Die Etappen des Fernwanderwegs
- Karerpass bis Rifugio Stella Alpina
- Rifugio Stella Alpina bis Rifugio Dona
- Dona-Hütte bis Col Rodella
- Col Rodella bis Boè-Hütte
- Boè-Hütte bis Fedaia-Pass
"BAR" steht in großen Lettern über der alten Holztür des Rifugio Dona. Nach der langen, gar nicht mal so trockenen Wanderung liest sich das Schild wie ein Synonym für Paradies. So abwegig ist der Vergleich nicht, liegt die Hütte doch am nordöstlichen Ende des prachtvollen Rosengartens. Das acht Kilometer lange Bergmassiv erstreckt sich vom Karerpass im Süden bis zum Schlern im Norden. Man kommt bequem per Seilbahn hinauf – was mitunter zu viel Rummel führt. Doch das Rifugio Dona liegt auf 2100 Meter Höhe fast vergessen in einer saftig-grünen Hügellandschaft. Die Hütte markiert das Ende der zweiten Etappe eines fünftägigen Treks, der uns ganz ohne Lift vom Karerpass in die bizarre Bergwelt des Rosengartens führt, vorbei an seinen schönsten Türmen und Gipfeln. Dann beschreibt er einen kühnen Ostbogen, aussichtsreich entlang von Plattkofel und Langkofel übers Sellajoch bis zur Boè-Hütte und zum Passo Fedaia unterhalb der Marmolata. 70 Kilometer insgesamt.
Wie ein rustikales Puppenhaus wirkt das Rifugio Dona – die Fassade aus schweren Lärchenstämmen, kombiniert mit grauem Stein und rotweißen Fensterläden. Drinnen serviert Hüttenwirtin Silvia den Gästen Linzer Torte. Ihr Freund Bruno legt Holz im Ofen nach und nimmt wieder seinen Stammplatz hinter der Bar ein. Auch wenn die Hütte den Charme eines uralten Juwels versprüht, baute sie Brunos Vater erst vor 19 Jahren aus den Resten eines Heuschobers. Bis Ende der Sechziger zogen die Talbauern Sommer für Sommer auf die Almen, um eine weitere Heuernte einzubringen. Jedes Dorf unten im Val di Fassa hatte hier oben eine gemeinschaftliche Alm. Das Heu lagerte man in sogenannten "Tabia", wie das Rifugio Dona eine war, und brachte es im Winter per Holzschlitten ins Tal. Zu den Bauern von damals zählt die Familie von Kunstmaler Fernando Brunel. Er selbst war drei Monate alt, als er mit seinen Eltern und den anderen Bauern des Fassa-Tals im August 1948 das erste Mal aufbrach zur Alm. Die Dörfer standen im Sommer leer, während sich das Leben auf den Hochweiden der Dolomiten abspielte. "Das war eine iyllische Zeit. Die Erwachsenen arbeiteten hart, aber wir Kinder haben es sehr genossen." Unterricht im Senseschleifen statt Sachkunde und Mähen statt Mathe. Am Abend saßen die Bauern zusammen, sangen und spielten Harmonika. "Vor allem, wenn es regnete und man nicht arbeiten konnte, traf man sich auf einer Hütte zum Festa da Munt, dem Bergfest." Fernando lächelt, Nostalgie im Blick.
Auf dem Rifugio Dona hallt das Idyll bis heute nach, anders als am Ende der ersten Etappe des Treks. Dort, im Gebiet der Gardeccia-Alm, bieten drei Rifugios im Umkreis von wenigen Kilometern Kost und Logis und tummeln sich die Gäste, die von Vigo mit der Seilbahn in lässigen zweieinhalb Minuten heraufschweben – angezogen von den Felswänden des Rosengartens. Legenden ranken sich um dieses Massiv, das besonders in den Morgen- und Abendstunden verzaubert, wenn die Sonne die Felsen in Orange-, Rosa und Rottöne taucht – die berühmte Enrosadira. Die rauen Wände heben sich ab von den fruchtbaren Flächen auf der Gardeccia-Alm. Ein Bauer aus Muncion bewirtschaftet hier oben die Malga Couler mit etwa 30 Tieren – der Letzte seiner Art.
Am nächsten Tag wird es wild: Wer von der Gardeccia weiterwandert, gelangt durch eine Geröllwüste, zu deren Seiten wuchtige Felsblöcke und scharfkantige Spitzen beeindrucken. Zahllose Moränenabgänge klaffen in den Steilwänden und lassen erahnen, wie brüchig die steinerne Macht im Grunde ist. Umgeben von rauen Berggipfeln fühlen wir uns im Rosengarten wie in einem Kessel – und genau das bedeutet die italienische Bezeichnung "Catinaccio". Hier zählt oftmals der Berg-, nicht der Talblick.
Fernando der Kunstmaler kam als Zwanzigjähriger fast jeden Samstag hier herauf. Damals hatte er schon ein kleines Atelier im Tal. Am Wochenende besuchte er die Hüttenwirte, mit denen er eng befreundet war. Vom Rifugio stieg er um 5 Uhr morgens auf, malte die filigranen Vajolet-Türme während der Enrosadira und dann den Lago di Antermoia, einen der schönsten Seen der Dolomiten. Wir haben noch ein Stück Weg bis zur Dona-Hütte vor uns, aber ich kann mich nicht losreißen. Ewig könnte ich hier sitzen, hinausschauen aufs smaragdgrüne Wasser und hinaufschauen in die grau-beigen Felsgebilde. Bis dichte Wolken hinter den Bergspitzen aufziehen und es wie aus dem Nichts anfängt zu regnen. In der Antermoia-Hütte gibt’s einen gehäuften Teller Pasta, ehe wir in der Regenpause hinabwandern ins immer grüner werdende Val di Dona. Ruhig ist es hier: Die Fels-Gras-Grenze scheint eine imaginäre Linie zu sein, die kaum ein Wanderer überquert. Aber die, die es tun, finden sich in einem wahrlich ursprünglichen Teil der Dolomiten wieder, allerdings mit Linzer Torte, Strom fürs Handy und warmer Dusche – Kraft tanken für drei weitere Tage in dieser faszinierenden Bergwelt.
Wie komme ich hin und wann ist die beste Reisezeit?
Über den Brenner bis Neumarkt/Auer und weiter auf SS 48 ins Fassatal. Von Trient und Bozen fahren Busse ins Val di Fassa. Die beste Reisezeit ist von Mitte Juni bis Mitte September
Wie anspruchsvoll ist die Tour?
Der Weg verlangt Trittsicherheit und Kondition. Technisch schwieriger ist der letzte Tag mit teils verseilten Abschnitten.
Wie kann ich mich orientieren?
Wanderkarten und Tipps gibt es unter fassa.com sowie in der Tourist-Info vor Ort. Die topografische Wanderkarte "06 Val di Fassa e Dolomiti Fassane", Maßstab 1:25.000, von Tabacco, 13,90 Euro deckt die Wege ab.
Wo kann ich übernachten?
- Das Sporthotel Passo Carezza wartet mit 18 Zimmern und Spa direkt am Einstieg der Tour am Karerpass. Ca. 140 Euro pro DZ (passocarezza.com).
- Für Tag 1 das Rifugio Stella Alpina Spiz Piaz, Übernachtung im Lager 70 Euro p. P. inkl. HP rifugiostellaalpinaspizpiaz.it
- Für Tag 2 das Rifugio Dona, 70 Euro p. P. inkl. HP (rifugiodona.com).
- Für Tag 3 das Rifugio Des Alpes, eine Schutzhütte am Col Rodella mit trentinischer Küche und Panorama-Terrasse, 80 Euro pro Person inkl. HP (rifugiodesalpes.it).
- Für Tag 4 die Boè-Hütte, kürzlich renoviert, 80 Euro p. P. Person inkl. HP (rifugioboe.it).
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