Lage & Charakter
Um die schönsten Gipfel des walisischen Küstengebirges zu sehen, haben wir uns die 14 Peaks Tour vorgenommen: 47 Kilometer vom Pen-y-Pass im Süden bis zu den Aber Falls im Norden. "Die Klassikerroute schlechthin", sagt Greg Cain, unser Bergführer auf dieser Tour. Die Idee: alle Gipfel über 3000 Fuß Höhe am Stück zu erwandern, am besten an einem Tag. Der Rekord steht bei vier Stunden und zehn Minuten, aufgestellt im vergangenen Jahr von dem Schotten Finlay Wild. Wir gehen die Tour etwas gemächlicher an und teilen den Weg auf zwei Tage auf, offiziell empfohlen werden sogar drei. Denn es gibt viel Schönes zu sehen im Snowdonia Nationalpark im Norden von Wales. Und hart genug wird es auch so.
Jeder geht auf den Snowdon, sagt Greg – oder den Yr Wyddfa, wie die Waliser ihren höchsten Berg nennen. Und hier startet die kürzeste der sieben Routen auf den 1085 Meter hohen Gipfel. Über einen einfachen Pfad steigen wir auf, und Greg erzählt uns von all den Filmen, die hier gedreht wurden: In einem "James Bond" doubelten die grünen Hänge Russ land, in einem "Tomb Raider" dienten sie als Kulisse für ein chinesisches Dorf. "Da hin ten seht ihr den Dinorwig-Schieferstein bruch", sagt Greg, "einer meiner Lieblingsorte zum Klettern." Seit 1964 ist die einst größte Schiefermine der Welt geschlossen, seitdem erobert die Natur sie zurück. "Ich habe meine halbe Kindheit damit verbracht, durch die Steinbrüche zu streifen", erzählt Greg. "Wir bauten Mountainbike-Schanzen und kraxelten durch die Tunnel." Aber eigentlich ist der Zutritt verboten, erst vor ein paar Tagen krachte in einem der Steinbrüche ein riesiger Block herab. Auf dem Papier mögen die walisischen Berge harmlos wirken.Aber um in eine knifflige Situation zu geraten, kann es genügen, einmal falsch abzubiegen. Am Bwlch y Moch,dem Sattel der Schweine, passierte das früher regelmäßig. Die Leute bogen um einen Fels, sahen einen Berg vor sich und dachten: Oh, der Snowdon! "Und dann beginnen sie hochzuklettern, jammern, fluchen und müssen gerettet werden", sagt Greg. Denn der Felskamm über ihnen ist in Wahrheit Crib Goch (923 m), der forderndste und gefährlichste aller Berge im Nationalpark. Und einer der schönsten. Um Verwechslungen zu vermeiden, stellte man Schilder auf. Und baute eine Mauer, die den Blick auf den Crib Goch verstellt. Es half nur bedingt. Noch immer müssen Greg und seine Kollegen von der Bergwacht regelmäßig ausrücken, um hier verletzte, erschöpfte oder überforderte Wanderer zu bergen. Warum, sehen wir bald ...
Anforderungen
Auch wenn die Berge die 1000-Meter-Marke nur ein paar Mal knacken, sollte man den 14 Peaks Trail (47 km, 3700 Hm) nicht unterschätzen. Überwiegend verläuft die Tour auf einfachen Wanderwegen, am Crib Goch warten leichte Kraxelei und ein ausgesetzter Felsgrat. Dieser Berg lässt sich aber auf einem Pfad umgehen. Die Wege sind kaum markiert, man sollte also unbedingt Kompass und Karte dabeihaben. Empfehlenswert: "Snowdonia North" von Harveys Maps, 1:25.000 (harveymaps.co.uk, 13,50 GBP). Ebenso gut: "Snowdon/Yr Wyddfa" von Ordnance Survey, 1:25.000 (ordnance survey.co.uk, 8,99 GBP).
Die Etappenübersicht
1. Pen-y-Pass – Llanberis, 12 km
Vom Parkplatz am Pen-y-Pass folgen Wanderer zuerst dem Pyg Trail zum Bwlch y Moch und nehmen an der Gabelung den rechten Pfad. Bald kraxelt man die Flanke des Crib Goch hinauf zum ersten Gipfel und geht dann über den Grat zum zweiten Gipfel (923 m). Auf einem Kammweg geht es weiter über den Garnedd Ugain (1065 m) auf den Gipfel des Snowdon (1085 m). Zurück auf gleichem Weg zum Garnedd Ugain und von dort unterhalb des Kamms in Richtung Nordwesten hinunter nach Llanberis. 7–9 Std., 850 Hm bergauf, 1085 Hm bergab, schwer
2. Llanberis – Llynogwen, 15 km
Mit Start am Wanderparkplatz in Nant Peris steigt man über steile Serpentinen einen Grashang hinauf zum Elidir Fawr (924 m). In weitem Bogen führt der Weg dann auf dem Kamm bis zum Gipfel Y Garn (947 m). Auf der anderen Seite zum Sattel Lly n y Cwn (711 m) absteigen, wo der nächste Gegenanstieg zum Glyder Fawr (1001 m) wartet. Vorbei an Kreisen aus emporstechenden Steinspitzen und dem fotogenen Cantilever, einer frei hängenden Felsplatte, wandert man mit wenig Höhenverlust auf dem Kamm zum Glyder Fach (994 m). Ein letztes Mal folgt ein Abstieg zu einem Pass, auf dessen anderer Seite der Weg in steilen Kehren zum Doppelgipfel des Tryfan (917 m) führt – bevor zum Feier- abend noch der lange Abstieg zum See Llyn Ogwen wartet. 8–9 Std., 1630 Hm bergab, 1485 Hm bergab, schwer
3. Llynogwen – Aberfalls, 20 km
Vom See geht es entlang des Bachs Afon Lloer über Schafweiden bergauf. An einer Steilstufe steht eine kurze Kraxeleinheit an, dann führt der Weg über einen Rücken zum Gipfel Pen yr Ole Wen (978 m). Von hier wandert man in sanftem Auf und Ab über den Kammbogen auf die Grasgipfel Carnedd Dafydd (1044 m), Carnedd Llywelyn (1064 m), Foel Grach (976 m) und Foel Fras (942 m). Danach steigen Wanderer in weiten Serpentinen nach Norden ins Tal zum Ort Abergwyngregyn ab – oder folgen einer schönen Alternativroute, die zunächst weglos nach links über sumpfige Wiesen und dann durch das Tal des Avon Coch zu den Aber Falls führt. 7–9 Std., 1089 Hm hinauf, 1289 Hm hinab, schwer
Cader Idris, 10 km
Er liegt nicht am 14 Peaks Trail, gehört aber bei einem Wanderurlaub in Wales einfach dazu: der Cader Idris in der Nähe des Ortes Dolgelau. Der Weg (Minffordd Path) beginnt am Dôl Idris Car Park. Er führt über den Gipfel des Mynydd Moel und den See Llyn Cau. Rückweg wie Hinweg.
5 Std., 788 Hm, mittel
Wie kommt man am besten nach Wales?
Nonstop-Flüge aus Deutschland nach Manchester gibt es bei zeitiger Buchung ab 100 Euro (zum Beispiel mit flybe.com). Wer sich den Mietwagen sparen will, nimmt in Manchester den Zug nach Bangor (ca. 2,5 Std., thetrainline.com) und fährt weiter mit dem Bus zuerst nach Llanberis und dann zum Pen-y-Pass (Fahrpläne hier).
Wo finde ich weitere Infos zur Tour?
- GPX-Daten zum Download finden sich auf walkupsnowdon.co.uk
- Im Rother-Wanderführer Wales von Britta Schulze-Thulin finden sich neben vielen anderen Touren auch die ersten beiden Tage des 14 Peaks Trails, die dritte Etappe zum Teil. (14,90€).
- Die Website 14peaks.com gibt Infos zu den einzelnen Bergen, möglichen Routen und zur Ausrüstung. Viele Hinweise erhält man auch auf welsh3000s. co.uk, walk-snowdonia.co.uk und visitsnowdonia.info
Beste Zeit
In den Monaten Mai bis Oktober sind die Berge in der Regel schneefrei. Als beste Wanderzeit gilt dank der dann besonders langen Tage Ende Juni. Grundsätzlich zeigt sich das Wetter in den Küstenbergen von Wales sehr wechselhaft, nirgendwo in Großbritannien regnet es mehr als am Snowdon-Massiv: unbedingt wasserdichte, atmungsaktive Kleidung mitnehmen! Den genauesten Wetterbericht bietet der Mountain Weather Information Service (mwis.org.uk).
Tipps von Reiseautor Florian Sanktjohanser
- Unterkünfte vor und nach der Tour: In Llanberis am Ende der ersten Etappe bietet sich die sehr beliebte Jugendherberge Snowdon an. Ganz in der Nähe des Sees Llyn Ogwen, dem Ziel der zweiten Etappe, liegt das Idwal Cottage, ebenfalls eine Jugendherberge.
- Die Jugendherberge am Pen-y-Pass eignet sich perfekt als Startpunkt für die Tour. Kürzlich renoviert bietet sie nun neben dem Matratzenlager mit Stockbetten (ab 15 GBP) auch Doppelzimmer – ohne Bad ab 29 GBP, mit Bad ab 39. Schön ist auch das neu gestaltete Restaurant.
- Essen im Nationalpark: Auf dem Wanderweg selbst kann man nur im Gipfelcafé auf dem Snowdon einkehren. Also heißt es: ordentlich Proviant einpacken!
- Essen vor und nach der Tour: Gute Restaurants findet man vor allem in den Städtchen an der Küste, zum Beispiel in Conwy mit seiner beeindruckenden Burg. Das dortige Castle Hotel serviert Klassiker wie Shepherd Pie, Steakvariationen und Lammburger (castlewales.co.uk). Zu empfehlen ist auch The Bull im hübschen Hafenstädtchen Beaumaris. bullsheadinn.co.uk
- Museum: Das National Slate Museum in Llanberis zeigt, wie Bergleute Schiefer spalteten und in einer alten Bahn zu den Schiffen brachten. Außerdem sieht man viktorianische Werkstätten mit einem Wasserrad – alles gratis.
- Im Adventure Parc in Dolgarrog rollen seit 2015 künstliche Wellen durch eine langgezogene Surf-Lagune. Es gibt auch Kinder- und Anfängerwellen.
Weitere Tipps
Der Veranstalter Adventure Tours UK bietet den 14 Peaks Trail als geführte Tour an. Mit vier Übernachtungen und Flughafentransfer kostet das Ganze 695 GBP (rund 780 Euro).
Wanderungen rund um den Snowdon – oder Yr Wyddfa – der höchste Berg in Wales auf komoot: