Die Könige, Meister und Herrscher der Lüfte begleiten den Menschen schon seit Jahrtausenden. Als Trophäe oder aus Hass gejagt, und von Insektiziden fast ausgerottet, haben die Greifvögel und Falken hierzulande schon viel aushalten müssen. Umso schöner, dass sich derzeit bei den meisten der in Deutschland vorkommenden Greifvögel die Bestände erholen. Rund 14 Arten leben in Deutschland, zehn davon zeigen wir euch hier – aufsteigend sortiert, von klein nach groß. Die meisten kennt sicherlich jeder, einige sind aber vielleicht noch unbekannt ...
Turmfalke (Falco tinnunculus)
Wer darauf achtet, hat ihn bestimmt schon einmal gesehen. Der Turmfalke ist der am häufigsten vorkommende Falke in Deutschland und ein angepasster Großstädter.
Merkmale
Mit einer Körpergröße von bis zu 36cm und einer Flügelspannweite von 76cm ist der Turmfalke eher kompakt. Auffällig ist ihr rotbrauner Rücken sowie die gelben Beine. Die Weibchen sind größer als die Männchen und haben einen einheitlich rot gefärbten Kopf, während bei Männchen der Kopf grau ist.
Vorkommen
Alt Kulturfolger lebt der Turmfalke in Mitteleuropa überall dort, wo Feldgehölze und Waldränder vorhanden sind. Er brütet aber auch in stark bebauten Siedlungen an Kirchtürmen und Hochhäusern. Dort ernährt er sich auch von Kleinvögeln, obwohl er am liebsten Mäuse verzehrt.
Besonderheit
Dank ihrer Fähigkeit ultraviolettes Licht wahrzunehmen, können sie den Kot und Urin ihrer Beutetiere sehen und wissen so, wo diese sich aufhalten. Zur genaueren Beutesuche nutzen Turmfalken den Rüttelflug. Dabei bleibt er in einer Höhe von zehn bis 20 Metern in der Luft durch schnellen Flügelschlag stehen und späht nach der Beute, um dann im Stoßflug hinabzufliegen. Bis auf den Kolibri praktiziert kein anderer Vogel den Rüttelflug so intensiv.
Sperber (Accipiter nisus)
Der Sperber wird auch als Mini-Habicht bezeichnet, da sie sich sehr in Aussehen und Lebensweise gleichen. Nach einem Rückgang durch Bejagung und ein Insektizid erholt sich der Bestand momentan, sodass er neben dem Mäusebussard zum häufigsten Greifvogel Europas zählt. In Deutschland wurden rund 33.000 gezählt.
Merkmale
Weibliche Sperber sind mit einer Körpergröße von bis zu 41cm und einer Flügelspannweite von bis zu 80cm etwas größer als Turmfalken. Die Männchen sind mit 34cm deutlich kleiner. Die Färbung der Oberseiten ist grau, die Unterseiten sind weiß und fein gebändert (gesperbert). Die Gefieder der Männchen sind an Brust und Hals außerdem rostrot gefärbt.
Vorkommen
Die meisten Sperber leben in Nadelwäldern. Es gibt aber auch Vorkommen in Nadelwäldern und neuerdings in Parks und Gärten von Städten.
Besonderheit
Dank seiner relativ kurzen, runden und breiten Flügel sowie dem langen Schwanz sind Sperber extrem wendig. Mit spektakulären Manövern verfolgen sie ihre Beute, Kleinvögel, in dichten Wäldern und zwischen Gebäuden.
Wanderfalke (Falco peregrinus)
Bis auf die Antarktis besiedelt der Wanderfalke alle Kontinente dieser Erde. Damit ist er die am weitesten verbreitete Vogelart der Welt. In Deutschland leben laut NABU rund 1.400 Brutpaare und damit weniger als Turm- und Baumfalken.
Merkmale
Die Oberseite des Gefieders ist schiefergrau, die Unterseite dunkel gebändert auf hellem Grund. Kehle und Brust sind variabel dunkel gefleckt oder gestrichelt. Charakteristisch ist der schwarze Bartstreif unter den Augen auf weißen Wangen. Weibchen sind in der Regel größer und können eine Körpergröße von 51cm und eine Flügelspannweite von 114cm erreichen.
Vorkommen
Die Ansprüche an den Lebensraum sind recht unspezifisch. Meistens brüten sie in Felsen, aber auch in Wäldern und am Boden. Grundbedingung ist, dass andere Vögel als Beute vorkommen. So lebt er auch in Städten an Kirchtürmen und in Brückenpfeilern.
Besonderheit
Aus großer Entfernung greifen Wanderfalken ihre Beute, bevorzugt Tauben, im Sturzflug an. Dabei können sie bis zu 320km/h schnell werden und sind somit die schnellste Tierart der Welt.
Wiesenweihe (Circus pygargus)
Durch die Zerstörung ihrer Lebensräume gilt die Wiesenweihe in Deutschland als stark gefährdet. Dank Schutzmaßnahmen erholt sich ihr Bestand von derzeit 450 Brutpaaren allmählich, weltweit gilt sie noch als ungefährdet.
Merkmale
Männliche und weibliche Wiesenweihe sehen sehr unterschiedlich aus. Die unscheinbar braunen Weibchen sind mit bis zu 50cm etwas größer und schwerer. Die Unterseiten sind heller, Hals, Rumpf und Unterflügel kräftig braun gestrichelt. Männchen sind mit rund 300g so schwer wie eine Straßentaube. Kopf und Oberseite sind einheitlich dunkelgrau während die Unterseite rotbraun gestrichelt ist. Die Flügelspitzen sind komplett schwarz.
Vorkommen
Ursprünglich bewohnten Wieseweihen offene, feuchte Orte, wie Flusstäler, Moore und Heidelandschaften. Durch Zerstörung dieser Lebensräume besiedelt die Art nun auch landwirtschaftlich genutzte Flächen, wo sie jedoch von Schutzmaßnahmen abhängig ist.
Besonderheit
Als Langstreckenzieher überwintern Wiesenweihen zwischen der Sahara und Südafrika sowie in Pakistan, Indien und Sri Lanka von September bis April.
Habicht (Accipiter gentilis)
Bis ungefähr ins Jahr 1950 wurde der Habicht gejagt, weil er Brieftauben und Hühner erbeutete. Das brachte ihm auch die Namen Hühnerräuber und Hühnergeier ein. So wurde er in Großbritannien ausgerottet. Seit er 1970 unter Schutz steht, erholt sich sein Bestand wieder.
Merkmale
Weibchen sind mit bis zu 63cm so groß wie ein Mäusebussard, die Männchen sind deutlich kleiner. Wie auch der Sperber hat der Habicht breite Flügel mit runden Spitzen und einen langen Schwanz, wodurch er sehr wendig durch Wälder fliegen kann. Seine Oberseite ist grau, die Unterseite weiß mit einer feinen grauen Bänderung.
Vorkommen
Habichte leben in Laub-, Nadel- und Mischwäldern, in denen sie hoch oben in den Kronen ihre Nester bauen. Teilweise wurden die Vögel auch in der Nähe von großen Städten gesichtet.
Besonderheit
Um den Habicht vor Hühnern und Tauben fernzuhalten, haben sich einige abergläubische Praktiken entwickelt. So hat man geglaubt, dass ein an der Stalltür aufgehängter, erjagter Habicht, den Hof vor Hexen schützen sowie andere Greifvögel fernhalten soll.
Mäusebussard (Buteo buteo)
Der Mäusebussard ist die häufigste Greifvogelart in Deutschland. Rund 115.000 leben hier. In ganz Europa ist er zahlenmäßig sehr stark vertreten.
Merkmale
Bis zu 57cm groß werden Mäusebussarde mit einer Flügelspannweite von bis zu 128cm. Die Gefiederfärbung variiert von ganz weiß bis dunkelbraun. Typisch ist die hellere Querbinde, die die dunklere Brust und den helleren Bauch teilt. Der Schwanz ist immer weiß-grau gebändert und die Flügelspitzen sind dunkel.
Vorkommen
Beim Lebensraum sind Mäusebussarde recht flexibel. Nester baut er gerne in Feldgehölzen sowie in einzeln stehenden Bäumen, am Waldrand und in Alleen. Zum Jagen benötigt er offene Flächen. Es gab aber auch schon einzelne Beobachtungen von Boden- und Felsbruten sowie in städtischen Parks und auf Hochspannungsmasten.
Besonderheit
Zur Balzzeit ab Mitte Februar sind Mäusebussarde gut zu beobachten und die gellenden Rufe zu hören. Dann kreisen sie hoch oben in der Luft über ihrem Brutrevier. Nach einem sinusähnlichem Fallen und Steigen wird der Flug mit einem Sturzflug zum Nest beendet.
Rohrweihe (Circus aeruginosus)
Durch Abschuss, Eierraub und Zerstörung der Brutstätten wurden die Rohrweihenbestände vor 1970 stark dezimiert. Seitdem sie unter Schutz steht, nimmt der Bestand wieder zu. Jedoch ist die Art durch die fortschreitende Trockenlegung von Feuchtgebieten sowie die Störung der Brutgebiete durch den Menschen gefährdet. Dennoch gilt sie in Deutschland mit rund 9.000 Brutpaaren als nicht gefährdet.
Merkmale
Im Vergleich zum Mäusebussard sind Rohrweihen schlanker, mit schmaleren Flügeln. Männliche Rohrweihen sind rostbraun gefärbt, die Flügelspitzen sind schwarz, der Schwanz ist blaugrau, Kopf und Brust sind gelb-weiß. Weibchen erreichen eine Größe von bis zu 62cm mit einer Flügelspannweite von 130cm. Sie sind durchgängig dunkelbraun, bis auf den cremeweißen Kopf, Nacken und Kehle.
Vorkommen
Wie der Name schon andeutet, hat die Rohrweihe ihren Lebensraum im Röhricht. Sie brütet am Boden im Schilf an Gewässern, zunehmend aber auch in Getreide- und Rapsfeldern. Als Kurz- und Langstreckenzieher überwintert sie in Afrika südlich der Sahara.
Besonderheit
Charakteristisch für die Rohrweihe ist ihr Flugbild. Mit v-förmig gehaltenen Flügeln segelt sie schaukelnd flach über dem Boden. Mit dieser Strategie überrumpelt sie ihre Beute, wie Singvögel und Kleinsäuger, die sie dicht am Boden ergreift. Zur Balz fliegen Männchen Sturzflüge und Scheinangriffe auf das Weibchen, was die Bindung zwischen ihnen verstärkt.
Wespenbussard (Pernis apivorus)
Der Wespenbussard verdankt seinem Namen seiner liebsten Speise: Wespen. Für die Jagd auf diese stechenden Insekten ist er perfekt angepasst. Er steht auf der Vorwarnliste der Roten Liste.
Merkmale
Mit einer Körperlänge von 60cm und einer Flügelspannweite von bis zu 144cm sind Wespenbussarde etwas größer als Mäusebussarde. Der Kopf wirkt taubenähnlich, mit einem kleinen, schwarzgrauen Schnabel. Die Gefiederfärbung kann stark variieren. Männchen haben oft einen schiefergrauen Kopf, eine graubraune Oberseite und eine hellere Unterseite. Die Flügel sind rund und dunkel umrandet. Weibchen sind eher stärker verwaschen gebändert als die Männchen.
Vorkommen
Im April kehren Wespenbussarde nach ihrer Überwinterung in den Tropen Afrikas nach Deutschland zurück. Hier leben und brüten sie auf hohen Bäumen am Waldrand sowie in offenen Wäldern mit Lichtungen und Wiesen. Auch in den Alpen auf Seehöhen bis zu 1.500m wurden schon Bruten entdeckt.
Besonderheit
Auf Nahrungssuche laufen Wespenbussarde schon mal weite Strecken zu Fuß. Wenn sie Wespen gefunden haben, graben sie das Nest aus und ziehen mit ihrem langen Schnabel Larven heraus, die sie zum eigenen Nest transportieren. Beim Graben schließen sie die Augen, das dichte Gefieder, schmale Nasenlöcher sowie Hornplättchen an den Füßen schützen vor Stichen.
Rotmilan (Milvus milvus)
Der weltweite Verbreitungsschwerpunkt des Rotmilan liegt in Deutschland. Hier sollen rund 16.000 Brutpaare leben. Derzeit gilt er als nicht gefährdet. Doch die aus Nordamerika eingewanderten Waschbären, die als Nesträuber Greifvogelnester ausräumen, sowie die Konkurrenz zum Schwarzmilan könnten sich in Zukunft negativ auf den Bestand auswirken.
Merkmale
Rotmilane sind sehr gut an ihrem tief gegabeltem Schwanz und ihrem rostrotem Gefieder zu erkennen. Die Unterseite der Flügel ist teilweise weiß, der Kopf grau. Großartige Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt es nicht, außer, dass das Weibchen mit bis zu 1,4 kg etwas mehr wiegt. Sie können bis zu 73cm groß werden und ihre Flügel bis zu 180cm weit aufspannen.
Vorkommen
Am liebsten leben Rotmilane auf landwirtschaftlichen Flächen und Wiesen mit Feldgehölzen. Ihre Nester bauen sie in Bäumen und jagen auf offenen Landschaften nach Mäusen und Vögeln. Einige Tiere ziehen zum Überwintern nach Südfrankreich, während andere in Deutschland bleiben.
Besonderheit
Außerhalb der Brutzeit sind Rotmilane sehr gesellig und zeigen kein territoriales Verhalten. Fast immer schlafen sie in größeren Gesellschaften mit bis zu 100 Individuen zusammen, jagen gemeinsam und fliegen synchron. Das ist ungewöhnlich für einen Greifvogel.
Seeadler (Haliaeetus albicilla)
Deutschlands größter Greifvogel ist auch dessen Wappentier. Durch die Bejagung ab dem 17. Jahrhundert wäre der Seeadler beinahe ausgestorben. Durch Schutzmaßnahmen im 20. Jahrhundert gab es wieder Zuwächse, allerdings machte ihm in den 1950er und 60er Jahren das Insektizid zu schaffen. Nach dessen Verbot in den 70ern erholten sich die Bestände wieder.
Merkmale
Mit einer Größe von bis zu 92cm und eine Flügelspannweite von bis zu 244cm gehören Seeadler zu den größten Greifvögeln Mitteleuropas. Die Weibchen sind deutlich größer und schwerer als die Männchen. Durch diese Größe, den kräftigen Körper sowie den langen Hals sind Seeadler gut zu erkennen. Ihr Gefieder ist dunkelbraun, der Kopf etwas heller. Der kurze Schwanz ist keilförmig und leuchtend weiß.
Vorkommen
Seeadler bewohnen Wald-Seen-Landschaften und besiedeln in Deutschland vor allem den Norden. Auf der Mecklenburger Seenplatte kann man sie auch gut vom Boot aus beobachten. In Wäldern und an Klippen bauen Seeadler ihre Nester, an Küsten, Seen und Flüssen jagen sie nach bis zu fünf Kilogramm schweren Fischen. Der Seeadler ernährt sich aber auch von kleineren Säugetieren, Vögeln und Aas.
Besonderheit
Ihre Nester, sogenannte "Horste", bauen Seeadler bis zu zwei Meter groß und benutzen sie immer wieder. Sie werden dabei bis zu fünf Meter hoch und 600 Kilogramm schwer. Die Weibchen bebrüten ein bis drei Eier, während das Männchen sie mit Nahrung versorgt. Die Paare bleiben meist ein Leben lang zusammen.
Anmerkung der Redaktion: Systematisch gehören Falken nicht zur Ordnung der Greifvögel (Accipitriformes), sondern zu den Falkenartigen (Falconiformes). Denn molekulargenetische Untersuchungen haben gezeigt, dass sie näher mit Papageien und Sperlingsvögeln verwandt sind. Äußerlich unterscheiden sie sich vor allem durch ihre schmalen und spitz zulaufenden Flügel. Außerdem fehlt ihnen die für Greifvögel typische "Fingerung" an den Flügeln. Dennoch haben beide Gruppen Gemeinsamkeiten beim Körperbau, der Lebensweise sowie dem Verhalten, sind ebenfalls Fleischfresser, weshalb sie hier mit aufgeführt werden.