sich entschuldigt, er wolle heute noch Fische räuchern, und jetzt wolle er baden – nackt, wie wir feststellen, so, wie es die DDR-Tradition will.
Unter einer Brücke hinweg wechseln wir auf den Breiten Luzin, der seinem Namen Ehre macht und sich einen Kilometer breit und zweieinhalb Kilometer lang vor unseren Bugs weitet. Außer uns ist kaum jemand unterwegs. Leider auch kein Adler. Vielleicht stimmt es, wenn die Experten sagen, dass der Sommer in Mecklenburg keine gute Zeit für Sichtungen ist. Die Jungen sind längst geschlüpft, und die Adler ziehen weite Kreise: bis hoch an die Küste der Ostsee, hundert Kilometer weiter im Norden. Winter sei viel besser, heißt es. Immerhin stellt sich ein schöner Flow beim Paddeln ein. Manchmal lassen wir die Paddel sinken, vielleicht stören hektische Bewegungen die Vögel. Promis sind ja immer ein bisschen empfindlich. Wir blicken in den Himmel. Wir blicken in den Wald. Wenn wir schon keinen Adler entdecken, dann vielleicht wenigstens seinen Horst. Dann könnte man frühmorgens noch einmal kommen, wenn die Vögel angeblich am aktivsten sind. Oder vielleicht zeigt sich mal ein Milan, das wäre doch auch schon was. Aber es kommt kein Milan. Nicht einmal ein Kormoran.
Wir drehen um, zurück Richtung Carwitz. Als wir die Boote wieder an Land ziehen, haben wir nichts gesehen außer ein paar Enten. Adler. Pah! Better call Bollmann Aber die Mission lässt uns keine Ruhe. Abends setzen wir noch einmal die Boote ein, am Carwitzer See, dem östlichen Nachbarn des Schmalen Luzin. Direkt am Campingplatz paddeln wir los, keine zwanzig Meter entfernt von unserem Zelt. Die Bäume drüben am Ostufer werfen schon lange Schatten auf das Wasser, das seidenglatt und offen vor uns liegt, weit im Norden leuchten Schilfgürtel in der späten Sonne. Wir paddeln, so leise wir können. Die Kajaks gleiten in den klaren Abend, und wenn uns heute Mittag mitunter noch sommerlicher Dämmer einlullte, so sind wir jetzt hellwach.
Mitten auf dem Rund des Sees, einen Kilometer weit draußen, vielleicht anderthalb, ziehen um die dreißig schwarze Vögel über uns hinweg. Ich meine, etwas Weißes an den Köpfen erkannt zu haben, und schaue durchs Fernglas. Kormorane. Zwei Eilande liegen jetzt backbord, umgeben von dem Schilf, das vorhin noch so weit entfernt aussah. Dahinter stoßen wir auf den schmalen Zanser See, eigentlich ein Seitenarm des Carwitzers, aber so lang, dass er einen eigenen Namen führt. Wieder überholt uns in der Luft ein Schwarm Kormorane. Sie landen ein Stück weiter den See hinauf. Durchs Fernglas mache ich hunderte von ihnen auf dem Wasser aus. Ein Stück tasten wir uns noch vor, dann lassen wir die Boote auslaufen. Doch wir sind zu dicht herangefahren. Einer der Vögel erhebt sich, ein anderer folgt, und mit einem Mal rauscht die Luft von den Flügelschlägen und der Schwarm erhebt sich. Wir schauen ihm hinterher, bis er hinter einem Schilfgürtel verschwindet. Eigentlich wäre es Zeit, jetzt umzudrehen. Aber dann deutet Jens über den Wald an Steuerbord. »Schau mal.« Aus den Wipfeln hat sich ein großer Vogel gelöst und zieht seine Bahn am Abendhimmel, so niedrig, dass wir das Hellbraun und Weiß in seinen Schwingen erkennen, der Kopf fast schwarz. Für einen Bussard kommt er mir zu mächtig vor. Und ein Milan hätte einen Gabelschwanz. Ein Seeadler? Der wäre dunkler und noch größer. Ein Fischadler? Bestimmt ein Fischadler! Vielleicht will er abends noch einmal nach dem Rechten sehen in seinem Revier, vielleicht stören wir ihn auch gerade bei einem abendlichen Beuteflug. Wohl eine Minute lang folgen wir dem stolzen Vogel mit unseren Blicken, dann dreht er ab und verschwindet mit wenigen Flügelschlägen über dem waldigen Hügel am Ostufer.
Mission erfüllt, gleich am ersten Tag. Doch abends am Lagerfeuer kommen Zweifel auf. Ziehen die Fischadler hier nicht in den Süden? »Morgen werden wir es wissen«, sagt Jens. Denn da treffen wir Fred Bollmann, und der weiß alles über Adler. Er kennt sogar zwei persönlich. Schlag acht Uhr morgens fährt er am Seegasthof »Altes Zollhaus« am Breiten Luzin vor und nimmt uns mit auf seinem etwa zehn Meter langen Elektroboot. Im Heck liege Aale, Plötzen und Brachsen bereit, hungrig beäugt von Bollmanns Terrier Benny. Bollmann, Mitte fünfzig, bärtig, Camouflage-Jacke, arbeitet ehrenamtlich als Schutzgebietsbetreuer im Naturpark Feldberger Seen. Aber man kennt ihn nur als den Adlermann und Inhaber seines Einmannbetriebs Ranger Tours. Sein ganzes Leben dreht sich um Adler, seit er 1990 am Westufer des Breiten Luzins in einer Kiefer auf 23 Meter Höhe einen Horst für einen Fischadler baute, um eines der Tiere an die Feldberger Seen zu locken.
Zehn Jahre hat es gedauert, bis sich endlich eines einnistete. »Aber das ist dann in den Süden gezogen, und als es zurückkam, hatte ein Seeadler das Nest besetzt«, erzählt Bollmann, während er das Boot bis auf ein paar hundert Meter an das Westufer des Breiten Luzins heransteuert. Fast täglich fuhr Bollmann raus auf den See und warf dem Adler Fische zu. So gewann er sein Vertrauen. Vor allem Aale standen hoch im Kurs – und so kam Aalfred I. zu seinem Namen. Das zugehörige Weibchen taufte Bollmann Aaleen. Seit einigen Jahren lebt es mit einem neuen, jüngeren Lover am Breiten Luzin, Aalfred II. Beide mögen die Fische, die Bollmann ihnen vom Boot aus in hohem Bogen aufs Wasser schleudert, zur Freude von Fotografen, Schulklassen und Touristen. »Da kommen sie«, ruft Bollmann und deutet zum Ufer. Wir sehen die Adler vor lauter Bäumen nicht, aber warte mal, doch, da bewegt sich was. Wie langsam sie mit ihren Flügeln schlagen, denke ich noch, da sind sie schon da. Stellen die Schwanzfedern auf, fahren ihre Fänge aus und krallen ihre Beute und fliegen wieder auf. Die Möwen, die eben noch frech die ersten Fische weggeschnappt haben, halten jetzt respektvollen Abstand.
Aaleen ist eine ausgewachsene Seeadlerdame – zwei Meter fünfzig Spannweite erreichen die Weibchen und wiegen sechs bis sieben Kilo; die Männchen sind etwas kleiner. Und wenn sie finden, dass eine Möwe oder ein Milan ihnen etwas weggeschnappt hat, dann folgen sie ihnen, bis sie es wieder ausspucken, sagt Bollmann. Heute haben die Möwen Glück, wahrscheinlich gibt es gerade genug zu fressen.
Zweihundert Gramm Nahrung brauchen Seeadler, um kein Hungergefühl mehr zu haben. Doch wenn es sein muss, kommen sie auch vierzehn Tage lang klar, ohne zu fressen. Zwei Drittel ihres Bedarfs decken sie mit Aas, der Rest ist Lebendfang. Seeadler jagen Wasservögel bis zur Größe eines Kranichs, im Winter stehen Enten und Blesshühner auf dem Speiseplan. Bollmann erzählt, nebenbei wirft er immer neue Fische, Aaleen und Aalfred II. setzen zu immer neuen Runden an. Der Ranger legt Wert darauf, dass die beiden auch ohne sein Catering leben können, »es sind wilde Tiere«. Und er ist stolz, dass sie immer wieder brüten und so die Bedrohung der Art etwas sinkt. Wenn alles gutgeht, werden Seeadler 25 bis 35 Jahre alt. Früher waren Insektizide wie DDT und Pestizide in Mecklenburg eine Gefahr für sie. Die Schalen der Eier wurden so dünn, dass sie bei der Brut zerbrachen.
Heute verenden viele Greifvögel an bleihaltiger Jagdmunition, die sie über ihre Beutetiere aufnehmen. Trotzdem steigen die Zahlen. Langsam zwar, aber immerhin: Zehn Paar Seeadler leben zur Zeit allein im Naturpark Feldberger Seen, und zehn Paar Fischadler. Einen davon haben wir gestern gesehen. Oder? Auf der Terrasse am »Alten Zollhaus« beschreiben wir Bollmann unsere Sichtung. Er nickt. »Gut möglich, dass das ein Fischadler war«, sagt er. »Es ziehen längst nicht alle in den Süden, und ein paar sind noch hier.« Nimm das, Bismarck.