Bouldern in der Silvretta: Goldene Blöcke und Alpenluft

Das beliebte Bouldergebiet bei Galtür
Bouldern in der Silvretta

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Rotgoldene Blöcke, kühle Alpenluft und familienfreundliche Boulder: Das Bouldergebiet Silvapark ist ein ideales Sommerziel.

Bouldern Silvretta
Foto: Simon Ljuljdjuraj / TVB Paznaun-Ischgl

Hoch droben über der magischen 2000-Meter-Marke zählen die Boulder der Silvretta oberhalb von Galtür in Tirol zu den besten Sommeradressen für Europas Boulderer. Einst ein Highend-Gebiet, sind inzwischen auch viele genuss- und familientaugliche Probleme am griffigen, goldfarbenen Gneis der Silvretta erschlossen worden.

Info zum Bouldern im Silvapark

Geklettert wird an einem orange-goldenen Fels, genauer Biotit-Orthogneis – er ist sehr fest, ziemlich strukturiert, sehr körnig und rau. Insgesamt warten derzeit rund 600 Boulder in 13 Sektoren. Die Schwierigkeiten verteilen sich gut: Von Fb 1 bis 3 sind es 47, Fb 4 gibt‘s 61 mal, dazu 96 mal Fb 5. In den mittleren Graden warten 145 Boulder im Bereich 6A bis 6B+ und 90 im Grenzbereich 6C bis 7A+. Die Starken finden 87 Probleme von 7B bis 7C+ und 40 Boulder im 8. Bleaugrad sowie derzeit 32 Projekte. Im Sektor Sekten gibt es zudem vier Parcours (weiß, gelb, rot, schwarz).

Oft genügt ein Crashpad, teilweise ist das Absprunggelände aber auch stark verblockt, dann sind mehrere Pads nötig. Die Mehrzahl der Blöcke rangiert in Normalhöhe, es sind aber auch einige Highballs vorhanden, für die kräftige Spotter nötig sind.

Bouldern Silvretta
Simon Ljuljdjuraj / TVB Paznaun-Ischgl

Der griffige Gneis sorgt auch für leichte Kost wie in Summa (4C) im Sektor Super Crack.

Anreise
Entweder von Vorarlberg über die Silvretta-Hochalpenstraße (Wintersperre!) oder über das Inntal, wo man bei Pians ins Paznauntal abbiegt. Von Landeck kommend durch Galtür und Wirl, dann 1,2 km nach Ortsende rechts auf die Zeinisjochstraße (Richtung Stausee Kops). Dieser 2,0 km folgen, dann links auf Schotterpiste (GPS 46.970278, 10.147222) und dieser bis zum Bezahlparkplatz bei der Talstation der Ballunspitzbahn (1931 m, GPS 46.965556, 10.145278) folgen. Dieser wurde extra für den Boulderbetrieb angelegt. Münzen- und Kartenzahlung am Automat möglich.

Beste Zeit
Abhängig von der Schneelage Mai bis November. Die Blöcke liegen auf 2000 bis 2300 Meter an einem Nordhang, sind freistehend und trocknen sehr schnell ab.

Bouldern Silvretta
Christian Fenzl

Layla Mammi bouldert Shining (7C+/8A), das Publikum fühlt sich derweil wie in Palm Beach.

Übernachtung
Camping Zeinissee beim nahe gelegenen Kops-Stausee. Es gibt auch zahlreiche Pensionen, Ferienwohnungen und Hotels in Galtür und Umgebung. Wildes Campieren ist im gesamten Gebiet untersagt.
Übernachtung im Auto auf dem Parkplatz wird geduldet. Damit dies so bleibt: keine Zelte aufstellen, Müll in die Mülltonnen, keine Feuer, Abwasch nur am Brunnen außen, Kot von Hunde einsammeln!

Verpflegung
Am Ortsausgang von Galtür in Richtung Ischgl gibt es einen Supermarkt. "Intersport Wolfart" in Galtür verleiht Crashpads und Kletterschuhe.

Bouldern mit Kindern
Vor allem außerhalb der Blockfelder auf den Skipisten und Ziehwegen ist der Aufenthalt von Kindern unter Aufsicht problemlos. In den Sektoren selbst lauern teils erhebliche Gefahren durch tiefe Löcher, und Steinschlag ist im Gebirge auch ein Thema.

Bouldern Silvretta
Markus Ixmeier

Der Blick auf den See sorgt für grandioses Panorama.

Einschränkungen
Auf Vorarlberger Gemarkung sind keine Neuerschließungen erlaubt, vorhandene Boulderprobleme sollen nicht mehr publiziert werden (westlicher Teil des Sektors Jamrock, ganzer Sektor Terra Nova). Generell sollen Neuerschließungen im Vorfeld immer abgestimmt werden.
Keine Nightsessions! In diesen Sektoren darf ab 19 Uhr nicht mehr gebouldert werden (Beschilderung vor Ort beachten): westlicher Teil des Sektors Palm Beach (Blöcke 27 bis 34 im aktuellen Führer) sowie Sektor Golden Gate an den Blöcken 1 bis 5.

Wo gibt es was?
Einsteiger finden im Sektor Sekten vier Parcours, im Sektor Jamrock wartet ein buntes Allerlei. Große Auswahl in allen Graden bieten die Sektoren Super Crack/Schuh des Manitu, Palm Beach und Golden Gate. Viele harte Nüsse gibt‘s in den Sektoren Steinblock, Anam Cara und Outlands/Ballun.

Bouldern Silvretta
Markus Ixmeier

Es gibt auch Highballs: Einige Crashpads und Spotter sind sinnvoll, wenn man wie Markus Herdieckerhoff Zu jung zum Sterben (6B) ist.

Die besten Boulder der Silvretta: Insider-Tipps

FB 4

The other wind (4A), "Palm Beach Boulder 24a" (4A), Tales from Earthsea (4B), Ticket ohne Flug (4B), Hintertürchen (4B),
Dendaneben (4C), Summa (4C).

Fb 5

Alte Pfeife (5A), La Rampa (5A), Schnürhenkel (5B), "Golden Gate Boulder 16a" (5B), Eins Zwei Drei und raus (5C), Blues (5C+).

Fb 6

One summer (6A), Türmerei (6A), "Jamrock Boulder 15b" (6A), Kobra (6A+), Silvacräcker (6A+), Abahatschi (6A+), Winni Tatsch (6A+), The left feet (6A+), Mut zur Lücke (6B), Leistung muss sich wieder lohnen (6B), Xelow (6B), Silver Run (6B+), Austrian Summer (6B+), Super Crack (6B+), Rubber gun (6B-6C), Bumerang (6C), Goldfinger (6C), The horn (6C), "Birkhahn Boulder 1h" (6C-7A+), Tuna (6C+), The new beginning (6C+).

Fb 7

Thor (7A), Shanghai Syndrom (7A), Gautscho (7A), Golden Go (7A+), Phtewart (7A+), Gecko (7A+), Odin (7B), Spiderman (7B), Niemandsland Hakuna Matata (7B), Schuh des Manitu (7B+), Winni Two (7B+), Palm-Beach-Kante (7B+), Crème Brulée (7B+), "Birkhahn Boulder 3a" (7B+), Stellwerk (7B+/C), Baby Lama (7B-7C), Marabou (7C), Fortuna (7C), Zwiederwurzn (7C-C+), Sunshine Reggae (7C/C+), Niviuk (7C+),
Shining (7C+/8A).

Fb 8

Diamond Nuts (8A), Sucker for pain (8A), Pretty Belinda (8A), X-Ray (8A), Schattenkrieger (8A), Charity Bouldern (8A/A+), Rongbuk (8A+),
The pinch (8A+), Spidernet (8A+), Golden Gate (8B), Anam Cara (8B+), Memento (8B+).

Bouldern in der Silvretta: Story

Wir wollen dringend bouldern, aber es hat viel geregnet – also brauchen wir ein Ziel, das schnell trocknet. In zwei Tagen soll das Wetter schön werden, aber für die heimischen, im Wald gelegenen und Trockenzeit benötigenden Blöcke besteht wenig Hoffnung. Also rauf über die Baumgrenze! Nach den zwei Ruhetagen sitze ich zusammen mit Micha im Auto und kurven Richtung Imst, dann ein Stück Richtung Arlberg, bevor es links rauf ins Paznauntal abzweigt. Die Silvretta, genauer gesagt der Silvapark bei Galtür ist mal wieder das auserkorene, rettende Ziel.

Immer mehr Boulder
Ganz am Ende des Paznauntals, am Fuße der Ballunspitze, dem weithin sichtbaren Wahrzeichen oberhalb der kleinen Ortschaft Galtür, befindet sich deutlich oberhalb der Baumgrenze auf 2000 bis 2300 Meter Meereshöhe ein ausgedehntes, weit über den Hang verteiltes Blockfeld, das durch die Pisten und Ziehwege des Skigebiets in verschiedene Sektoren aufgeteilt wird. Bernd Zangerl hat hier um die Jahrtausendwende mit Freunden ein begeisterndes Boulderkleinod ins Leben gerufen. Waren es nach der ersten Erschließungswelle knapp 200 Boulder hauptsächlich in den oberen Schwierigkeitsgraden, von denen vor allem Memento und Anam Cara (beide 8B+) zur weltweiten Bekanntheit des Gebietes beigetragen haben, so sind in den letzten Jahren auch in den unteren und mittleren Graden zahlreiche Linien erschlossen worden. Daher sollte heutzutage in den 13 Sektoren mit rund 600 Problemen jeder Blockfreund lohnende Ziele in ausreichender Menge finden.

Bouldern Silvretta
Stephan Göb

Die Felsoberfläche des Biotit-Orthogneis ist recht strukturiert und grobkörnig, oft findet man schuppige Henkel oder körnige Leisten.

Sommertreffpunkt der Boulderszene
Ungeduldig zuckeln wir das Paznauntal mit seinen vielen Ortschaften entlang, bis wir kurz nach Galtür und der kleinen Ortschaft Wirl endlich fast am Ziel sind. Von der Silvretta-Hochalpenstraße zweigen wir rechts Richtung Kops-Stausee ab, kurze Zeit später geht’s dann auf einer steilen Schotterpiste zum mitten im Skigebiet gelegenen Parkplatz auf 1931 Metern Meereshöhe.
Kaum ausgestiegen gibt’s auch schon ein großes Hallo, irgendwie ist ja doch immer jemand Bekanntes da. Logisch eigentlich, nach Wetterkapriolen wie dem Dauerregen der letzten Tage trifft sich hier die halbe Boulderszene der näheren und weiteren Umgebung, und während der Sommerferien ist eh immer einiges los.
Schnell sind die letzten Neuigkeiten ausgetauscht und die heutigen Ziele werden diskutiert. Bald wird klar, dass ein Start im recht nahe zum Parkplatz gelegenen Sektor "Steinblock" eigentlich für alle vielversprechend klingt, dort gibt es mit Marabou (7C), Diamond Nuts, Sucker for Pain und King of Nothing (alle 8A) auch einige Highlights der gehobenen Klasse. Und wenn der ganze Haufen beisammen ist, kann man auch gleich noch ziemlich "save" ein paar Highballs zum Aufwärmen machen. Crashpad-Kumulation oder Crowd-padding heißt das Zauberwort.
Nach den ersten Stunden Aufwärmen, Probieren, Quatschen, Durchsteigen, Abtropfen, Sonnenbaden und einfach die tolle Natur genießen, verläuft sich die Gesellschaft ein wenig. Die einen wollen ganz nach oben zum Sektor Ballun. Spidernet (8A+) steht dort auf der Speisekarte, und im Outlands-Sektor sind The pinch (8A+)und Charity Bouldern (8A/+) begehrte Ziele.

Bouldern Silvretta
Simon Ljuljdjuraj / TVB Paznaun-Ischgl

Wie viele Blöcke im Silvapark zu schön, um nicht dort zu verweilen: Der Vorbeigeher (6B), Sektor Jamrock.

Bouldern an der Skipiste
Eine andere Gruppe macht sich zu den klassischen Sektoren mitten ins Herz des Bouldergebiets auf. Im Sektor Palm Beach gibt es neben Highlights wie Memento, Shining (7C+/8A) und Schattenkrieger (8A) auch eine Reihe schöner Probleme etwas einfacherer Natur. In der Kategorie mittelhart sind Zwiederwurzn (7C/+) und die Palm-Beach-Kante (7B+) zu empfehlen, doch auch in den Fontainebleau-Graden 4 bis 6 gibt es reichlich Betätigungsfeld. Und am Hinweg kann man in den Sektoren Schuh des Manitu oder Super Crack eine Block-aktive Verschnaufpause einlegen und den atemberaubenden Ausblick auf den smaragdgrünen Kops-Stausee genießen.
Micha und ich machen uns aber erstmal in den nahe gelegenen Sektor Sekten auf. Eine zweite kurze Aufwärmeinheit in den dortigen einfachen Parcours ist immer wieder schön. Micha hat sich außerdem das mächtige Dach Odin (7B) vorgenommen – klasse Henkel, aber weit auseinander. Die etwas tiefer gelegenen Blöcke des Sektors mit dem Hammerboulder Niviuk (7C+) lassen wir danach rechts liegen und queren über die Skipiste in den relativ neuen Sektor Jamrock. Dort sind in den letzten Jahren viele exzellente Probleme in fast allen Graden entstanden. Insbesondere Robert Markus hat eine Menge toller moderater Probleme erschlossen und keine Mühe gescheut, um vernünftige Landungen zu bauen. So verbringen wir einen klasse Nachmittag mit vielen abwechslungsreichen Bouldern ohne allzu viele Sorgen, was den Absprung angeht.

Bouldern Silvretta
Christian Fenzl

Im Silvapark warten viele überhängende Boulder, aber auch Platten und Kanten sind im Angebot.

Viele überhängende Boulder
Generell fällt das Absprunggelände in den meisten Sektoren trotz teilweise erheblicher Verblockung relativ moderat aus. Zum einen ist dies den Mühen der Erschließer geschuldet, zum anderen durchziehen immer wieder eher flache Geländeteile den Hang, auf denen viele der schönsten Blöcke zu liegen gekommen sind. Mit zwei, drei Crashpads kann man also die meisten Probleme gut angehen. Zwar gibt es einige haarsträubende Highballs, doch der überwiegende Teil der Boulder spielt sich in überschaubarer Blockhöhe ab.
Beim Gestein handelt es sich um Biotit-Orthogneis mit teils wunderschöner goldener bis rötlicher Farbe. Die Felsoberfläche ist recht strukturiert und grobkörnig, oft findet man schuppige Henkel oder in den härteren Problemen kleine, körnige und etwas abstehende Leistchen vor. Handschmeichler sind die Ausnahme, aber mit sorgfältiger Greiftechnik zur Vermeidung der heftigsten Spitzchen und etwas Hornhaut ist alles kein Problem. Die Strukturen sorgen jedenfalls für genialste Linien in oft steilen Wänden, die andernorts im Granit oder Gneis grifflos wären.

Zwischen Genuss und Projekten
Wir spulen im Sektor Jamrock einen tollen, steilen Henkelboulder nach dem anderen ab, unterbrochen von feinen technischen Bewegungsproblemen. Sogar nette Platten und einige interessante Kanten sind dabei. Den ganzen Nachmittag über dringen vom über dem Ziehweg gelegenen Sektor Anam Cara immer wieder verzweifelte Schreie zu uns herüber – ob vor Schmerz an den kleinen Leisten des gleichnamigen Testpieces oder vor gepumpten Armen in Pretty Belinda (8A) ist nicht klar. Klar ist nur: Das war heute mal wieder nichts mit dem Durchstieg bei unseren Freunden. Aber was wäre Bouldern, wenn die Projekte immer gleich klappen würden!
Micha und ich jedenfalls genießen die Abendsonne an den rotgolden leuchtenden Blöcken des Jamrock-Sektors, heute ganz auf Genuss und nicht auf Projektieren aus. Trotzdem sind abends die Finger dermaßen durchgenudelt, dass wir uns einig sind, dass uns der eine Tag erstmal reicht. Aber wir kommen bald wieder – keine Frage!