Schottland-Cross mit dem Gravelbike

Durch den Britischen Norden
Schottland-Cross mit dem Gravelbike

Ein Gravelbike-Abenteuer in Schottlands Norden fordert starke Beine. Und manchmal auch Geduld mit dem Tourenpartner.

Schottland-Cross mit dem Gravelbike
Foto: Martin Donat

Über Schottland

Schottland bietet sich zum Gravelbiken an. Da gerade auf den Nebenstraßen sehr wenig los ist, fährt man oft alleine, an den Linksverkehr gewöhnt man sich bald. Für ruppiges Offroad-Gelände empfehle ich Tubeless- Reifen, die auf den teils schlechten Straßen so manchen Fehler verzeihen und bei dem ganzen Gepäck am Fahrrad die Gefahr eines Snake Bites (ein Platten mit zwei Löchern) verringern.

Wie komme ich nach Schottland?

Neben Flügen aus allen Teilen Deutschlands ist es möglich, die Fähre Amsterdam–Newcastle zu nehmen (z. B. Direct Ferries oder DFDS, ab 250 €, Dauer: 17 h). Sie geht praktischerweise über Nacht. Ab da weiter im Mietwagen oder Zug (via Edinburgh) in den Norden. Wer im Flugzeug anreist, kann mit einer günstigen Airline (ab etwa 50 €, ca. 2 h) nach Edinburgh oder Glasgow fliegen und das Land von Süden her erkunden. Oder man fliegt über London nach Inverness und beginnt, wie wir, im Norden.

Der Schottland Cross in der Übersicht

1. Viel Grün bis Oykel Bridge

Von Inverness führt die Route über Nebenstraßen und Radwege Richtung Norden. Nach gut 35 Kilometern geht es in Evanton ins Gelände und auf den ersten Berg der Tour. Ein Hochplateau lässt erstmals erahnen, was auf dieser Tour wartet: schöne Weitblicke, grüne Weiden und steile Anstiege. Am höchsten Punkt der Etappe führt die Route über einen kleinen Sattel zwischen dem Carn an Lochain (646 m) und dem Sron na Saobhaidhe (543 m). Durch die Glencalvie Estate und vorbei an der Croick Church geht’s zum finalen Gravel-Abschnitt, der einen in Oykel Bridge ausspuckt.

2. Abenteuerlich nach Durness

An Tag zwei fährt man von Rosehall am River Cassley entlang bergauf. Dem Einrollen vorbei an kleinen Bauernhöfen und durch ein schönes Flusstal folgt bald der höchste Punkt: Nach der Staumauer wird der Weg bis auf 400 Meter Höhe richtig steil. Kurz danach lässt man den Gipfel des Maovally (511 m) links liegen und macht noch mal gut Meter auf Asphalt, bevor das Tages-Highlight kommt, eine Flussdurchquerung des Cashel Dhu. Tipp: Schuhe und Hose ausziehen. Über einen kleinen Pass gelangt man danach zurück auf die Straße, die einen nach Durness an der Küste bringt.

Schottland-Cross mit dem Gravelbike
Martin Donat

So sieht es aus, wenn man nicht prüft, was der Tourenpartner so zusammenplant.

3. Auf und Ab bis Lochinver

An der Westküste wird die Landschaft steiniger, und der Wind nimmt zu. Kurz nach Durness gilt es sich zu entscheiden, ob man den direkten Weg nimmt oder abbiegt zum Cape Wrath, dem nordwestlichsten Punkt Großbritanniens. Die Straße ist eine Sackgasse und muss genau so wieder zurückgefahren werden. Das bedeutet 41 Zusatz-Kilometer, lohnt sich aber bei schönem Wetter und wenig Wind allemal. Die weitere Route verläuft entlang von Küsteneinschnitten durch die Ausläufer der Highlands. Auf maximal 260 Metern geht es rauf und runter bis zum Tagesziel Lochinver.

4. Inklusive Boot nach Laide

Ab Lochinver leitet die Route durch eine der schönsten Landschaften der Tour weiter auf und ab. Auf diesem Abschnitt sind nur wenig Autos unterwegs,und man sammelt, ohne es zu merken, schnell Höhenmeter. Vorbei an unzähligen Seen und dem markanten Meall Dearg (657 m) führt der Weg nach Ullapool. Wir sind von dort per Boot um die Scoraig-Landzunge bis Badluarach geschippert, alternativ kann die Landzunge durch das Corrieshalloch Natur Reservat im Landesinneren umfahren werden. Ab Badcaul stehen die letzten knapp 20 Kilometer des Tages bis nach Laide an.

5. Königsetappe bis Applecross

High-Five: der längste Tag mit ordentlich Höhenmetern. Gleich zu Beginn stimmen einige steile Anstiege auf den Weg ein. Dann geht es rund um das Beinn Eighe National Reservat und durch die grandiose Landschaft um Torridon. Nach einem Tag auf der Straße stehen nun wieder einige Gravel-Passagen an. Hinter dem Schlosshotel The Torridon führt erst ein Schotterweg, dann ein Trail an der Küste entlang Richtung Shieldaig. Jetzt sind es nur noch 30 km, aber die haben es in sich. Es geht steil bergauf und -ab. Dieses Sägezahn- Profil zieht bis Applecross die letzten Körner aus dem Körper.

6. Abschluss mit Isle of Skye

Die Schlussetappe hält die meisten Höhenmeter bereit. Direkt hinter der Bar in Applecross geht die Straße im Alpenstil steil bergauf zum Pass Bealach na Ba (650 m). Danach wieder hinab, fast auf Meeresspiegel- Niveau. Im Anschluss stehen erneut einige Trail-Abschnitte an. Kurz vor Plockton führt ein schmaler Pfad, der Bahnstrecke folgend, ins Dorf. Von dort über die Skye Bridge auf die Isle of Skye. Auf der Hauptstraße bis kurz vor Boardford, dann links auf eine Nebenstraße. Vorbei an der Skye Distillery bis zum Hafen, um die Fähre nach Mallaig zu nehmen, wo die Tour am Bahnhof endet.

Wann ist die beste Reisezeit?

Von April bis Ende September. Im Sommer liegt die Temperatur zwischen 15 und 22 Grad. Trotzdem sollte man sich von der Jahreszeit nicht täuschen lassen, das Wetter kann sich stündlich ändern und auch sehr kalt werden. Daher auf alle Fälle genügend warme und wasserdichte Sachen dabeihaben.

Wie kann ich mich auf Tour orientieren?

Vor allem der Norden ist dünn besiedelt, die wenigen Dörfer sind gut ausgeschildert. Auf zwei Dinge muss man achten: Gerade in den Highlands gibt es nicht überall Empfang, das muss bei Navigation und Nahrungs-/ Schlafplatzsuche bedacht werden. Zum anderen ist die Beschilderung vor allem im Westen oft auf Gälisch, die englische Bezeichnung steht aber in der Regel dabei. Kartentechnisch eignet sich das Material der Ordnance-Survey-Landranger-Reihe (20 €, Maßstab: 1:50 000). Wer die ganze Route abdecken will, benötigt aber acht Karten, bei hohem Trail-Anteil sollte die Karte zudem noch genauer sein (Explorer-Reihe, 1:25 000). Ich empfehle daher die Download- Karten in der OS-App (Premium 34 €/Jahr).

Wo kann ich übernachten?

Großbritannien ist bekannt für Bed and Breakfasts: Man schläft im Gästezimmer und bekommt ein Frühstück. Ein Schild an der Straße kennzeichnet die B&Bs. In Hotspots, etwa rund um Invermere, lieber vorher anrufen. Wer Hotels bevorzugt, muss beachten, dass das Angebot auf dem Land nicht sehr üppig ist. Gut gefallen hat mir das Applecross Inn an der Westküste. Neben bequemen Betten gibt es dort gutes Pub-Food (DZ ab 180 €, applecross-inn.co.uk). Das einsame Oykel Bridge Hotel besticht mit schottischem Flair, dickem Teppich und hohem Wohlfühlfaktor. DZ ab 240 €, oykelbridge hotel.com. In Schottland darf man wild zelten.

Schottland-Cross mit dem Gravelbike
Martin Donat

Wild zelten ist in Schottland erlaubt – hier am feinsandigen Strand von Loch Morar.

Wo lässt es sich gut einkehren?

In die früher eher karge Landesküche haben sich Londoner Einflüsse gemischt, die Köche aus dem Süden mitgebracht haben. Zudem findet sich in fast jedem Dorf ein klassisches Pub mit Fassbier, herzhaften Pies und schottischem Haggis (aus Schafsinnereien). Mein Fish & Chips- Tipp ist Fisherman’s Kitchen in Kyle of Lochalsh (fishermans-kitchen.co.uk). An der Küste ist Seafood sehr empfehlenswert. Lachsfilet und Mönchsfisch bei Peets in Lochinver, direkt am Hafen, sind ein Muss! peets.co.uk

Der komplette Reisebericht zum Download

An den nächsten beiden Tagen führt uns die Route vorbei am nördlichsten Punkt Großbritanniens, Cape Wrath, an weißen Stränden und durch verträumte Dörfer, wo immer mal wieder ein kleines Café zu einem Tee oder einem Stück Kuchen einlädt. Weit im Westen schon genießen wir am Aussichtspunkt Assynt einen Traumblick in die Highlands, und immer erzählen Schlösser und Burgen von Schottlands Vergangenheit. Die Route leitet in der Nähe der Küste entlang, und obwohl es nicht auf den einen großen Berg geht, sammeln sich die Höhenmeter, die Beine werden immer und immer schwerer...

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