Standplätze in MSL: Das muss man wissen
Was die Bremse beim Auto, ist der Standplatz in alpinen Kletterrouten. Versagt er, bedeutet dies unter Umständen den Absturz der kompletten Seilschaft. Halbe Sachen sind deshalb tabu, der Standplatz muss jeder denkbaren Sturzbelastung gewachsen sein. In eingebohrten Routen mit soliden Klebehaken ist der Aufbau der Standplätze relativ schnell erledigt, wenn man weiß, wie‘s geht. In nicht sanierten Klassikern, beispielsweise in den Dolomiten, ist dagegen oft eine Ergänzung des vorhandenen Materials durch mobile Sicherungsmittel wie Klemmkeile, Camalots oder Sanduhrschlingen vonnöten. Denn wer will schon das eigene Leben und das des Partners zwei betagten, rostigen Normalhaken anvertrauen. Aber je mehr Fixpunkte im Spiel sind, desto komplizierter wird die Sache. Und ohne das entsprechende Knowhow in der Theorie und vor allem in der Praxis kommt man dann schnell in die Bredouille.
Generell gilt beim Standplatzbau das Prinzip der Redundanz, sprich die Last sollte möglichst auf mehrere Fixpunkte verteilt sein – zumindest wenn diese Fixpunkte einzeln nicht hundertprozentig verlässlich sind. Für Standplätze an nur einem Fixpunkt kommen daher nur geklebte oder zementierte Sicherheitshaken, solide Sanduhren, Bäume oder geeignete Köpfl und Blöcke in Frage. Niemals an nur einem Normalhaken, Klemmkeil oder Klemmgerät Stand bauen! Während in der Vergangenheit viele Standplätze mit nur einem geklebten Haken (z.B. Muniringe in der Schweiz, DAV-Sicherheitshaken) saniert wurden, geht die Tendenz heute wieder zu zwei geklebten Haken im Sinne des Redundanzprinzips.
Des weiteren gilt beim Aufbau eines Standplatzes das Prinzip des Zentralpunktes. Dies bedeutet, dass die Selbstsicherung des Sichernden und die Partnersicherung am selben Punkt eingehängt sind. Zudem besteht eine möglichst direkte Verbindung vom Zentralpunkt zu allen Fixpunkten. Ziel dieses Prinzips ist es, alle Haltepunkte inklusive Sichernden und Partnersicherung in einem Punkt zu vereinen. Ein gutes Beispiel für den Sinn des Zentralpunktes ist die Sicherung an einer langen Köpflschlinge. Wird hier die Partnersicherung nicht in den Selbstsicherungskarabiner, sondern in die Schlinge eingehängt, besteht die Gefahr, dass das Sicherungsgerät bei einem Vorsteigersturz entlang der Schlinge nach oben rutscht und dem Sichernden unter Umständen das Bremsseil aus der Hand gerissen wird.
Standplatzbau: welche Methode?
Erfolgt der Standplatzbau nur an einem soliden Fixpunkt, ist das Zentralpunkt-Prinzip einfach zu realisieren: In den Fixpunkt wird ein Verschlusskarabiner und in diesen die Selbstsicherung mittels Mastwurf eingehängt. Die Partnersicherung wird nun am gesunden Schenkel (vom Schnapper abgewandte Seite) des Selbstsicherungskarabiners oder auch direkt in die Öse oder den Ring des Sicherheitshakens eingehängt.
Bei mehreren Fixpunkten stehen dagegen zwei grundsätzliche Methoden zur Wahl. Lange Jahre verstand man unter einem Standplatz eine Ausgleichsverankerung (oder Kräftedreieck), deren Vorteil es ist, dass die Last immer gleichmäßig auf die Fixpunkte verteilt wird. Heute gilt die Fixpunktsicherung mittels Reihenschaltung als Standardmethode des Standplatzbaus bei mehreren Fixpunkten. Die Fixpunktsicherung hat mehrere Vorteile: keine Anprallgefahr für den Sichernden, leichtere Bedienung des Bremsseils, Gewichtsunterschiede zwischen den Seilpartnern spielen eine weniger große Rolle. Außerdem ist der Sichernde nicht Bestandteil der Sicherungskette und kann so den Partner bei Bedarf unproblematisch am Stand fixieren.
Fixpunktsicherung am Standplatz mittels Reihenschaltung
Grundlegende Voraussetzung für die Fixpunktsicherung mittels Reihenschaltung ist jedoch, dass zumindest einer der Fixpunkte verlässlich ist. Ist keinem der Fixpunkte wirklich zu trauen, empfiehlt der Alpenverein weiter die Ausgleichsverankerung. In solchen Fällen hat die gleichmäßige Lastverteilung auf die labilen Fixpunkte Priorität vor der Gefahr eines harten Anpralls des Sichernden an den Fels.
Reihenschaltung mit Seil
Bei Wechselführung kann die Reihenschaltung auch mit dem Kletterseil aufgebaut werden: die Selbstsicherung kommt in den Verschlusskarabiner am unteren Fixpunkt (Zentralpunkt), der obere Fixpunkt wird ebenfalls mit Mastwurf in Reihe geschaltet. Die Partnersicherung wird auf der Verschluss-abgewandten Seite des Zentralpunktkarabiners eingehängt.
Fixpunktsicherung mittels Ausgleichsverankerung
Wenn die Fixpunkte eines Standplatzes schlecht sind, ist Eigeninitiative gefragt. Wenn möglich solltet ihr den Standplatz mit mobilen Sicherungsmitteln aufbessern. Lässt sich der Standplatz nicht vernünftig verbessern, solltet ihr dies trotzdem nicht einfach als Schicksal akzeptieren und einen Seilschaftssturz riskieren! Wenn weiter unten ein besserer Standplatz war, klettert – wenn irgendwie möglich – ab. Oder klettert weiter, wenn noch Seil vorhanden ist und ihr weiter oben einen besseren Standplatz vermutet. Besteht keine dieser Optionen, gibt es noch die Möglichkeit, den Nachsteiger nur einen Teil der Seillänge nachzusichern, bis dieser an geeigneter Stelle Stand machen und euch von dort aus weiter sichern kann. Auf diese Weise reduzieren die eingehängten Zwischensicherungen die Gefahr eines Seilschaftsturzes deutlich. Falls eine Materialübergabe nötig sein sollte, lässt der Vorsteiger eine Seilschlaufe zum Nachsteiger hinab, in die dieser das Material einhängt. Dieses Prozedere ist allerdings sehr zeitaufwendig.
Gerechte Verteilung: Die Ausgleichsverankerung
Ist keiner der Fixpunkte sicher, und der Standplatz kann mit mobilen Sicherungsmittel nicht ausreichend verbessert werden, wird eine Ausgleichsverankerung gebaut. So ist gewährleistet, dass die Last immer gleichmäßig auf die Fixpunkte verteilt wird. Wichtig ist, dass der Winkel der Ausgleichsverankerung möglichst spitz ist: bei 30 Grad kommen auf jeden der beiden Fixpunkte 52 Prozent der Last, bei 90 Grad sind es bereits 71 Prozent und bei einem Winkel von 120 Grad kommen auf beide Fixpunkte je 100 Prozent – also eine Verdoppelung der auftretenden Kräfte. Deshalb bei horizontal weiter voneinander entfernten Fixpunkten eine dementsprechend lange Bandschlinge verwenden!
Sicherung gegen Durchrutschen
Bei der Ausgleichsverankerung wird ein Strang der Bandschlinge um 180 Grad gedreht, bevor man den Zentralpunktkarabiner einhängt, damit dieser nicht durchrutscht, wenn einer der Fixpunkte ausbrechen sollte. Bei einer Ausgleichsverankerung an drei Fixpunkten werden am Strang, der durch alle drei Fixpunkte hindurchführt, zwischen diesen zwei 180-Grad-Drehungen vorgenommen, bevor dann der Zentralpunktkarabiner eingehängt wird.
Zentralpunktsicherung an Ausgleichsverankerung
Dann wird in den Zentralpunktkarabiner (Verschlusskarabiner!) mit Mastwurf die Selbstsicherung geknüpft und die Partnersicherung am "gesunden Schenkel” (vom Schnapper abgewandte Seite) eingehängt.
Abgeknotete Ausgleichsverankerung
Wenn einer der Fixpunkte versagt, kommt es zu einer Sturzstreckenverlängerung – der Zentralpunkt rutscht ein Stück durch. Gegebenenfalls verliert der Sichernde infolge dessen das Gleichgewicht, verursacht so einen zusätzlichen Fangstoß und erhöht damit die Gefahr, dass auch der zweite Fixpunkt ausbricht. Um die Wahrscheinlichkeit dieses Worst-Case-Szenarios zu reduzieren, kann die Bandschlinge mit einem Sackstich auf einer oder auf beiden Seiten des Zentralpunktes abgeknotet und so die Sturzstreckenverlängerung im Falles des Falles minimiert werden.
Abgespannte Ausgleichsverankerung
Bei Fixpunkten, die nur einen Sturzzug nach unten halten (Köpflschlingen, Keile oder Klemmgeräte), bei einem Vorsteigersturz aber nach oben belastet würden, ist eine Abspannung nach unten nötig. Wenn nur verhindert werden soll, dass der Stand nach oben ausgehoben wird, kann diese Abspannung mit dem Kletterseil erfolgen: Das mit der Selbstsicherung am Zentralpunktkarabiner befestigte Seil wird mittels Mastwurf an einem tiefer gelegenen Fixpunkt befestigt und angespannt (wenn nur einer vorsteigt, die Abspannung erst nach dem Standplatzwechsel anbringen, sonst muss man das Prozedere unnötigerweise zweimal durchführen!). Sitzen die mobilen Sicherungsmittel allerdings schlecht, so dass sie permanente Spannung brauchen, um in Position zu bleiben, ist ein "Bauernflaschenzug” nötig. Für diesen wird eine längere Reepschnur mittels Sackstich am Zentralpunktkarabiner fest gemacht, mehrfach zwischen diesem und dem Abspann-Fixpunkt hin und her geführt und dann mittels Mastwurf an der Abspannung befestigt und straff gezogen. Ist der Abstand zu einem geeigneten Abspann-Fixpunkt sehr groß, und es steht keine ausreichend lange Reepschnur zur Verfügung, kann man einen Teil der Strecke mit einer Bandschlinge überbrücken. Das Abspannen des Standplatzes hat zudem den Vorteil, dass so der Sichernde bei einem Vorsteigersturz nicht gegen den Fels geschleudert werden kann!
Reihenschaltung plus Ausgleichs-Verankerung
In manchen Fällen (z. B. bei mehr als zwei, aber allesamt schlechten Fixpunkten und wenn diese ungünstig positioniert sind) bietet sich eine Kombination aus Ausgleichsverankerung und Reihenschaltung an. Bei solchen Konstruktionen müssen aber immer die Lastverteilung und die Winkel der Ausgleichsverankerung bedacht werden – sowie die Auswirkung auf die Konstruktion, wenn einer oder gar mehrere Fixpunkte ausbrechen sollten.
Kräftedreieck oder Ausgleichsverankerung
Sichern im Alpinen – die besten Methoden
HMS
Kommen wir nun zur Sicherung. Beim Sportklettern wird die klassische Halbmastwurfsicherung (HMS) mehr und mehr von Tubes und halbautomatischen Sicherungsgeräten verdrängt. Im alpinen Einsatz hat die HMS aber durchaus noch ihre Berechtigung, zumal bei Wechselführung kein Umbau zwischen Nachstiegs- und Vorstiegssicherung nötig ist. Vorausgesetzt, man hat die Seilführung vorausschauend geplant. Geht die nächste Seillänge gerade hoch, nach rechts oder links? Wo kommt der Partner am besten an einem vorbei? Entsprechend dieser Faktoren sollte die Sicherung eingehängt sein, damit das Seil beim späteren Vorstieg des Partners optimal läuft und zu bedienen ist. Steigt dagegen nur ein Kletterer vor, lässt sich die HMS mit wenigen Handgriffen zu einem Mastwurf umbauen.
Weniger praktisch ist die HMS dagegen zum Sichern von zwei Nachsteigern an zwei Halbseilsträngen. Hier ist eine Plate deutlich komfortabler und sicherer.
Umbau HMS zu Mastwurf
Steigt immer die gleiche Person vor, lässt sich die Halbmastwurfsicherung schnell zur Mastwurf-Selbstsicherung umbauen. Allerdings nur, wenn die Partnersicherung direkt im Zentralpunkt und nicht im eigenen Selbstsicherungkarabiner hängt. Auch muss die HMS richtig herum eingehängt sein. Und da der Karabiner geöffnet wird und der Nachsteiger für kurze Zeit nicht gesichert ist, muss er natürlich absolut sicher stehen oder kurz anderweitig gesichert sein.
Funktionen in einem Gerät vereint
Wie schon erwähnt, eignet sich die HMS nur äußerst eingeschränkt zum Sichern von zwei Nachsteigern an zwei Halbseil-Strängen. Da es sehr schwierig ist, die beiden Seilstränge in zwei verschiedenen HMS-Karabinern unter Kontrolle zu halten, ist von dieser Methode dringend abzuraten. Deutlich komfortabler und sicherer werden zwei Nachsteiger mit einer Plate gesichert. Die klassische Plate wurde inzwischen allerdings von Sicherungsgeräten verdrängt, die Tube- und Plate-Funktion in einem Gerät vereinen und somit zur Nachsteiger-Sicherung ebenso wie zur Sicherung des Vorsteigers über den Körper verwendet werden können.
Beispiele für solche "Zwitter"-Sicherungsgeräte sind das ATC Guide von Black Diamond, das Petzl Reverso oder das Toucan von Simond. Bei allen laufen beide Seilstränge getrennt durch ein Gerät und sind deshalb problemlos seperat zu bedienen. Ein weiterer großer Vorteil dieser Geräte ist, dass sie bei Verwendung im Plate-Modus im Falle eines Nachsteiger-Sturzes selbsttätig blockieren. Letzteres gilt natürlich auch, wenn nur ein Nachsteiger gesichert wird – sei es am Einfachseil oder an zwei Halbseilsträngen.
Sichern am Stand – worauf man achten sollte
Früher galt im alpinen Fels der Grundsatz "Stürzen verboten" – und wenn es denn doch mal geschah, lag das Hauptaugenmerk darauf, die Sturzstrecke möglichst kurz zu halten und den Körper des Sichernden nicht in die Sicherungskette zu integrieren, damit dieser seinen womöglich verletzten Partner möglichst einfach am Stand fixieren konnte. In gut mit Bohrhaken abgesicherten alpinen Sportkletterrouten geht es aber schon lange nicht mehr um Leben und Tod, die Verletzungsgefahr ist gering, und oft wird hier am persönlichen Limit geklettert. Das bedeutet, dass der Sicherer das Seil möglichst schnell ausgeben können sollte, wenn der Vorsteiger in wackeliger Position eine Zwischensicherung klippen will, und dass er möglichst "weich" sichern sollte, wenn der Vorsteiger stürzt. Dies lässt sich am besten durch die "aktive Körpersicherung" erreichen. Unter aktiver Körpersicherung versteht man, wenn der Sichernde im Moment des Sturzzugs durch eine Aufwärtsbewegung aus den Beinen die Beschleunigung des Stürzenden gegen die Wand verringert. Dazu muss der Sichernde natürlich auf den Sturz gefasst sein und die Möglichkeit haben, sich mit den Beinen nach oben abzustoßen. Bei einem Hängestand oder einem überraschenden Sturz ist dies nicht gegeben. Der Sichernde hält nur das Bremsseil fest, ohne aktiv den Sturzverlauf zu beeinflussen. Dann spricht man von einer "passiven Körpersicherung".
Unabhängig davon ob eine aktive oder passive Körpersicherung praktiziert wird – um im alpinen Gelände über Körper sichern zu können, müssen einige Voraussetzungen gegeben sein:
1. Da der Sichernde bei der Körpersicherung Teil der Sicherungskette ist, muss er diese Art der Sicherung souverän beherrschen.
2. Der Vorsteiger darf maximal 25 Prozent schwerer sein als der Sichernde.
3. Der Sturzzug kann ausschließlich nach oben und nicht zur Seite oder nach unten erfolgen.
4. Die Selbstsicherung ist lang genug, damit der Sichernde bei einem Vorsteigersturz nach oben abheben kann, ohne gegen die Wand katapultiert zu werden. Auch darf keine Kollisionsgefahr mit dem Stürzenden oder der ersten Zwischensicherung bestehen. Es darf keine Verletzungsgefahr für den Sichernden bestehen!
Diese Voraussetzungen sind wirklich zwingend! Denn in alpinen Sportkletterrouten kann es zu weiteren Stürzen kommen, als man sie vom Sportklettern im Klettergarten oder gar in der Halle gewohnt ist. Entsprechend höher sind auch die Kräfte, die auf den Sichernden einwirken. Und eine zu kurze Selbstsicherung oder ein seitlicher Sturzzug können zu erheblichen Verletzungen führen, wenn der Sichernde gegen die Wand katapultiert wird. Punkt 1 und 2 lassen sich – zumindest kurzfristig – nicht beeinflussen. Um die Voraussetzungen 3 und 4 zu erfüllen, stehen dagegen zwei unterschiedliche Konstruktionen zur Auswahl: Die Methode mit einem "Dummy-Runner" und die sogenannte "Plus-Clipp-Methode", die wir im Folgenden vorstellen.
Schnelligkeit bedeutet Sicherheit – wichtige Tipps fürs Alpine
Seilmanagement am Standplatz
Beim alpinen Klettern bedeutet Schnelligkeit auch Sicherheit, und gerade am Standplatz kann man viel Zeit verlieren – durch Kommunikationsprobleme, unnötige Umbauarbeiten oder Seilchaos. Um Zeitverlust oder gar fatale Missverständnisse durch die Kommunikation auszuschließen, müssen die Seilkommandos zwischen den Partner klar ausgemacht sein (siehe unten). Während ihr dann den Nachsteiger sichert, solltet ihr bereits sondieren, wo die nächste Seillänge weitergeht. Sichert ihr mit einem selbsttätig blockierenden Gerät nach, könnt ihr auch schon das Topo mit der Realität abgleichen. Je nachdem wie die nächste Seillänge vom Stand startet, solltet ihr euch dann positionieren: bei Wechselführung so, dass der Partner an euch möglichst problemlos vorbei kommt. Wenn ihr zudem den Vorsteiger konventionell am Fixpunkt sichert, solltet ihr schon beim Einhängen der Nachsteigersicherung überlegen, ob diese so auch bei der anschließenden Vorstiegssicherung gut zu bedienen ist. Steigt ihr alles vor, solltet ihr den Standplatz so vorbereiten, dass euer Partner auf der vom Weiterweg abgewandten Seite Platz findet.
Die meiste Zeit wird am Standplatz aber durch schlechte Seilversorgung verbraten. Vor allem bei Verwendung von Halb- oder Zwillingsseilen, bei gleichbleibendem Vorsteiger und insbesondere bei Dreierseilschaften ist ohne die entsprechende Seilversorgung das Seilchaos programmiert. Bei Dreierseilschaften zieht deshalb ein Nachsteiger das Seil von hinten nach vorne durch, während der andere den Vorsteiger sichert. Bei Zweierseilschaften mit gleichbleibendem Vorsteiger muss das Seil durchgezogen werden, bevor dieser in die nächste Länge startet. Ist am Standplatz nicht genügend Platz vorhanden, um das eingezogene Seil auf einen Haufen zu legen, bestehen zwei Möglichkeiten: Ist die Wand unter dem Standplatz steil genug und besteht keine Gefahr, dass sich das Seil verhängt (Vorsicht bei starkem Wind!), könnt ihr es in einer großen Seilschlaufe nach unten hängen lassen. Das schnelle Seilausgeben zum Klippen gestaltet sich bei dieser Methode aber recht mühsam. Leichter geht dies mit der Methode, Seilschlaufen über den Fuß oder besser über die Selbstsicherung zu legen, da man hier nicht so stark in der Beweglichkeit eingeschränkt ist.
Seilkommandos beim MSL-Klettern
Oberer: "Stand"
Bedeutung: Ich habe den Standplatz komplett aufgebaut und bin fixiert. Nimm mich aus der Sicherung.
Unterer: "Seil ein"
Bedeutung: Zieh das Restseil ein.
Unterer: "Seil aus"
Bedeutung: Seil ist komplett eingezogen, nimm mich in die Sicherung.
Oberer: "Nachkommen"
Bedeutung: Ich hab dich in der Sicherung, du kannst dich aus der Selbstsicherung nehmen und nachkommen.
Unterer: "Ich komme" oder "klettern"
Bedeutung: Ich klettere los, zieh das Seil ein.
Wenn mehrere Seilschaften unterwegs sind, sollte man bei allen Kommandos den Namen des Seilpartners vorauszuschicken, um Missverständnisse zu vermeiden. Eingespielte Seilschaften kommen auch mit weniger Kommandos aus. Nach dem "Stand"-Ruf ist die Abfolge ja eigentlich klar, und sobald der Obere den Nachsteiger in der Sicherung hat, zieht er das Seil straff, um diesem zu signalisieren, dass er losklettern kann. Noch eleganter, für die anderen Bergkameraden weniger nervig und bei langen Seillängen oder Sturm oft auch die einzige Möglichkeit, ist, ganz auf verbale Kommandos zu verzichten. Bei Verwendung eines Halbseils zieht beispielsweise der Vorsteiger als "Stand”-Signal einen Seilstrang vier bis fünf Meter ein. Wichtig ist wie gesagt nur, dass die Kommandos klar ausgemacht sind und keinesfalls Missverständnisse aufkommen können.
Körpersicherung am Standplatz – Dummy-Runner und Plus-Clipp
1. Dummy-Runner
Bei der Dummy-Runner-Methode fixiert man sich mit einer mindestens einen, besser anderthalb Meter langen Selbstsicherung am Stand. Bis der Vorsteiger die erste Zwischensicherung geklippt hat, läuft das Seil durch eine Expressschlinge, die am Standhaken eingehängt ist (Dummy-Runner).
In dieser Phase sollte der Vorsteiger nicht stürzen – wegen der Kollissionsgefahr von Vorsteiger und Sicherndem und weil der Sichernde in den Dummy Runner gezogen werden kann. Ist die erste Zwischensicherung geklippt, wird der Dummy Runner entfernt. Vorausgesetzt die Zwischensicherung ist solide, da bei ihrem Versagen ein Standplatzsturz mit Sturzzug nach unten die Folge wäre. Auch muss die Zwischensicherung einigermaßen senkrecht über dem Standplatz sein.
Ist der Dummy-Runner entfernt, hat der Sichernde zwei bis drei Meter Strecke nach oben, bevor er gegen die Wand beschleunigt wird, was in aller Regel ausreichen sollte.
Die Dummy-Runner-Methode kann auch angewendet werden, wenn sich die erste Zwischensicherung seitlich vom Standplatz befindet. Dann belässt man den Dummy-Runner über die komplette Seillänge. In diesem Fall sollte die Selbstsicherung aber minimal 2 Meter lang sein, da der Sichernde eben nur die Strecke bis zum Dummy-Runner als "Pufferzone” hat. Weil in alpinen Routen die Standhaken aber meist direkt oberhalb einer Stelle, an der man gut stehen kann, angebracht sind, gestaltet sich die Methode des "Tieferhängens” meist relativ unbequem und wird selten praktiziert.
2. Plus-Clipp
Bei der Plus-Clipp-Methode überklettert der Vorsteiger den Standplatz und hängt die erste Zwischensicherung der nächsten Seillänge ein, bevor er zum Stand zurückkehrt. Nun kann er den Nachsteiger quasi im Toprope über Körper sichern und dieser kann im Anschluss ohne jeglichen Umbau in den Vorstieg wechseln. Diese Methode hat den Vorteil, dass man dem Nachsteiger gut Zug geben kann und dass das manchmal heikle Losklettern vom Standplatz entfällt. Allerdings ist diese Methode nur bei Wechselführung sinnvoll. Voraussetzung ist, dass genügend Restseil vorhanden ist und dass die erste Zwischensicherung absolut zuverlässig ist. Außerdem sollte sie nicht allzuweit und einigermaßen senkrecht über dem Standplatz sein.
Auch hier sollte die Selbstsicherung mindestens einen, besser anderthalb Meter lang sein. Wichtig: Das Seil muss "falsch herum" in die Zwischensicherung überm Stand geklippt werden, damit es beim darauffolgenden Vorstieg von unten innen nach außen oben durch die Express-Schlinge läuft. Dies ist deshalb nicht problematisch, weil das "falsch herum" eingehängte Seil ja anfangs beim Abklettern des Vorsteigers zum Stand und nachher beim Sichern des Nachsteigers jeweils nach unten verläuft.
Ablassen mit Plate – So löst man die Blockade
Je nach Körpergewicht des Nachsteigers lässt sich eine blockierte Plate manchmal durch Anheben des Querkarabiners per Hand lösen. Wenn dies nicht möglich ist, muss der Ouerkarabiner mittels einer Bandschlinge und dem eigenen Körpergewicht angehoben werden. Dazu nimmt man zuerst den oder die losen Seilstränge zusätzlich in eine HMS-Körpersicherung. Dann befestigt man eine Bandschlinge mittels Ankerstich am Querkarabiner des Fixpunkt-Sicherungsgerätes.
Diese Schlinge lenkt man dann im Standplatzring oder an einem anderen Fixpunkt weiter oben um und befestigt das andere Ende mit einem Karabiner in der Anseilschlaufe des eigenen Gurts (die Länge der Schlinge muss mit der Selbstsicherung abgestimmt werden, so dass es möglich ist, mit dem Körpergewicht über die Umlenkung einen Gegenzug auf den Querkarabiner zu bringen). Nun das Bremsseil der Körpersicherung festhalten und durch Zurücklehnen langsam einen Gegenzug auf den Querkarabiner aufbauen.
Sobald dieser weit genug nach oben gehoben ist, kann man den Nachsteiger über die Körpersicherung ablassen.
Werden zwei Nachsteiger mit Plate gesichert, aber nur einer soll abgelassen werden, wird der andere Nachsteiger zuerst so weit hochgesichert, bis er gut stehen oder sich in eine Zwischensicherung hängen kann. Im Anschluss dessen losen Seilstrang mit einem Sackstich 10 bis 20 Zentimeter vom Sicherungsgerät entfernt hintersichern. Dann wird nur der lose Seilstrang des Abzulassenden in die Körpersicherung genommen.