Als sie in den 1950er-Jahren erfunden wurden, bedeuteten sie für viele Industriezweige eine Revolution: Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) sind hochwirksam gegen Feuchtigkeit, Fett und Schmutz. Ein Wundermittel, wie man damals glaubte. Schnell fanden sie Einsatz bei Küchengeräten, Heimtextilien, Elektronik – und auch in der Outdoor-Branche. Nicht nass werden draußen in der Natur, ein Grund zur Freude. Gelangen PFC jedoch in die Natur, etwa durch Materialabrieb oder den ganz normalen Einsatz, bauen sie sich kaum ab.
PFC als krebserregend eingestuft
So gelangen diese Stoffe auch in die Körper von Menschen und Tieren und reichern sich dort an. Mit möglicherweise schlimmen Konsequenzen: Bereits in den 1980er-Jahren erschienen wissenschaftliche Hinweise darauf, dass PFC die Gesundheit schädigen könnten. Das ignorierte die Öffentlichkeit lange – bis die Chemikalien im Jahr 2005 als krebserregend eingestuft wurden. Der schwedische Outdoor-Hersteller Fjällräven reagierte schnell. "Wir wollten in keiner Weise zu dieser Problematik beitragen", sagt Geschäftsführer Martin Axelheld. Somit beschloss man, PFC aus sämtlichen Textilien und Produkten von Fjällräven zu verbannen.
Was sich in der Theorie einfach anhören mag, bedeutete de facto eine riesige wirtschaftliche Herausforderung. "Während andere Unternehmen so weitermachten wie zuvor, mussten wir sämtliche Lieferanten überzeugen, unsere neue Richtung einzuschlagen und umzusteigen", berichtet Martin Axelheld. Zugleich habe man öffentlich zugeben müssen, dass Fjällräven nicht mehr die gleiche Funktionalität bieten konnte wie andere Marken, die weiterhin PFC einsetzten. "Aber die Entscheidung ist uns trotzdem leichtgefallen", so der Geschäftsführer. Naheliegenderweise folgte als nächste ehrgeizige Aufgabe für Fjällräven die Entwicklung eines neuen Materials: wasserabweisend, aber PFC-frei.
"Wir arbeiteten akribisch an einer nachhaltigen Lösung, die effektiven Schutz vor Nässe bietet und trotzdem atmungsaktiv ist. Wir haben Prototypen im Labor und in der Praxis getestet und uns mit zuverlässigen Zulieferern zusammengetan, die ebenso strenge Standards etabliert hatten", sagt Axelheld rückblickend. Im Jahr 2012 kam dann das Material "Eco-Shell" auf den Markt, das aus einer wasserabweisenden Imprägnierung (DWR) auf der Außenschicht und einer hydrophilen Membran besteht – und bei dem natürlich in der Imprägnierung keine Fluorcarbone zum Einsatz kommen.
Dranbleiben trotz Rückschlägen
Die erste Ernüchterung nach der Freude über den Launch von Eco-Shell folgte schnell: Aufgrund von Kreuzkontaminationen fanden sich in PFC-frei produzierter Ware dann doch Fluorcarbone. "Dafür reichte es, wenn Fjällräven-Kollektionen in Räumen aufgehängt wurden, in denen sich auch PFC-haltige Produkte befanden", erklärt rückblickend Aiko Bode, der Nachhaltigkeitsbeauftragte bei Fjällräven. Auch wiederverwendetes Brauchwasser in Fabriken stellte sich in Sachen Kontamination als problematisch heraus. "Wir mussten vieles umstrukturieren", so Bode.
Und man bleibt dran am Ausstieg: Seit 2015 hat Fjällräven PFC nicht nur aus den Shell-Materialien verbannt, sondern auch aus Zelten, Rucksäcken und Accessoires. In welch kleinen Details der sprichwörtliche Teufel stecken kann, zeigte sich im vergangenen Jahr am Beispiel Reißverschlüsse. Endlich schien der Hersteller YKK einen PFC-freien Reißverschluss entwickelt zu haben – doch dann stellte sich heraus, dass alle lackierten Reißverschlüsse den Problemstoff enthalten. Die PFC stecken in der Farbe. "Es scheint kein Ende zu nehmen, noch immer können wir keine komplette Erfolgsgeschichte erzählen", sagt Donna Bruns, Global Product Director bei Fjällräven. Das liegt unter anderem daran, dass derzeit nur etwa 80 Prozent der Anwendungsgebiete von PFC in der Industrie bekannt sind. Die restlichen 20 Prozent: noch immer unbekannt. "Deshalb bleibt es weiterhin ein hartes und langwieriges Unterfangen", so Bruns. Aber einen weiten Weg habe man bereits zurückgelegt. Und niemals aufzugeben gehörte schon zu den Grundprinzipien des im Jahr 2013 verstorbenen Fjällräven-Gründers Åke Nordin.
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Saskia Bloch von Fjällräven erklärt, wo sie aktuell stehen, wie der Umgang der Branche mit Problemstoffen wie PFC und den Tierwohl-Themen Wolle, Daune und Leder ist – und welche Schritte nach Second Hand, Recycling & Co. als nächste kommen. Und du hörst, wie du selbst auf Tour die Natur bewahrst:
Ein gutes Beispiel: Die Regenhose Keb Eco-Shell
Die wind- und wasserdichte Drei-Lagen-Hardshell-Hose Keb Eco-Shell Trousers M eignet sich bestens für den Ganzjahreseinsatz. Sie ist atmungsaktiv und macht dank Stretch-Anteil alle Bewegungen mit. Die Zwei-Wege- Reißverschlüsse an den Seiten lassen überschüssige Wärme entweichen und erleichtern das An- und Ausziehen. Das Eco-Shell-Außenmaterial besteht aus recyceltem Polyester und wird ohne den Einsatz von umweltschädlichen PFC imprägniert. Alle Emissionen, die bei Produktion und Transport entstehen, werden klimakompensiert. Preis: 449,95 Euro.
Weitere Infos und PFC-freie Produkte unter fjallraven.com/de