Rund 135 Kilometer über dem Polarkreis liegt Finnlands größtes Wintersportgebiet, das Oy Levi Ski Resort. Die Schneesaison dauert hier von November bis Mai, mit Durchschnittstemperaturen um minus zehn Grad – gute Bedingungen also für unser Vorhaben, die kalte Jahreshälfte in Deutschland zu verlängern und so viel von finnischem Winter mitzukriegen, wie in eine Woche passt! Diese 4 Tipps gehören dazu:
Mit dem ersten Erlebnis haben wir schon angefangen, einem Essen in einem traditionellen samischen Restaurant. Über dem Eingang der palisadenartigen Fassade des »Saamen Kammi« prangt ein Rentiergeweih. "Wie bei Games of Thrones", bemerke ich beim Hineingehen. – "Aber mit 5G!", fügt Maarit hinzu. Trotz Mobilfunknetz bleibt es traditionell. Es gibt Rentierfleischgeschnetzeltes, serviert mit Kartoffelpüree und Preiselbeerkompott.
Auch der nächste Morgen steht ganz im Zeichen des Rentieres, allerdings in lebendiger Form. Dazu fahren wir ein paar Kilometer zum Kätkä-See. Hier wohnen Petra und ihr Mann Kari, von ihnen kann man sich einen Crashkurs im Eisfischen geben lassen. Die anderthalb Kilometer vom Parkplatz bis zum See legt man dabei in einem Rentierschlitten zurück, den man selbst fährt. Dass dies ein bisschen Disziplin erfordert, macht Petra gleich am Anfang klar. Rentiere sind, vorsichtig ausgedrückt, nicht unbedingt so einfach im Umgang wie Pferde oder Hunde. Als halbwilde Fluchttiere leben sie den Sommer über frei im Wald und kehren im Winter an ihren Geburtsort zurück, wo sie für den Dienst vor dem Schlitten eingefangen werden. "Heutzutage helfen wir mit dem GPS-Tracker manchmal etwas nach", sagt Petra, die eigentlich aus der Türkei kommt, aber mit ihrem Mann Kari in Finnland ihre große Liebe gefunden hat. Es dauert drei bis fünf Jahre, um einem Rentier beizubringen, einen Schlitten zu ziehen, erklärt sie uns. Den Job können nur die männlichen Tiere machen, die Weibchen sind den ganzen Winter lang trächtig.
"Ellenbogen einziehen und die Leine immer etwas locker lassen", gibt uns Petra mit auf den Weg, und dann geht es auch schon los. Mit beachtlichem Tempo sausen wir über den Waldweg, links und rechts ein Zaun, am Ende ein Holztor. Kann nicht viel schiefgehen, aufregend ist die Kombination "ahnungslose Mitteleuropäer" und "halbwildes Fluchttier" trotzdem.
Da ist das Eisfischen schon deutlich beschaulicher. Nachdem Petra uns mit kleinen Plastikangeln, Klappstühlen und einem großen Spiralbohrer aus Stahl ausgestattet hat, geht es auf den See. Das Bohren durch das 15 Zentimeter dicke Eis macht warm, danach sitzen wir vor unseren Löchern und lassen den Köder langsam auf und ab. Petra behauptet, unsere Witzeleien und das Getrampel über das Eis störe die Fische nicht. Ich bin zwar kein Angler, habe aber so meine Zweifel. Jedenfalls haben wir eine Menge Spaß, einen Fisch bekommen wir aber erst zu Gesicht, als wir später noch die Löcher abfahren, die Kari ins Eis gebohrt und mit Köderfischen ausgestattet hat.
Rund um Levi gibt es ein großes Wintersport-Angebot
Denn verglichen mit Skigebieten in den Alpen ist die Höhendifferenz von maximal 335 Metern recht überschaubar. Was die Schneesicherheit angeht, ist Levi allerdings kaum zu schlagen. Ähnlich sieht es im etwa 30 Kilometer westlich gelegenen Ylläs aus. Auch hier liegt das Skigebiet an einem einzeln stehenden Berg, auch hier kann sich das Angebot abseits des alpinen Skifahrens sehen lassen, zumal sich der Ort am Südende des Yllästunturi National Park befindet. Eine Vielzahl von Wanderwegen durchzieht das Gebiet, jetzt im Winter tun sich unendliche Möglichkeiten für Backcountry-Touren auf, 500 Kilometer umfasst das Wegenetz. Zwar ist es schon nach 12 Uhr mittags, als wir mit Backcountryski am Parkplatz stehen, aber richtig dunkel wird es sowieso erst gegen 21 Uhr. Und so genießen wir das Wechselspiel der Wolken, die mal ein wenig Schnee bringen, mal wieder den Schein der tiefstehenden Sonne durchlassen. Eine ganze Weile spuren wir so durch den Schnee und gelangen schließlich zu einer Tipi-artigen Holzhütte, wie sie hier oben in Lappland Tradition hat. In der Mitte befindet sich in der Regel eine Feuerstelle, und organisiert, wie die Finnen sind, wird auch genügend Holz bereitgehalten. Bei den im Winter herrschenden Temperaturen wohl kein Service, um den Komfort zu erhöhen, sondern überlebensnotwendig, wenn man im Notfall die Nacht hier verbringen müsste. Wir sind trotzdem ganz froh, in unsere Ferienwohnung zurückkehren zu können.
"Fahrradfahren ist ehrlich gesagt nicht das Erste, was mir bei dem Wetter einfällt", sagt Dorothée, als sie am Morgen aus unserer behaglichen Hütte hinaus ins Schneetreiben blickt. Auch Jana und ich können uns nur schwer vom offenen Kaminfeuer unserer Unterkunft trennen und mit dem Gedanken anfreunden, zur verabredeten Radtour aufzubrechen. Und so betreten wir ein bisschen zögerlich die Geschäftsräume des Sisu outdoor rental in Ylläs. "Das wird super, ihr werdet schon sehen", beruhigt uns unser Guide Pia Sarajuuri und führt uns zu ein paar E-Mountainbikes. Den fetten Reifen, unserer Winterkleidung und den geliehenen Skibrillen sei Dank macht eine Radtour auch bei diesen Bedingungen Spaß. Pia ist bester Laune, sie führt uns durch den Wald des Nationalparks. Die Fatbikes bieten erstaunlich viel Gripp auf dem Schnee, und im Gegensatz zum normalen Mountainbiken schmerzt auch ein Sturz nicht.
Trotzdem fällt es nicht schwer, die Bikes wieder zurückzugeben, denn am späten Nachmittag wartet das nächste Event, wir besuchen die Huskyfarm von Rami. Die Hunde des 50-jährigen Finnen sind schon angeschirrt und scharren mit den Pfoten. Anders als Rentiere sind sie gezüchtet, um vor den Schlitten gespannt zu werden, und müssen in ihrem Elan eher gebremst werden. Und genau dazu gibt es, anders als beim Rentierschlitten vor zwei Tagen, eine Bremse am Ende des Schlittens. Gefahren wird zu zweit, einer nimmt als Passagier vorne im Schlitten Platz, der Zweite stellt sich auf eine der beiden Kufen am Heck und tritt hin und wieder auf besagte Bremse. "Ihr müsst nur drauf achten, nicht in den Schlitten vor euch zu fahren, den Rest machen die Hunde schon selbst", sagt Rami, der nun schon seit über 20 Jahren Gäste mit auf seine Touren nimmt. Sie haben die Wahl zwischen fünf und 10 Kilometer langen Strecken. Es ist ein erhabenes Gefühl, durch den Schnee zu gleiten, im Ohr nur das Getrappel der Pfoten und das leise Zischen der Kufen ...
Nach einem Tag voller neuer Eindrücke sind wir reif für die Sauna. Und die muss man in Finnland nicht lange suchen. Jedes Hotel und auch fast jede Ferienwohnung verfügt über eine. Es gibt sie in allen Größen und Preisklassen. Es gibt sie in Kellern, auf Dächern, in Ylläs gibt es sogar eine Liftkabine, die als Sauna ausgebaut ist. Oft liegen sie an einem See, und so kann man sich gleich mit einem eisigen Bad Erfrischung verschaffen. Eine mit einem Holzofen betriebene Variante findet sich auf dem Gelände von Green Trek Lappland. Wir sind dort mit dem Wildnisexperten James Thornton verabredet, der uns vor dem Saunagang auf traditionellen Holzschneeschuhe die subarktische Natur ein wenig näher bringt. Normalerweise führt er Wanderer durch den Nationalpark. Die Hauptattraktion des Abends soll eigentich das Polarlicht werden. Man spricht von 200 Tagen, an denen die Himmelserscheinung auftritt, dazu sollte noch das Wetter passen, besonders große Chancen hat man natürlich in der dunklen Jahreshälfte. Und obwohl die Rahmenbedingungen passen, irgendwie ziert sich die grüne Lightshow vor uns. "Da müssen wir wohl nochmal wiederkommen", sagt Jana mit gespielter Enttäuschung.
Reise-Basics Ylläs und Levi
Anreise: Von Deutschland fliegt man über Helsinki nach Kittilä (ab Frankfurt zwischen 200 und 700 Euro). Von dort entweder per Mietwagen oder mit dem Bus nach Ylläs oder Levi. tunturilinjat.fi. Vor dem Flug registrieren sich Finnlandreisende bei app.finentry.fi
Beste Zeit: Die Saison dauert von November bis April, im Dezember bis Februar muss man mit extrem tiefen Temperaturen rechnen. Levi liegt über dem Polarkreis, am 1.1. hat man nur eine knappe Stunde Tageslicht. Am 1.4. dauert der Tag schon fast 14 Stunden. Die Temperaturen liegen dann eher im einstelligen Minusbereich.
Informieren: Die Webseiten der Tourist-Büros von Levi ud Ylläs geben sowohl einen Überblick zu Übernachtungsmöglichkeiten als auch zu den vielfältigen Aktivitäten vor Ort. Die Orte liegen 60 Kilometer voneinander entfernt. levi.fi/en, yllas.fi/de
Unterkünfte:
- Immelmökit: In Levi bietet Immelmökit 17 komfortable Hütten (Sauna, offener Kamin) (ab 370 Euro pro Person und Woche). immelmökit.com
- Lapland Hotels Saaga: Direkt an den Skiliften übernachtet man im Lapland Hotel Saaga in Ylläs. Doppelzimmer gibt es ab 100 Euro. laplandhotels.com
- Arctic Skylight Lodge: Ein luxuriöses Übernachtungserlebnis im Glaswürfel hat man in der Arctic Skylight Lodge, ab 490 Euro im DZ, arcticskylightlodge.com