Schneeschuhtour im Emmental - zur Hohganthütte - Schweiz

Trapper-Feeling in der Schweiz
Schneeschuhtour zur Hohganthütte

In einem einsamen Blockhaus übernachten – dafür muss man nicht nach Kanada. Es reicht auch eine Schneeschuhtour auf der Lombachalp in der Schweiz mit Übernachtung in der Hohganthütte.

Schneeschuhwandern in der Schweiz
Foto: Iris Kürschner

Wie sieht die Route aus?

1. Tag: Lägerstutz (1559 m)– Hohganthütte (1805 m), WT2, 3 h, ↗ 470 Hm, ↘ 224 Hm

Route: Vom Parkplatz Lombachalp folgt man den Markierungsstangen links auf den Winterröscht. Nun immer den Kamm entlang über den Bolberg. Dann rechts unterhalb des Kammes über Wydegg und Spycher zu P. 1643 und zur Alp Ällgäuli. Dort zweigt der Zustieg zum Hohgant ab, ansonsten den Markierungsstangen nach zur Hohganthütte. Gipfelbesteigung Hohgant/ Furggengütsch (2197 m): WT4, zusätzlich 2.30 h, ↗ ↘ 420 Hm.

2. Tag: Hohganthütte–Kemmeriboden- Bad (976 m), WT2, 3 h, ↘ 830 Hm

Route: Von der Hohganthütte erst nordöstlich, dann östlich auf markierter Route durch die Schluecht steil nach Schärpfeberg. Dort trifft man auf den im Volksmund als »Römerweg« bekannten Abschnitt, der links nach Kemmeriboden-Bad führt.

Wie komme ich ins Emmental?

Mit dem Zug bis Interlaken, dann Postauto bis Habkern. Von dort fährt der Bus Alpin, ein Shuttlebus (9.30/10.30/ 12.30 Uhr), zur Lombachalp. Fahrten außerhalb des Plans auf Anfrage beim Sporthotel Habkern 0041/338431343.

Wo kann ich mich informieren?

Auf der Website von habkern.ch erhält man alle wichtigen Informationen zur Lombachalp. Bitte auch die Verhaltensregeln für Schneeschuhgehen lesen und unterwegs beherzigen.

Welche Ausrüstung brauche ich?

Schneeschuhverleih im Restaurant Jägerstübli am Lägerstutz.

Wo übernachten?

Hohganthütte, Anmeldung online, man bekommt einen Türcode zugewiesen (CHF 30/Nacht für Nichtmitglieder), sac-emmental.ch. Hotel Kemmeriboden, ab CHF 160, kemmeriboden.ch

Wie kann ich mich vor Ort orientieren?

LK 1:50:000, Blatt 254S Interlaken. Allein mit dem Faltplan »Winterinformationen Lombachalp«, den man beim Lägerstutz mitnehmen sollte, käme man auch aus. Fehlendes Ministück Schärpfeberg–Kemmeriboden wäre ansonsten bei Blatt 244 Escholzmatt zu finden.

Die Reisestory der Schneeschuhwanderung

Das Knistern des Feuers in den Ohren, die Hände wärmen sich an einem Becher voll dampfendem Tee, der nach Zimt duftet. Ein Petroleumlicht erhellt die gemütliche Holzstube. An den Fenstern kleben Eiskristalle, als wollten sie die Landschaft draußen in einen festlichen Rahmen kleiden. Der Blick aus unserem Blockhaus verliert sich in Wogen von Nadelwäldern und Schneebergen. Es steht nicht etwa in Kanada, sondern mitten in den Schweizer Bergen. Einsam und nichts drum herum als die pure Natur.

Entdeckt haben wir die Hohganthütte durch Zufall. Kaum eine Winterauszeit, die sich romantischer verbringen ließe als in dieser Selbstversorgerhütte. Sie liegt im Naturschutzgebiet Hohgant-Seefeld, am Rande einer Wildruhezone, weshalb sich hier wunderbar Tiere beobachten lassen. Sogar die Balz der Birkhühner, die meist im März beginnt und bis in den Juni dauern kann, spielt sich in nächster Nähe ab. Ihren Hochzeitstanz, ihre Rivalenkämpfe dürfen wir direkt von der Hütte aus bestaunen.

Orientierung im Schutzgebiet

Wir waren aus Neugier von Interlaken zur Lombachalp heraufgekommen. Ein Terrain etwa so groß wie Würzburg, umgeben von den Bergspitzen des Berner Oberlands. Nebel wabert in aller Herrgottsfrühe durch die weite Wanne der Lombachalp, im Norden begrenzt vom mächtigen Kalkstock des Hohgant, im Süden vom Augstmatthorn und der nach Osten bis zum Brienzer Rothorn ziehenden Kette. Hier im Quellgebiet von Lombach und Emme breitet sich eine fragile Hochmoorlandschaft aus, 86 Quadratkilometer groß. Beim Parkplatz am Lägerstutz südlich des Schutzgebietes hatten wir uns gewundert, warum da dieser drahtige Kerl mit Schneeschuhen erst in die eine Richtung rennt, dann zurückkommt, um in die andere Richtung zu rennen, und wenig später wieder zurückkommt.

Als Lukas Schärer stellt er sich uns vor, Ranger des Wild- und Naturschutzgebietes Lombachalp. Nach Neuschnee legt er gerne schon mal vorsorglich den Start der zwei einzigen erlaubten Schneeschuhrouten auf der Lombachalp zur leichteren Orientierung. Eine Traumlandschaft, durch die vielleicht nicht das Gurren von Raufußhühnern, das Röhren von Hirschen, der Schrei eines Adlers hallen würde, gäbe es keinen Naturschutz. Wegen ihrer Trittempfindlichkeit und Seltenheit stehen Hochmoore ganzjährig unter Betretungsverbot. Damit wird der Lebensraum für seltene und bedrohte Tierarten gewahrt – vor allem gefiederte. Die Lombachalp zählt zu den sogenannten Vogelgebieten von internationaler Bedeutung.

Mit Rücksicht auf die Natur

Weil die Lombachalp gerade auch im Winter Erholungssuchende anzieht, entwickelte man im Jahr 2007 ein Lenkungskonzept, stellte einen Ranger ein und versucht seitdem, mit Aufklärung Tourismus und Naturschutz verträglich aufeinander abzustimmen. So versteht sich Lukas Schärer nicht als Sheriff, wie er anfangs gerne genannt wurde, sondern vor allem als Informationsgeber, die Besucher zu sensibilisieren. Und auf vorgegebenen Wegen darf man sich hier auch bewegen: Es gibt eine Loipe und einen Winterwanderweg. Damit auch Schneeschuhgänger ihren Leitfaden haben, markiert man ihnen zwei Routen. Freilich muss Lukas gelegentlich etwas härter durchgreifen, wenn sich Freigeister partout nicht an die Einhaltung der Wegvorschrift halten. Vor allem auf die Auer- und Birkhuhnpopulation wirken sich Störungen im Winter gravierend aus, denn die Raufußvögel mit dem leuchtend roten Lidschatten können sich kein Fett anfressen. "Deshalb brauchen sie Ruhezonen", betont Lukas. Nicht jedem ist das klar. Heute morgen führt schon eine Schneeschuhspur wild durchs Gelände. Verärgert sperrt der Ranger mit zwei gekreuzten Plastikstangen den Abweg. Hirnlose, die ohne zu reflektieren die Natur konsumieren, mag er sich denken. Aber er behält es für sich. Eine Anzeige droht eben nur den frisch Ertappten.

Die Schneeschuhtouren beginnen am Holzchalet am Lägerstutz

Es beherbergt Käserei, Rangerbüro und das Restaurant Jägerstübli, wo man Schneeschuhe und Langlaufausrüstung mieten kann. Um Punkt zehn öffnet Elisabeth Zurbuchen die Tür zur Stube, setzt Kaffee auf, wischt die Tische ab. Erst mittags sei mit Ansturm zu rechnen und auch nur an sonnigen Wochenenden. Schon ihr Großvater habe hier oben sein Vieh gesömmert, erzählt sie. Noch werden rund um das Naturschutzgebiet fünf Alpen bewirtschaftet. Das Vieh dient nicht zuletzt der Landschaftspflege, bewahrt die Wiesen vorm Zuwachsen und sorgt für botanische Vielfalt.

Schneeschuhwandern in der Schweiz
Iris Kürschner

Zwischenstopp zum Krafttanken und Übernachten auf der Hohganthütte.

Ranger Lukas kehrt von seinem Feldzug zurück und genehmigt sich eine Pause. »Ihr wollt den Hohgant besteigen? Dann nehmt euch am besten einen Faltplan hier mit. Da sind das Schutzgebiet und die Schneeschuhrouten genau eingezeichnet«, rät er. Und hat noch einen Tipp auf Lager, der sich als Volltreffer erweisen soll: Südostseitig vom Hohgant, sagt er, ließe sich in der Hohganthütte wildromantisch übernachten, dann könne man anderntags noch auf eine feine Merängge nach Kemmeriboden absteigen ... Das Wasser scheint ihm schon im Munde zusammenzufließen. Uns ebenso, doch mehr angesichts der Schneeberge, die mit ihren scharfen, zackigen Formen die sanfte Wellenlandschaft der Lombachalp umstellen. Aber als kulinarische Hommage ein Eischnee- und Schlagsahneberg zum Abschluss, das passt.

Am Kamm entlang zur Hohganthütte

Auf 1558 Meter Höhe stapfen wir nach Nordwesten in Richtung des Winterröschts los, immer am Kamm entlang, der der Felsenburg des Hohgant entgegenstrebt. Im Rücken füllt der Berner Alpenkamm den Horizont, zu dem man sich ständig umdrehen möchte. Als wüchsen die Spitzen von Schreckhorn und Finsteraarhorn, von Eiger, Mönch und Jungfrau, von Tschingelhorn, Breithorn und Gspaltenhorn direkt aus der Lombachalp. Erst weiter im Osten hinter den Alphütten von Ällgäuli lässt sich der schluchtartige Einschnitt zwischen Hohgant und Furggengütsch einsehen, der eine Besteigung des Gipfelplateaus erlaubt. Mit Schneeschuhen kein leichtes Unterfangen, die Verhältnisse müssen passen. Falls dem nicht so ist, macht das gar nichts.

Die Hohganthütte lohnt auch schon als Ziel, wie wir schnell feststellen. Im Blockhausstil gehalten und für Selbstversorger ausgerichtet, versetzt sie in Trapperstimmung – den Ofen anfeuern, Schnee schmelzen für ausreichenden Wasservorrat und es sich gemütlich machen. Oder einfach nur vor der Hütte sitzen, das wellige Karstgelände mit seinen faszinierenden Licht- und Schattenspielen beobachten, in die Stille lauschen und vielleicht das Glück haben, dass Tiere vorbeikommen, so wie beispielsweise die Birkhühner. Ein idealer Platz, dachten sich auch die Erbauer und schufen den Stützpunkt 1948 für die Aufseher des gerade ausgewiesenen Naturschutzgebietes Hohgant- Seefeld. Damals war die Naturschutzaufsicht noch im SAC (Schweizer Alpenclub) integriert, sie wurde erst in den 1960er Jahren dem Kanton unterstellt.

Wie die Merängge zur Sahne kam

Am nächsten Tag leiten uns die Markierungsstangen durch urwüchsigen Wald in Richtung Osten steil in eine Talfalte des Emmentals hinunter zum Kemmeriboden-Bad, das während der Belle Époque ein beliebtes Kurhotel und Heilbad darstellte. Reto Invernizzi, die sechste Generation des Familienunternehmens, erzählt uns, wie mit der Entdeckung einer Schwefelquelle die Geschichte des Kurhotels begann. "Mit der Badewannen-Therapie von einst aber hätten wir nicht mit den aufkommenden Wellnesstempeln konkurrieren können", erklärt er. "Wir entschieden uns 1988 gegen einen Umbau in diese Richtung, renovierten stattdessen die Gästezimmer im Stil unseres Hauses nach den heutigen Komfortbedürfnissen und investierten in die lokale Wertschöpfung."

Das heißt, hier bekommt man Köstlichkeiten, die weitgehend im Emmental hergestellt werden, vom Büffelfleisch bis zu den weithin berühmten "Merängge". Die zweiten benötigen aufgrund ihrer Größe die tatkräftige Unterstützung eines Mitnaschers. Wie es zu dem riesigen Berg aus Baiser und Schlagsahne kam, erklärt Reto so: "Kurz bevor der Zweite Weltkrieg ausbrach, blieb der neben dem Kurhotel geführte Landwirtschaftsbetrieb auf einem Rahmüberschuss sitzen. Doch nicht lange, denn mein Großvater kreierte mit dem hiesigen Bäcker eben diese geniale Lösung." Die Badenostalgie hält ein Outdoor Hot Pot wach, der herrlich entspannt. Im Winter schmückt ein mächtiges Iglu, das als Restaurant dient, die Anlage. "Des Nachts bildet sich hier ein Kältesee", sagt Reto. Die ideale Voraussetzung, dass sich das Iglu bis in den März hält, ohne einzuschrumpfen. In einer Feuerschale züngeln Flammen, der Baum vor dem Bauernhauskomplex ist mit Lichterketten geschmückt. Schroff ragen die dunklen Felswände der Emmenschlucht in den Sternenhimmel. Derselbe wie oben am Blockhaus und doch zwei so unterschiedliche Herbergen.

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