Valle di Muggio im Tessin – alle wichtigen Reiseinfos
Als würde ein Vorhang aufgehen, den Betrachter um Jahrzehnte zurückversetzen, als noch kaum Autos auf den Straßen fuhren, die Dörfer noch ohne Neubausiedlungen auskamen und vor jedem Haus ein üppiger Bauerngarten gedieh. So wirkt es, wenn man es durch das Straßengewirr und die Einkaufszentren zwischen Mendrisio und Chiasso im südlichsten Zipfel des Tessins geschafft hat. Hinein ins Valle di Muggio.
Selbst wenn man von Norden ins Valle di Muggio möchte, geht das mit ÖV ganz leicht: Per Zug nach Capolago nahe Mendrisio, wo man in die Zahnradbahn zum Monte Generoso umsteigt. Von Mendrisio fahren Postautobusse, umsteigen in Morbio Superiore, ins Tal. Mit dem Auto geht es ebenfalls über Mendrisio und Morbio Superiore.
Orientieren: Die Kompass-Karte Lago di Como, Lago di Lugano, 1:50000, 9,99 Euro deckt das Gebiet weiträumig ab.
Detaillierter sind die Karten von swisstopo 1:25000 Blatt 1373 Mendrisio, Blatt 1353 Lugano, für je 11,90 Euro. Ungünstiger Blattschnitt, mehrere Karten nötig.
Literatur: Wanderführer Tessin, H. Bauregger, Rother 2017, 14,90 Euro. Bergwandern im Tessin, Marco Volken, AT-Verlag 2010, 11,90 Euro.
Viele nützliche Informationen findet man auf ticino.ch. Auch turismo.valledimuggio.ch bietet eine hervorragende Übersichtskarte der Wandermöglichkeiten nebst Routenbeschreibung (auf Italienisch).
Die Top-Touren im Tessiner Valle di Muggio
1 – Monte Generoso
11 km, 4 Std., 800 Hm, leicht
Von Scudellate dem Wegweiser »Erbonne« folgen. Am früheren Zollhaus vorbei und an einer Trockenmauer entlang zur Kapelle S. Antonio. Am nächsten Abzweig links Richtung Alpe di Sella, steil zum Roccolo hinauf. Bei der folgenden Gabelung rechts hinauf (kein Wegweiser!) und steil über Pianella zur Alpe di Sella. Weiter bergwärts zur Alpe Piana. Rechts den Kammpfad hinauf zum Monte Generoso (1701 m). Später den Gleisen nach Richtung Bellavista, bis ein Pfad links quert. Vorbei an der Alpe Génor zur Alpe Nadigh. Rechts steil abwärts nach Roncapiano, auf der Straße nach Scudellate.
2 – Kulturerbetour
14 km, 5 Std., 630 Hm hinauf, 890 Hm hinab, leicht
Von Scudellate zum Roccolo und auf dem Kretenweg über Sella und Piana zur Alpe Nadigh. Vorbei an der Alpe Génor nach Pianca Comune. Dort den unteren Weg nehmen, der bei der Kapelle von Cascinad’Armirone in die Teerstraße mündet. Auf ihr eine Viertelstunde entlang, dann bei P. 1105 links auf dem Karrenweg nach Pianspessa (Roccolo und Nevèra) und zur Alpe di Germania (Nevèra). Hinab nach Tur, zum Bach. Jenseits der Breggia kurzer Anstieg nach Muggio.
3 – Auf den Sasso Gordona
12 km, 4,5 Std., 800 Hm, mittel
Von Cabbio über Vallera und Croce nordöstlich nach Arla. Dem Schild »Bonello« nach steil empor und am Kamm entlang zum Rifugio Prabello, wo man essen und übernachten kann (20 Euro, prabello.it). Östlich auf den Sasso Gordona (1410 m). Vom Rifugio nordwestlich zur Alpe Bonello. Südlich auf breitem Weg durch die rechte Talseite des Val Luasca Richtung Muggio, an der Kreuzung links nach Cabbio.
4 – Talrunde
10 km, 3,5 Std., 400 Hm, leicht
Von Bruzella hinab zum Bach, über die Breggia und im Zickzack nach Casima. Auf einem Hangweg flach taleinwärts, dann kurz steil zu den Hütten von Tur dell’Alpe. Vorbei an der Kirche S. Giovanni in den Graben der Breggia und nach Muggio. Durch die Sonnenseite nach Cabbio. Hinter dem Dorf verlässt man die Straße und steigt auf breitem Weg zur Breggia ab. Weiter zur sehenswerten Mühle, zurück zum Start.
5 – Auf den Mte Bisbino
9 km, 3,5 Std., 730 Hm hinauf, 630 Hm hinab, leicht
Von Bruzella auf dem Kreuzweg nach Zöch zur Kapelle Madonna di Loreto, rechts durch Wald auf den Kamm. Ab der Sella Cavazza auf den Bisbino (1325 m), wieder zurück, auf dem Rücken nach Sagno.
Unterkünfte & Restaurants im Valle di Muggio
- Einfache Bleibe: Unterkünfte sind rar im Valle di Muggio. In Scudellate kann man günstig im Ostello (Jugendherberge) übernachten. Es wird von der Osteria Manciana betrieben und bietet nur Massenlager, pro Person 23 CHF (21,50 Euro) zuzüglich Steuer, Tel. 00 41/91/6 84 11 36.
- Fünf Sterne: Ein bezauberndes B&B findet sich in Cabbio in einem 150 Jahre alten Bauernhaus. Das Frühstück lässt keine Wünsche offen. Auf Nachfrage kocht die herzliche Gastgeberin Marisa Viviani-Chinotti auch ein Abendessen. DZ 40 Euro pro Person mit Frühstück. B&B In Val, Tel. 0041/91/6841823, cabbio.ch
- Traditionelle Küche: Einheimische schwören auf das Ristorante Lattecaldo. Für die hausgemachten Tessiner Gerichte werden hauptsächlich Produkte des Muggiotals verwendet. Erfreulich auch die Lage im Grünen außerhalb von Morbio Superiore. Mittwoch Ruhetag, ristorantelattecaldo.ch
- Charaktervoll: In die Osteria Manciana kehrt man am besten mittags ein und probiert Piera Piffarettis Ossobuchi. Raffinierte Speisen Im Dorf Sagno am Fuße des Monte Bisbino erfindet Riccardo Poggi raffinierte Kreationen wie Zucchini geräuchert im Fass auf Blumenheu, Tobinamburmus an Steinpilzen oder mit Zincarlin gratinierte Polenta. Fleischliebhaber freuen sich auf die Steaks vom Tessiner Wagyu-Rind. Lauschiger Innenhofgarten. Dienstag Ruhetag, ul-furmighin.ch
Tessin erleben
- Ecomuseum: Unbedingt vor den Wandertouren einen Blick in die Casa Cantoni in Cabbio mit ihrer gut gemachten Ausstellung werfen. Danach erlebt man das Tal um einiges intensiver. Täglich außer Montag 14–17 Uhr, Eintritt 5 CHF (3,50 Euro), Tel. 0041/91/6902038, mevm.ch
- Altes Handwerk: Die alte Mühle von Bruzella mahlt wieder und kann von April bis Oktober donnerstags und am 1. und 3. Sonntag im Monat besichtigt werden (14–16 Uhr). Sie liegt nur 15 Gehminuten von Bruzella oder von Cabbio entfernt. Das Polentamehl wird auch vor Ort verkauft.
- Fenster in die Geschichte: Am Talausgang des Valle di Muggio hat sich die Breggia tief ins Gestein gegraben. Heute führen Lehrpfade durch die Schlucht. Im Sommer bietet der Parco delle Gole della Breggia feine Badepools, parcobreggia.ch
Tipps unserer Autorin Iris Kürschner
Gin-Käse: Zincarlin ist ein Rohmilchkäse, der täglich mit Weißwein eingerieben wird. Jetzt gibt es den Gincarlin – er bekommt eine Behandlung aus Gin Bisbino, ebenfalls aus dem Tal. Nicht billig, aber unglaublich lecker.
Ameisen-Kraft: Sagno wäre in den 90er Jahren zum Geisterdorf mutiert, hätten nicht Bewohner die Genossenschaft Ul Furmighin gegründet – »Ameise«. In dem früheren Pfarrhaus isst man lecker, kann übernachten und anderntags den Monte Bisbino besteigen.
Nervenkitzel: Am Gipfelkamm des Monte Generoso befindet sich auch ein kleiner, aber feiner Klettersteig: Meist ist man auf der halbstündigen, mäßig schwierigen Via ferrata Angelino ganz allein.
Reisebericht Valle di Muggio – PDF
Unsere Route führt über kahle Hänge, die den Weitblick bis zur grünen Poebene öffnen. Im Südosten stechen Sasso Gordano und Monte Bisbino ins Auge, auch diese beiden Berge mit ihren Kämmen und Panoramen seien dringend als Wanderziele empfohlen. Zum Sasso Gordano startet man im Talort Cabbio, zum Monte Bisbino in Bruzella und streift unterwegs archaische Alpsiedlungen. Am Weg zum Monte Generoso fallen kreisrunde Gebäude auf. Wer hineinlugt, sieht, dass sie zu drei Vierteln in den Unter- grund gebaut sind, kunstvoll in Trockenmauermanier, also ganz ohne Mörtel. In diese Nevère schaufelten die Bergbauern einst den letzten Frühjahrsschnee. Gepresst und verdichtet diente er bis in den Herbst zum Kühlen der Milch. Eine geniale Lösung für das Karstgebirge, in dem kühlendes Quellwasser fehlt. "Kreisrunde Schneehäuser – und dann noch so dicht beieinander – gibt es sonst nirgends in der Schweiz", betont Silvia. Das MEVM inventarisierte rund 70 solcher Nevère, manche an die 200 Jahre alt. Schon frühzeitig im Jahr lassen sich hier Bergtouren angehen. Die schönste Zeit zum Wandern an den Sonnenhängen des Monte Generoso, schwärmt Silvia, sei jedoch Ende Mai, Anfang Juni. Dann leuchten die weißen Blütenkerzen des Affodill aus den artenreichen Trockenwiesen heraus, und die in dieser Höhe so seltenen wilden Pfingstrosen bilden rosafarbene Meere...
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