Die sieben Gipfel der Churfirsten zählen zu den markantesten Bergketten im Alpenraum. Wie der Thomas Wälti, Autor des SAC-Führers, zu berichten weiß, warten zwischen Walensee und Liechtenstein aber noch viel mehr felsige Highlights – vom Klettergarten bis zur Longline, von plaisir bis extrem. Info, Empfehlungen und Story zu 7 ausgewählten Kletterspots im St. Galler Oberland.
Info rund ums Klettern im St. Galler Oberland
Anreise
Warum nicht das funktionierende Schweizer Bahn- und Busnetz nutzen? Die Anreise nach Sargans ist auch im ICE möglich, und vor Ort liegen die allermeisten Gebiete unweit der nächsten Haltestelle des Öffentlichen Nahverkehrs. Der Mattstock, Klettergärten wie Galerie, Scholl, Procha Burg oder Matlusch sind gut mit dem Bus zu erreichen, Twärchamm mit den Pizolbahnen. Für die Föhnmauer kann ein Fahrrad sinnvoll sein. Einzig gewisse Churfirstenrouten an Selun, Frümsel und Zuestoll sind mit dem Auto deutlich einfacher zu erreichen.
Beste Zeit
Für die alpinen Routen sind Spätsommer und Herbst bis zum ersten großen Schnee die beste Jahreszeit. Im Frühjahr und Frühsommer herrscht am Mattstock teils ein Kletterverbot. Die Steilflanken in den Churfirsten und am Gonzen sollten unbedingt komplett schneefrei sein, sonst drohen Schneerutsche und vermehrter Steinschlag. Klettergärten und viele Mehrseillängenrouten in Talnähe sind fast ganzjährig begehbar.
Übernachten
Alle größeren Talorte besitzen Hotels. Campings und Stellplätze findet ihr in Walenstadt, Weesen und in Bad Ragaz.
Ausrüstung
Die "Plaisir-Schweiz" findet auch im St. Galler Oberland statt. Genügend viele und meist moderne Bohrhaken zieren inzwischen alle gängigen Klettergärten und die meisten Mehrseillängenrouten am Mattstock oder an der Föhnmauer. Ein 60- oder 70-Meter-Seil und 12 bis 14 Exen sind meist ausreichend. Die alpinen Routen an den Churfirsten und am Gonzen weisen sehr unterschiedliche Absicherungsstandards auf, einige Klemmkeile und Friends sind meist sinnvoll oder gar zwingend nötig. Zudem sollten Halbseile und gute Zustiegsschuhe zum Einsatz kommen.
Kletterführer
Thomas Wälti: Klettern – St. Galler Oberland, 437 Seiten, Weber Verlag AG, 1. Auflage, 2023; Preis: 69 Euro.
7 Klettergebiete im St. Galler Oberland
1. Mattstock: Sonniges Plaisir mit Aussicht
Das Pendant zum bekannten Brüggler im Glarnerland, nur ist der Schrattenkalk hier noch besser. An der Hauptwand führen acht gut gesicherte Routen im 5. Franzosengrad in 4 bis 5 Seillängen auf die Grathöhe – ideal für den Einstieg ins alpinere Klettern. Von der Bergstation der Sesselbahn ist man in gut einer Stunde an den Einstiegen.
2. Galerie: Sportklettern für kühle Tage
Der Kalkriegel zwischen Weesen und Amden mit aktuell 272 Routen ist der Sportkletterklassiker der Ostschweiz. Es dominiert senkrechte, fingerintensive "Old-School-Kletterei" im 6. und 7. Franzosengrad, die Bewertungen sind eher streng. Aufgrund der Steinschlaggefahr empfiehlt sich das Tragen eines Helms. Mit Kindern ist nur der oberste Sektor zu empfehlen, dort müssen Mami und Papi aber richtig stark sein.
3. Churfirsten: Alpine Highlights am Zuestoll
Der Klassiker Alte Süd (6b+ oder 5c, A0, 12 SL), der Neoklassiker Chico Mendez (7a oder 6b, A0, 9 SL) und die Neukreation Solitaire (7a oder 6b, A0, 10 SL) sind grandiose alpine Sportkletterrouten. An schönen Sommer- und Herbstwochenenden ist man zwar selten allein, dafür hat man mehr tolle Fotomotive. Der finale Teil des Zustiegs von der "Paliis Nideri"-Scharte über sehr exponierte, teils drahtseilgesicherte Bänder zu den Einstiegen verlangt gutes Schuhwerk, alpine Erfahrung und trockene Verhältnisse.
4. Gonzen: Longline für geübte Alpinkletterer
Nach gut 20 Seillängen am Gipfelkreuz auszusteigen, ist der krönende Abschluss eines denkwürdigen Klettertages. Auch die meistbegangene Route Ä guats Gfühl erfordert Kenntnisse im Umgang mit teils brüchigem Fels und Graspolstern. Trotz relativ guter Absicherung mit Bohrhaken sollten Klemmkeile und Friends (auch ein größerer) am Gurt baumeln. Zwei Längen sind 6c, drei zwischen 6a+ und 6b+, der Rest bewegt sich von 4b bis 5c+.
5. Fläscherberg: Sportklettern und alpines Flair
An der Föhnmauer geht‘s luftig zu! Mit 70-Meter-Einfachseil und bis zu 18 Exen kann man hier viele Wege klettern und wieder abseilen. Nur für Me Gusta (7a+) werden zum Abseilen 50-Meter-Halbseile benötigt. Bequemer ist aber der Abstieg durchs Mozentobel. Die Einstiege erreicht man in 30 Minuten ab Parkplatz, von der Bushaltestelle Fläsch Dorf in gut einer Stunde.
Sonniges, gut gesichertes Sportklettern an Leisten, Rissen und Verschneidungen mit bis zu drei Seillängen bieten die fast 100 Routen am Matluschkopf. Nötig sind ein 70- oder 80-Meter-Seil und viele Exen. Manche Routen lassen sich alternativ komplett mit Keilen und Friends absichern. Von Fläsch Dorf in 30 Gehminuten zu erreichen, vom Parkplatz in zehn.
6. Chropfsberg: Cooler Spot für heiße Tage
Sehr solider Kalk mit tollen Griffformen, über 100 Routen großteils im 6. und 7. Franzosengrad sowie die nordwestliche Exposition und ein markant kühleres Mikroklima machen die Sektoren des Chropfsbergs zum idealen Sommerziel. In den oft leicht überhängenden Routen ist sowohl Technik und Boulderpower als auch Ausdauer gefordert. Der Hauptsektor des Oberen Chropfsbergs ist perfekt für 6c/7a-Kletterer. Vom Parkplatz Wildboden in 35 Minuten, von der Bushaltestelle Balen-Gassaura in 55 Minuten zu erreichen.
7. Twärchamm: Familienspaß hoch droben
Nur 15 Gehminuten von der Pizolhütte wartet auf 2300 Metern ein aussichtsreicher Klettergarten mit 22 bis zu 30 Meter langen Routen von 3a bis 6a+ an griffigem Verrucanofels. Die Wände eignen sich am besten für Sommer und Herbst. Das gemütliche Gebiet ist ideal für Kinder, Einsteiger und Genießer, einzig die 52 Franken für die Seilbahnfahrt hinauf zur Pizolhütte trüben das Vergnügen. Wohl dem, der mit einem Schweizer Halbtaxabo zum halben Preis fahren kann. Alternativ können die 1700 Höhenmeter mit einem Akku-starken E-Bike angegangen werden. Ein 60-Meter-Einfachseil und rund 15 Exen machen den Rucksack dabei nicht allzu schwer.
Klettern im St. Galler Oberland: Story
Zwischen Zürich und Graubünden liegt der Walensee. Hier im St. Galler Oberland zwischen Glarus, Säntis, Liechtenstein und Chur liegen Felsen, die ein ganzes Kletterleben aus- und erfüllen können: von Einsteiger-tauglichen Klettergärten über die Boulderblöcke des Murgtals bis zu Sportklettergebieten wie der Galerie sowie veritablen alpinen Abenteuern an Churfirsten & Co.
Churfirsten – sieben grandiose Zacken
Von den Kalkstöcken der Churfirsten schaut man gut 1800 Meter auf den See hinab, und zwar steil, sogar sehr steil. Die obersten Abstürze bilden 300 bis 500 Meter hohe, oft senkrechte Wände. Mit der Südwand des Brisi wurde 1935 gleich die imposanteste Wand der Kette als erste durchstiegen.
Heute ziehen rund 150 Routen durch die Wände der Churfirsten. Geboten wird großes Alpin-Abenteuer, aber auch fast plaisirmäßiges. Doch Achtung: Ähnlich wie an den Wendenstöcken muss man hier nicht nur die Routen hochkommen, zuerst muss man überhaupt den Einstieg erreichen. Der Blick vom See hinauf in die Steilflanken sagt alles. Gefühlt starten die Routen mitten in der Wand, erreichbar über ausgesetzte Grasschrofen und Bänder, was oft schon ein Abenteuer für sich ist. Dank der Seilbahn auf den Chäserrugg gibt es aber auch lohnende Routen mit weniger spannenden und kürzeren Zustiegen. Einige Routen werden abseilend von oben erreicht. Tristencholben, Chäserrugg Rosenböden und Hinderrugg Hohwand sind dementsprechend regelmäßig besucht, jedoch sicher nicht überlaufen.
Das bekannteste Kletterziel der Churfirsten ist die Südwand des Zuestoll. Die Alte Süd (6b+, 12 SL) hat es sogar in Walter Pauses "Im extremen Fels" geschafft. Inzwischen zieren viele Bohrhaken diese Route, eine Begehung bietet vergnügliches Höhersteigen mit vielen fotogenen Querungen. Direkter durch die Wand ziehen einige schwierigere Wege mit grandiosen Seillängen: Chico Mendez (7a, 9 SL), Solitaire (7a, 10 SL) oder Allerheiligen (6c, 9 SL) gehören zu den legendären Alpinrouten hier.
Mattstock – sonniger Plaisirkalk
Wer sich dem alpinen Ambiente der Churfirsten noch nicht gewachsen fühlt, tut gut daran, mal links und rechts zu schauen. Über dem westlichen Ende des Walensees bilden viele mächtige Kalkschichten eine riesige Mulde mit grünen, landwirtschaftlich kultivierten Wiesen, mittendrin das Dorf Amden. Amden ist ein bekanntes Züricher "Über-dem-Nebel"-Ausflugsziel und wird prägnant überragt vom hellen Schrattenkalk des Mattstocks. In seinen meist bombenfesten Platten und Wasserrillen fühlen sich dank der zahlreichen lohnenden Routen im fünften Franzosengrad mit vier bis fünf Seillängen und vielen Bohrhaken auch Mehrseillängen-Neulinge wohl. Steilere Felsperlen für jene, die genug Wasserrillen geübt haben, findet man am Vorder Mattstock. Wer auch im Überhang kleinste Griffe halten kann, für den bietet der Schibenchnölli Aufgaben fast ohne Ende. Die Zustiege zum Mattstock rangieren eher im Bereich normales Bergwandern und lassen sich sogar mit einer gemütlichen Sesselbahnfahrt oder dem E-Bike verkürzen.
Die intensive Freizeitnutzung hat in der Region Amden jedoch schon zu Interessenskonflikten und einigen Einschränkungen der Klettermöglichkeiten geführt. Es sollte also selbstverständlich sein, die nun bestehenden Wildruhezonen und Kletterverbote zu respektieren.
Galerie – Sportklettern überm Tunnel
An und über der Straße von Weesen hinauf nach Amden entstand vor gut 30 Jahren das Sportklettergebiet Galerie. Kurzer Zustieg und solider, senkrechter Kalk zogen schnell viele Felsbegeisterte an, und die Galerie entwickelte sich zum beliebten Klettergarten und Feierabendgebiet. Aktuell ziehen 272 Routen in rund zehn Sektoren durch die Wände. Teils spenden Bäume Schatten, oft aber klettert man in der prallen Sonne. Die Galerie ist definitv kein Gebiet für den Hochsommer. Dann badet man besser unten im See.
Auf den Galeriedächern findet man dafür mitten im Winter guten Grip, um sich auch ganz kniffligen Klassikern erfolgsversprechend anzunähern. Dank diverser Begradigungen und Sanierungen ist aktuell das Zusammenhängen der ehemaligen Zwei- und Dreiseillängenrouten in den bis zu 50 Meter hohen Wänden zu einer lohnenden Beschäftigung für Ausdauernde geworden. Klassiker wie Ikarus (6b+) werden damit noch besser, aber nicht leichter. Bis man ganz oben ankommt, kämpft man lange und spürt die traditionelle Bewertung deutlich in den Armen. Lohnend wird die Galerie ab 6a, 6b, und in diesen Graden bewegt man sich im Hauptsektor popularitätsbedingt oft auf ordentlich poliertem Kalk. Wer sich aber einige steile Zustiegsminuten weiter hinaufbemüht, zum Beispiel aufs Obere Band, den erwartet noch kaum abgegriffener Fels, und der Panoramablick über den See und in die Glarner Berge ist noch besser.
Gonzen – der Wächter über Sargans
Die Gonzenwand ist ein Abenteuerspielplatz für Kletterer: Erst 1956 wurde die Wand zum ersten Mal entlang ihrer Schwachstellen in oft grasigen Rissen zwischen abwärtsgeschichteten Platten durchstiegen. Mehrere Unfälle machten die Steiger-Abderhalden-Route schnell regional berüchtigt. Normalhaken sind im Gonzenfels selten solide anzubringen, und bei Stürzen wurden ganze Seillängen ausgenagelt. Erst der Bohrhaken-unterstützte Blick auf die kompakten und weniger grasbewachsenen Felszonen eröffnete das riesige Potenzial der Gonzenwand. 1997 wurde die alte Route begradigt und saniert. Die Hälfte der 20 Seillängen verläuft nun auf einer lohnenderen Linie, und bekommt seither regelmäßig Besuch. Diese "Longline" hoch über dem hektischen Tal heißt und bietet Ä guäts Gfühl. Sie fordert Seillängen im 6c-Bereich und insbesondere Ausdauer.
Über 20 Linien durchziehen heute die Gonzenwand oder zumindest Wandteile. Außer in der sehr gut gesicherten Miss Marple (eine Stelle 7b, 6b obl., 8 SL) ist überall solides Vorstiegskönnen mit gefestigter Moral weit über dem letzten Haken zwingend. Der Fels ist auch nicht immer top, und meist sind die nötigen Bewegungen schwierig zu lesen. Easy schnell abhaken ist hier nicht angesagt, dementsprechend werden viele Routen selten begangen. Wer jedoch den Ausstieg von Kottan ermittelt (7b+, 7 SL) oder Metronom (7c+, 16 SL) erreicht hat, wird sehr lange von diesem Erlebnis zehren. Dank dem Verein eastbolt.ch wird langsam eine um die andere Route eins zu eins mit rostfreien Haken versehen.
Eine Etage tiefer findet man auf rund 1000 Metern mit der Planggwand eine kleine Alternative zur Gonzenwand. Die Platten- und Rissklettereien bieten in schneearmen Wintern hübsche Erlebnisse in tollem Fels und werden dank Sanierungen auch wieder regelmäßig begangen. Besonders lohnend: Totäbeinli (6b, 6 SL).
Ganz unten im Tal verschwindet der Gonzenfels am Schollberg im Sediment der Rheinebene. Zuvor blinken noch hunderte Silberlinge an den Felsen im Klettergarten Scholl und an den Platten des Maziferkopfs. Ohne diese Wand wäre das Klettern in der Region kaum so beliebt geworden. Wer mal viele Klettermeter im dritten bis fünften Grad sammeln will, ist im Scholl am richtigen Ort.
Bad Ragaz – Kuren für Starke
Der Ruhm von Bad Ragaz beruht auf dem Thermalwasser aus der Taminaschlucht. Seit Jahrhunderten verleiht es den Kranken Gesundheit, der örtlichen Hotellerie Gäste und dem Bergvolk Wohlstand. Regeneration ist auch nach intensivem Besuch der vielen Kalkriegel um Bad Ragaz nötig, denn an diesen kann man viel Kraft liegen lassen. Ein entspannendes Bad im 36,5 Grad warmen Wasser ist dann herrlich. Der Hornhaut wegen aber bitte zum richtigen Zeitpunkt!
Lange Zeit wurden diverse Klettergebiete um den Kurort nicht veröffentlicht. Aus gutem Grund: Viele Kletterer am selben Ort sind immer ein Problem. Fahrverbotsstraßen, kaum Parkmöglichkeiten, Jagdreviere und diverse Naturschutzinteressen fordern hier zudem ein besonders sensibles Verhalten seitens der Kletterer. Die Publikation im SAC-Kletterführer St. Galler Oberland war denn auch ein lang überlegter Schritt, und ich hoffe, dass der Mut zu diesem Schritt nicht durch Wut ersetzt werden muss.
Das oft kühle Mikroklima im Gebiet Chropfsberg ist ideal für heiße Sommertage. Und diese nehmen inflationär zu. Also sicher nicht mit dem Auto hochfahren, sondern 30 Minuten wandern und dann die technischen, teils auch eine Portion Ausdauer fordernden Routen genießen. Über 100 davon warten hier, der Schwerpunkt liegt im 6. und 7. Franzosengrad. Die kleine Wanderung lohnt sich, versprochen! Dieser Ort mit Blick zu Gonzen und Churfirsten ist traumhaft schön.
Über dem Stausee Mapragg im Taminatal wurde vor bald 30 Jahren vom lokal aktivsten Erschließer Andreas Audétat eine Wand mit großem Potenzial gefunden. Das lange verschwiegene Gebiet Vättis (oder Mapprag) bot zeitweilig die höchste Routendichte ab 8a in der Ostschweiz. Aktuell ziehen über 55 Linien durch die meist überhängende Mauer und viele sind regionale Klassiker geworden. Es dominiert Ausdauer-Leistenkletterei. Weil die Wand selten richtig nass wird, helfen aber (leider?) viele Tickmarks zu den Umlenkern. Das abenteuerliche Einstiegsband mit den Fixseilen erfordert große Aufmerksamkeit, für Kinder ist das Gebiet ungeeignet.
Ein ideales Familiengebiet für heiße Tage findet man indes auf 2300 Meter bei der Pizolhütte. Mit den Seil- und Sesselbahnen ab Wangs oder Bad Ragaz kann man sich bequem 1700 Meter hochschaukeln lassen, muss dann noch die ersten 15 Minuten der berühmten Fünf-Seen-Wanderung hinüberschlendern und schon steht man am Klettergarten Twärchamm. Unter den Händen hält man hier 300 Millionen Jahre altes Verrucanogestein, im linken Sektor fühlt sich dieses wie Granit an. Hier sind 22 bestens abgesicherte Routen bis maximal 6a+ und eine grandiose Aussicht geboten. Genuss pur!
Fläscherberg – das Miniaturgebirge
Die mächtigen Wände des Fläscherbergs treiben gen Süden fahrenden Felssehnsüchtigen einen feuchten Film auf die Fingerspitzen. Direkt über den Rebbergen des malerischen Dorfes Fläsch liegt der Klettergarten des Matluschkopfs. Von der Sonne verwöhnt werden hier nicht nur die Trauben, sondern auch perfekte Kalkrisse. Zudem machen viele senkrechte Wandklettereien und Plattenrouten Matlusch zu einem Paradies für gemäßigtere Felsliebhaber. Von 5c bis 7a ist das Betätigungsfeld reichhaltig, zudem kann man Mehrseillängenluft schnuppern. Wenn einem in den nahegelegenen Rätikon-Wänden die Finger abfrieren, ist Fläsch die perfekte Ausweichdestination, außer stürmischer Föhn jagt durchs Rheintal.
Ein anderes Highlight am Fläscherberg heißt denn auch Föhnmauer. Nicht grundlos, denn bei Föhnsturm fliegen hier die Seile beim Abseilen hoch statt hinunter. Bei "normalem" Herbst- oder Frühjahrswetter bieten die senkrechten Wege dagegen ein traumhaftes Vergnügen, zumindest für Spezialisten auf feingriffigen Leisten mit präziser Fußtechnik. Bei den inzwischen milden Wintern ist die Föhnmauer zum Topgebiet geworden. Die Sonne wärmt den Fels ab etwa elf Uhr, und bis sie um 15 Uhr hinter dem Pizol verschwindet, reicht es gut für bis zu sieben Seillängen durch das imposante Gemäuer. Wo sonst kann man oft sogar im Januar so etwas erleben? Me Gusta (7a+, 7 SL) hat sich als großer Klassiker etabliert – und trotzdem ist man hier meist alleine unterwegs.
Deutlich belebter, vor allem an Wochenenden, geht es in Procha Burg zu. Seine Beliebtheit verdankt der bei Sevelen gelegene Klettergarten seiner großen Auswahl an Routen in den Graden 4a bis 6c und dem familienfreundlichen Ambiente. Gegenstück dazu ist das international bekannte Gebiet Voralp mit Beat Kammerlanders Speed (8c+) von 1995. Hier tummeln sich die ganz Starken, nicht selten ebenfalls in großer Zahl.
Es gäbe noch von vielen weiteren Felsperlen zwischen Walensee und Liechtenstein zu berichten, doch leider habe ich hier nicht die 437 Seiten meines 2023 erschienenen SAC-Kletterführers St. Galler Oberland. Aber wie gesagt, es wartet Fels für mehrere Kletterleben: von 2a bis 9a, vom Sitzstart bis zu 20 Seillängen und für alle vier Jahreszeiten.