Dolomiten: Die Top-Bergtouren an der Marmolada

Dolomiten - Val di Fassa
Bergparadies an der Marmolada

Die 3343 Meter hohe Marmolada ist die »Königin der Dolomiten«. In ihrem Reich betreten Wanderer sagenhafte Pfade ...

Marmolata - Dolomiten
Foto: Jens Klatt

Marmolada – oder auch Marmolata geschrieben – ist der höchste Berg der Dolomiten und Teil der Marmolatagruppe im Trentino. Der höchste Punkt auf dem Berggrat ist die Punta Penia mit 3343 Metern – die anderen Gipfel liegen nur wenig darunter, auf 3309 Meter (Punta Rocca), 3230 Meter (Punta Ombretta), 3069 Meter (Punta Serauta) und 3035 Meter (Pizzo Serauta). Umrahmt wird die Marmolada von den drei Tälern Val Pettorina in der Provinz Belluno, dem Val di Fassa und dem Val di San Pellegrino im Süden. Im folgenden stellen wir euch die schönsten Bergtouren in diesem Dolomiten-Gebiet vor – auch als PDF zum Download:

1. Marmolata-Runde, 1

Vom Parkplatz an der Seilbahn Alba–Ciampac führt der Weg 602 zum Rifugio Contrin. Dann auf dem Weg 606 zur Forcella della Marmolada, der Marmolatascharte (2896 m). Hier steigt man in den Westgrat-Klettersteig (aka Via Ferrata Punta Penia, Hans- Seyffert-Weg) ein und erreicht nach 2,5 Stunden den Gipfel Punta Penia (3343 m). Abstieg über die Nordseite: zuerst über ein breites Schneefeld (Steigeisen!), später durch eine gesicherte Felsrinne. Kurz vor dem Marmolata-Gletscher seilt man sich zehn Meter ab. An Gletscherspalten entlang (Steigeisen!) auf ein weiteres Schneefeld und im Zickzack bergab zur Schutzhütte Ghiacciaio Marmolada. Achtung: Das Rifugio Pian dei Fiacconi ist derzeit geschlossen! Tipp: Am Anreisetag zum Rifugio Contrin aufsteigen und dort übernachten (2 h). Der Klettersteig beginnt in der Nähe.

2. Marmolata-Runde, 2

Auf dem Wanderweg Nr. 909 bergab Richtung Norden. An einer Steinruine aus dem Ersten Weltkrieg geht es links auf den Weg Nr. 619 »Strada di Russi«. Unterhalb der Nordwand der Marmolata folgt man dem einstigen Militärweg, teils stahlseilgesichert. Vorbei an einem Wasserleitsystem wanderst du in den Wald und folgst im Tal ab dem Hotel Villetta Maria dem Weg Nr. 605 nach Alba di Canazei.

3. Ombretta-Vernale

Hinter der Contrin-Hütte geht es rechts auf den Pfad Nr. 607 »Sentiero de le Cirele«. An einer Gabelung links auf Pfad Nr. 612, zum Passo Ombrettola (2854 m) und zum Rifugio Falier (2074 m). Jetzt schlägt man den Pfad Nr. 610 Richtung Norden zum Ombretta- Pass (2706 m) ein. Abstieg über das Rosalìa-Tal zur Contrin-Hütte. Erweiterung: Klettersteig »Via Ferrata d’Ombretta-Vernale« zur Ombrettaspitze; dann besser auf der Falier-Hütte übernachten.

4. San-Nicolò-Tal

Weg Nr. 608 bringt dich vom Rifugio Contrin über Wiesen und durch Lärchenwald bergauf, mit Ausblicken auf Langkofel und Marmolata-Südwand. Zum Rücken zwischen Col Ombert und dem San-Nicolò-Pass. Auf Pfad 608 hinab ins San-Nicolò-Tal, zur Hütte Baita alle Cascate. Von den Wasserfällen in der Nähe kurz bergauf, rechts auf Pfad Nr. 609 und durch das Ombert-Tal zum Pasché-Pass (2494 m). Weiter auf Weg Nr. 609 bis zur Kreuzung mit Weg Nr. 607. Auf diesem links zum Rifugio Contrin.

Tipps zu Anreise & Übernachtungen

Hinkommen
Am einfachsten ist das Val di San Pellegrino mit dem Auto zu erreichen. Von München geht es via Innsbruck über die Brennerautobahn bis Ausfahrt Bozen/Nord, dann via SS 241 zum Karerpass und ins Val di Fassa/Fassatal. In Vigo di Fassa auf der SS 48 Richtung Moena und SS 346 nach San Pellegrino. Bahnreisende fahren bis Ora-Auer und besteigen dort den Bus nach Passo San Pellegrino. Der nächste Flughafen liegt in Bozen.

Mobil vor Ort
Wer Zeit mitbringt, gelangt per Bus vom Fassatal ins Val di San Pellegrino. Schneller ist man per Taxi. Buchung z. B. bei taxiautosella.it

Orientieren
Dolomitenwege sind in der Regel vorbildlich markiert und ausgeschildert. Mit der Kompass-Karte 686 »Val di Fassa – Marmolada, Gruppo di Sella, Catinaccio/Rosengarten « sind Bergwanderer gut beraten (1:25.000, 10 Euro).

Informieren
Das Rother-Wanderbuch »Dolomiten 8« von Franz Hauleitner enthält Infos zu den süd.stlichen Dolomiten (14,90 Euro). Auf der Website des Tourismusverbandes finden Urlauber zahlreiche Tipps zu Unterkünften und Touren: fassa.com

Erleben
Im Ersten Weltkrieg entstand im Marmolada-Gletscher eine Eisstadt. Europas höchstgelegenes Museum in der Seilbahnstation Serauta (2950 m) erinnert daran: museo marmoladagrandeguerra.com

Im Sport Check Point Canazei lassen sich allerhand Aktivitäten buchen, die Liste reicht von Wanderreiten über Gleitschirmfliegen bis zu Kletterkursen. Info: fassasport.com

Beste Zeit
Die Wandersaison reicht je nach Winter vom späten Frühjahr bis in den Herbst. Die meisten Hütten haben von Juni bis September offen.

Unterkünfte:
Das Hotel Albergo Miralago liegt direkt am Lago di Pozze in San Pellegrino. Entspannung bietet der Wellnessbereich mit Whirlpool und Sauna. DZ ab 55 Euro pro Person. albergomiralago.com

Das urige Rifugio Flora Alpina zwischen San Pellegrino und dem neun Kilometer entfernten Falcade liegt im Wanderparadies: Vor der Tür führen Wege in alle Richtungen. DZ ab 62 Euro/Person. floralpina.it

Camping:
Wem Zelt und Isomatte lieber sind, der findet mit Catinaccio Rosengarten einen idyllisch gelegenen Campingplatz bei Pozza di Fassa, 18 km von San Pellegrino. Stellplatz um 30 Euro pro Nacht für zwei Personen. cantinacciorosengarten.com

Empfehlenswerte Hütten & Restaurants

od 0219 Dolomiten Marmolada - Pizza
Jens Klatt
Dolomiten - Hütte - Pizza

Regionale Hüttenkost
Das auf 2074 Metern gelegene Rifugio Falier befindet sich am Fuß der ca. 800 Meter hohen Marmolada- Südwand und ist für seine reichhaltige regionale Küche bekannt. rifugiofalier.altervista.org

Ganz klassisch: Pizza
Im Ristorante Rosa Nera genießt man Pizzen im modernen Ambiente im Zentrum von Falcade. rosa-nera.business.site

Ausgezeichnete Küche
Das Alle Codole in Canale D’Agordo (5 km westlich von Falcade) verfeinert klassische Gerichte mit viel Kreativität. Das Restaurant besitzt einen Michelin-Stern. allecodole.eu

Weitere Tipps

1. VOM PELLEGRINOPASS INS FASSATAL - 17 km, 2 Tage, 1570 Höhenmeter hinauf, 1440 Höhenmeter hinab, mittel
Die Zweitagestour führt vom Pellegrino- Pass über einen Schotterweg zuerst zum Rifugio Fuciade und dann auf Weg Nr. 607 zum Pas de la Cirèle auf 2683 Meter, dem höchsten Punkt der Tour. Danach steigt man über Geröll zum Rifugio Contrin ab. Hier wartet neben einer Übernachtungsmöglichkeit auch richtig leckeres Essen auf Wanderer. Am nächsten Tag immer Richtung Westen halten, bis zum Rifugio Passo San Nicolo. Von dort schlängelt sich der Weg über eine Kette von Zweitausendern bis zum Rifugio El Zedron. Hier bringt einen ein Lift ins Fassatal. Wanderer mit genug Ausdauer können auch auf dem Weg Nr. 643 absteigen.

2. CIMA D’UOMO - 11 Kilometer, 6,5 Stunden, 1160 Höhenmeter hinauf, mittel
Wer vom Pellegrino-Pass bzw. vom Restaurant Cima dell’Uomo auf die Cima d’Uomo (3010 m) will, sollte neben Trittsicherheit und Kondition auch Helm und Klettersteigausrüstung mitbringen. Der anfangs bequeme Weg geht später in den mittelschweren Klettersteig Alta Via Bepi Zac über und folgt den Felsflanken des Costabella-Kamms. Sogar ein kleines Kriegsmuseum ist hier in einem der Stollen eingerichtet. Über geröllige Serpentinen und zum Schluss Almwiesen kehrt man zum Restaurant und zum Pellegrino-Pass zurück.

3. PUNTA PENIA (3343 m) - 9 Kilometer, 5 Stunden, 1580 Höhenmeter hinauf, schwer (K2-K3)
Die Tour beginnt am Rifugio Contrin und führt über den Westgrat- Klettersteig (Hans-Seyffert-Weg) auf den 3343 Meter hohen Gipfel der Punta Penia, des höchsten Bergs des Marmolada-Massivs. Für die Überquerung des Marmolada- Gletschers braucht man Gletscherausrüstung und alpine Erfahrung; alle anderen nehmen den Steig als Rückweg. Im Rifugio Pian di Fiacconi kann man eine Rast einlegen, ehe es zum Rifugio Contrin zurückgeht.

4. MARMOLADA SÜDWAND - 10 Kilometer, 3,5 Stunden, 600 Höhenmeter hinauf, leicht
Am Westende des Ombretta-Tals, am Fuß der Marmolada-Südwand, steht das Rifugio Falier, das vor allem Kletterer und Bergsteiger ansteuern. Die Hütte ist auch für Wanderer ein lohnendes Ziel, alleine wegen der Aussicht auf die über fünf Kilometer breite und bis zu 800 Meter hohe Marmolada- Südwand. Die Tour beginnt in Malga Ciapela und führt bis zur Hütte. Zurück wie hin.

Dolomiten - Marmolada - Reisebericht

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Jens Klatt

Ob das Wetter hält? »Betet zur Heiligen Jungfrau«, sagt Giuliano, unser Bergführer, und parkt seinen klapprigen Geländewagen am Pellegrino-Pass neben einer Gruppe Rennradfahrer. Giuliano kennt die Dolomiten wie seine Westentasche, schließlich ist er in diesen Bergen aufgewachsen und führt seit 1984 Wanderer und Skifahrer durch seine Heimat. »Das Marmolada-Massiv, wie wir es in den nächsten Tagen von Süden sehen, hängt als selbstgemaltes Ölbild über meinem Bett«, sagt der wettergegerbte Guide und lächelt.

Überzeugt, der Mann ist mit Herzblut bei der Sache. Wir freuen uns auf vier Tage wandern mit ihm. Die Felstürme und Gipfel der Dolomiten, die bisweilen an Backenzähne und Sägeblätter erinnern, zählen zu den schönsten Bergen der Erde. Als die UNESCO im Jahr 2009 einem Großteil der Region den Status »Welterbe« verlieh, begründete sie ihre Entscheidung so: »Die erhabenen, monumentalen und farbenreichen Landschaften der Dolomiten haben seit jeher eine Vielzahl von Reisenden fasziniert und waren Quelle zahlreicher wissenschaftlicher und künstlerischer Interpretationen. «

Und nirgendwo werden die Dolomiten höher als in der Marmolada-Gruppe zwischen den Regionen Venetien und Trentino- Südtirol – Grund genug für Fotograf Jens, unseren Kumpel Sebastian und mich, sie anzusteuern. Richtig spektakulär liegt auch unser heutiges Tagesziel, das Rifugio Contrin: Es schmiegt sich an den westlichen Fuß der Punta Penia, mit 3343 Metern der höchste Gipfel des Marmolada-Massivs und damit der gesamten Dolomiten.

Nach einer Nacht auf der Hütte wollen wir über eine Kette von Zweitausendern Richtung Westen ins Fassatal steigen – immer auf und ab, über Geröll, an bizarren Felsen vorbei und zum Schluss durch saftige Almwiesen. Die Zweitagestour ist ein guter Auftakt für unsere Dolomitenwoche, fordert uns aber auch Kondition für rund 17 Kilometer und 1600 Höhenmeter ab.

Noch bei Sonnenschein, aber schon verschleiertem Himmel folgen wir vom Pellegrino-Pass aus vier Kilometer lang einem breiten Weg, dann zieht uns der Kaffeeduft am Rifugio Fuciade magisch an. Will Giuliano uns noch etwas schonen? Normalerweise ist er ein ruhiger Typ, aber als er uns beim Cappuccino erklärt, welche Touren er noch in petto hat, wirkt er für seine Verhältnisse fast aufgekratzt.

»Morgen fahren wir vom Fassatal mit dem Bus nach San Pellegrino zurück und machen den Klettersteig auf die Cima d’Uomo. Und am letzten Tag sind wir im Ombrettatal noch mal direkt an der Marmolada-Südwand.« Er fährt mit dem Finger auf der Karte die Wege nach, alle im Dreieck zwischen den Orten Canazei, Moena und Falcade. Schon der Blick auf diese schmalen Pfade und erhabenen Gipfel weckt die Lust, sofort weiterzuwandern. Und das sollten wir auch: »Wenn wir trocken in der Hütte ankommen wollen, müssen wir uns beeilen«, drängt Giuliano. »Für den frühen Abend ist Regen gemeldet.« Schnell den Milchschaum aus der Tasse löffeln und dann los.

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Jens Klatt
Der Grat hinter dem L’Veie-Gipfel erlaubt entspanntes Wandern mit Traumblicken.

Wir folgen dem Wanderweg Nr. 607 nach Norden zum Rifugio Contrin. »Beeindruckende Aussichten öffnen sich von der steinernen Terrasse auf das Marmolada-Massiv«, steht in meinem Wanderführer. Das klingt doch schon mal gut. Nach wenigen Schritten gerät der grüne Kessel des Pellegrino-Tals in Vergessenheit: Felswände ragen vor uns auf, und dahinter zeigt sich unnahbar die Südseite der Marmolada, auch bekannt als die »Königin der Dolomiten«. Sie trägt den einzigen größeren Gletscher des Gebiets, und auf ihrem Gratrücken stehen fünf Dreitausender Wache, deren Flanken nach Süden gut 800 Meter tief ins Ombrettatal abbrechen. Neben der Punta Penia recken sich von West nach Ost die Punta Rocca, die Punta Ombretta, der Pizzo Serauta und die Punta Serauta empor.

Vom Rifugio Fuciade windet sich der Weg durch ein Kar voller Geröll in weiten Kurven zu einem Pass empor. »Eine Blendwirkung wie ein Karibikstrand«, sagt Sebastian und setzt die Sonnenbrille auf. Interessanter Vergleich, denn tatsächlich laufen wir über Boden, den vor 200 Millionen Jahren das Urmeer Tethys bedeckte. Wir kämpfen uns das Geröll hinauf, es knirscht unter den Sohlen. »Bei jedem Schritt wieder einen halben zurück«, mosert Jens. Am Pass de la Cirèle erreichen wir den höchsten Punkt der Tour, stolze 2638 Meter. Im Westen wächst die Cima d’Uomo (3010 m) empor, mal senkrecht, mal in abgerundeten Stufen. Man könnte von hier in etwa einer Stunde hinaufsteigen ... »Schöner ist die Rundtour, die am Pass Pellegrino beginnt«, sagt Giuliano. Sie geht bald nach dem Start in den mittelschweren Klettersteig Alta Via Bepi Zac über und bringt Wanderer auch auf den Gipfel.

Sebastian deutet nach Nordosten: »Da vorne wird es dunkel.« Eine Gewitterfront in Form eines riesigen Blumenkohls braut sich über dem Marmolada-Massiv zusammen. Wir hasten unseren Weg hinab, in weiten Bögen durch ein Amphitheater aus Schutt. Stacheldrahtreste und vermodertes Holz von Unterständen aus der Zeit des Gebirgskrieges zwischen Österreich-Ungarn und Italien (1915 bis 1918) stecken zwischen den Felsen. Alpendohlen kreischen, ein drahtiger Trailrunner schießt oberkörperfrei in neonfarbenen Shorts an uns vorbei – er kennt wohl auch den Wetterbericht. Gerade noch trockenen Hauptes erreichen wir das Rifugio Contrin und lassen unsere Herzen auf der Bank vor der Hütte zur Ruhe kommen. Der Wanderführer hatte Recht mit den »beeindruckenden Aussichten«: Wolkenfetzen spielen über dem Gran Vernel (3210 m) im Nordosten, gegenüber erhebt sich die Punta Penia. Routen aus allen Richtungen führen zur Hütte, sie dient als Basislager für alle möglichen Bergsportler: Wanderer wie wir, Alpinisten und Klettersteiggeher.

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Jens Klatt

Den Grund für die Anwesenheit der Ferratisten nennt der Hüttenwirt: »Von hier führt der Hans-Seyffert-Weg auf die Punta Penia (Details siehe unten). « Acht Stunden dauert die Tour, auch Westgrat-Klettersteig genannt. Eisenklammern helfen über steile Felsplatten nach oben, die Wand fällt teils lotrecht achthundert Meter hinab. Unsere zweite Etappe nehmen wir bei strahlender Morgensonne unter die Füße. Mit einigen Klettersteiglern ziehen wir über Wiesen zum Rifugio Passo San Nicolo, hinter dem als wuchtige, stumpfe Pyramide der Col Ombert (2670 m) den Himmel kitzelt. An der Hütte trennen sich unsere Wege, die Drahtseilfreunde knöpfen sich mit dem Kaiserjäger-Klettersteig auf den Col Ombert einen der schwierigsten Steige der Dolomiten vor. Für uns endet rund fünf Kilometer weiter an der Liftstation am Rifugio El Zedron die Ruhe der Berge.

Doch am Ende unserer Zweitagestour sind wir ganz dankbar, dass uns ein Sessellift bequem ins Fassatal befördert. Nichts schenkt uns hingegen am nächsten Tag die von Giuliano angekündigte Cima-d’Uomo-Tour mit ihren 1600 Höhenmetern. Ein Teil verläuft über den Klettersteig Bepi Zac. Er stammt aus dem Ersten Weltkrieg und folgt dem Costabella-Kamm zum Gipfel. Stollen durchlöchern den Fels, einige wirken, als wären die letzten Soldaten gerade erst abgerückt. Erfahrene Bergwanderer können den Steig auch ohne Set angehen, aber ich hake mich gerade an den abschüssigen Stellen gern ins Drahtseil ein. Für Ablenkung sorgen die Blicke auf die gezackten Grate von Rosengarten und Latemar. Abends spüren wir jeden einzelnen Muskel. Für den letzten Tag hat Giuliano zum Glück eine einfache Tour ausgesucht: hinauf zum Rifugio Falier.

Wie versprochen kommen wir der Marmolada-Südwand noch einmal ganz nah, begleitet vom Pfeifen der Murmeltiere. Nach 600 Höhenmetern fallen Jens, Sebastian und ich im Rifugio über den Kuchen her, Giuliano streift umher. Später zeigt er uns sein Skizzenbuch: Das Ölgemälde zu Hause soll Gesellschaft bekommen, und er hat die Marmolada aus einer anderen Perspektive festgehalten. »Ich brauche die Dolomiten um mich herum einfach«, sagt er. Wir schauen auf die Bastionen und Felstürme im Sonnenschein und können das nur zu gut verstehen.

Der Westgratklettersteig - Hans-Seyffert-Weg

Der auch "Hans-Seyffert-Weg" genannte Steig führt durch die 800 Meter hohe Südwand der Marmolada bis zu ihrem höchsten Gipfel, der Punta Penia (3343 m). Am 21. Juli 1898 wurde diese relativ leicht zu bezwingende Route von Hans Seyffert, Eugen Dittmann und ihrem Führer Luigi Rizzi erstbestiegen. Danach entschloss man sich, den Weg auf die Punta Penia allgemein zugänglich zu machen. 1903 wurde der Klettersteig eingerichtet und ist damit die älteste Via Ferrata der Dolomiten. Kaum zu glauben, dass der ausgesetzte Weg den Soldaten im Ersten Weltkrieg dazu diente, Geschütze und Munition auf den Berg zu bringen. Vom Gipfel der Punta Penia öffnet sich ein grandioser Ausblick von den Sextener Dolomiten und den Julischen Alpen im Osten über den Alpenhauptkamm im Norden bis zur Rosengartengruppe und den Rätischen Alpen im Westen.

Tipps von Reiseredakteurin Katharina Baus

SKILIFT NUTZEN: Ab Pozza di Fassa und am Pellegrino-Pass fahren Skilifte, mit denen man bequem die unspektakulären Passagen hinter sich bringt und dann mehr Zeit für einen Extra-Gipfel hat.

MIT GUIDE: Wer den Marmoladagletscher auch ohne Erfahrung begehen möchte, schließt sich am besten einer Gruppe des Anbieters gardena guides.it an. Oder neugierig auf Touren mit Giuliano geworden? Er arbeitet für guidealpinevaldifassa.it

IM SATTEL: Vom gemütlichen Forstweg bis zum anspruchsvollen Trail: Wer sich gerne aufs Mountainbike schwingt, findet im Fassatal zahlreiche Touren abseits geteerter Straßen. PDF-Download mit Trails auf fassa.com

MEISTERSTÜCK: Die Fichten des Fleimstals spenden das Holz für vollkommene Violinen: Meister des Geigenbaus, darunter Stradivari, kauften hier die edelsten Hölzer. In Tesero gibt es Führungen durch einen Geigenbaubetrieb. Infos: ciresafiemme.it

Die "Bleichen Berge" – Impressionen im Video

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