Die 15 schönsten Treks in Skandinavien

Von Nord bis Süd
Die 15 schönsten Treks in Skandinavien

Update

In den Weiten Skandinaviens verlangsamt sich der Herzschlag von selbst – und jeder wird ein bisschen Nordmensch. Die 15 besten Treks in die Gelassenheit.

Guide Håkon Vego liebt Musik, ein ziemlich scharfes Tempo und die Romsdalsberge in Fjordnorwegen. outdoor-Redakteurin Kerstin Rotard ging mit ihm auf Hüttentour.
Foto: Daniel Hug

Weiter Blick, viel Raum, viel Luft – schaue ich über den ersten Fjord, steige ich auf den ersten kahlen und windumtosten Berg, dann sickert die Landschaft wohltuend in mich ein, und ich werde ruhiger. Vielleicht sind deswegen die Skandinavier oft entspannter als die hektischen Mitteleuropäer: weil sie von Geburt an von der Natur ihrer Heimat mit warmen Glücksgefühlen versorgt werden. "Lagom" nennen die Schweden diese zurückgelehnte Einstellung "gerade richtig".

Natürlich wirkt die nordische Magie schon auf Tageswanderungen, aber so richtig schlägt die Droge Skandinavien auf Langstrecken zu, dann, wenn es mindestens fünf Tage am Stück über Pfade aufs felsige Fjell hinauf und in waldige Täler hinabgeht. Welche Wege die besten sind, darüber können auch Experten trefflich streiten.

Ganz oben im Norden wartet mit Lappland das große Sehnsuchtsziel für alle, die einsame Treks in epischen Landschaften lieben: In großen Wellen schwingt sich das Fjell hier auf und ab, überall leuchten Flechten, wachsen kniehoch Beerensträucher und ducken sich grüne Moose, Seen füllen die Senken, Flüsse und Bäche legen sich gerne mal quer zu den Pfaden.

So wie auf dem nördlichen Kungsleden, dem ich ein Stück weit gefolgt bin, als ich beim Trekking-Wettbewerb Fjällräven Classic mitwandern durfte – für mich ein Beweis, dass man in Skandinavien auch Großevents gelassen stemmen kann. Einsam war es mit den über 2000 Teilnehmern aus 30 Ländern zwar nicht, aber normalerweise folgt man dem nördlichen Kungsleden recht kontemplative 470 Kilometer lang von Abisko nach Hemavan, immer parallel zur Grenze nach Norwegen. 35 Tage brauchen Wandernde für den ganzen Weg, der aus der baumlosen Tundra zum weiß bemützten Kebnekaise führt, mit 2097 Metern Schwedens höchster Berg, und sich dann durch immer dichteren Wald aus wispernden Birken und Erlen schlängelt, je weiter nach Süden es geht. Unterwegs kann man in Hütten übernachten, sollte aber immer ein Zelt mitnehmen, falls eine Etappe doch mal zu lang wird. Außerdem schläft es sich so noch näher an der Natur. Ein Dach braucht man im Hohen Norden übrigens selbst bei Nieselregen nicht für Pausen – man zelebriert sie im Irgendwo, mit einer Haltung, die ich sehr schätze: Rucksack ab, Kocher raus, Kapuze auf, einfach in der Regenhose hinsetzen und in aller Ruhe Nüsse und eine Tasse heißen Tee zu sich nehmen. Und dann gut gelaunt weiter. Am Wetter kann man eh nichts drehen ...

Unsere Top-5 nördlich des Polarkreises

Nordkalottleden
Boris Gnielka

Redakteur Boris Gnielka auf dem Nordkalottleden-Trek 2023.

Im Südwesten wird es bergiger

Je weiter man nach Südwesten kommt, desto bergiger wird es. Und am spektakulärsten treffen Meer und emporschießende Felswände an Norwegens Westküste aufeinander, im Reich der Fjorde. Ab dem Städtchen Kristiansund, 200 Kilometer westlich von Trondheim gelegen, verbindet die berühmte Fjordruta, ein Wanderwegenetz von 250 Kilometern Länge, Selbstversorgerhütten miteinander und hüllt Wandernde jeden Tag in den Duft von Kiefern- und Birkenwäldern oder weht ihnen eine salzige Brise von dunklen Fjorden in die Nase. Auf gleicher Höhe, nur eben an der Ostküste 500 Kilometer nördlich von Stockholm, verläuft das schwedische Pendant: Der 130 Kilometer lange Högakustenweg bringt Trekkingfans 13 Tage lang entlang rundgeschmirgelter Klippen von Hütte zu Hütte, Blicke über die vorgelagerten Inseln inklusive.

Die Mitte Skandinaviens punktet durch diese faszinierende Kombination von tiefen Meeresarmen, rauen Bergen und fast kitschig grünen Tälern. Und genau so eines schneidet auf Höhe von Bergen durch Norwegens Fjell: der Canyon des Aurlandsdalen. Der 60 Kilometer lange Lieblingstrek meiner Kollegin Katharina Hübner folgt einem uralten Handelsweg. In drei bis vier Tagen wandert man von Finse nach Westen bis Vassbygdi. "Wie im Auenland", schwärmt Katharina los, sobald man das Tal erwähnt.

Südskandinavien lockt mit Fjorden & Seen

Paddler und Fotograf Jens Klatt wiederum kann sich vor allem für Südschweden erwärmen, insbesondere im Dalsland an der Grenze zu Norwegen. Das Paddelparadies liegt rund 200 Kilometer nördlich von Göteborg. Dort schwappt ein See direkt neben dem nächsten, verträumte Buchten und idyllische Inseln verführen auf Kanutouren zu ausgedehnten Stopps. "Ein super Paddelrevier", sagt er. "Gerade auch für Einsteiger." Die Standardrunde über den See Stora Le und seinen Nachbarn Foxen ist 55 Kilometer lang. Sie macht es einem schön leicht, zwei oder drei Tage komplett in der Natur abzutauchen. "Und trotzdem hat man Städtchen wie Ed oder Campingplätze mit Restaurant in der Nähe und kann Brot und Käse nachkaufen", erklärt Jens.

Aber auch auf norwegischer Seite läuft der Süden Skandinaviens zu Bestform auf: Das Jotunheimengebirge 300 Kilometer nordöstlich von Oslo schwingt sich im Galdhøppigen (2469 m) zum höchsten Punkt Skandinaviens empor. Durch die Hochtäler führen wunderbare Treks, darunter auch der über den berühmten Besseggengrat, einen Bergrücken, der schmal zwischen dem Gjendesee tief drunten und einem geheimnisvollen Bergsee verläuft. Oder ziemlich genau zwischen Bergen und Oslo die Hardangervidda, Europas größte Hochebene. Sie gleicht einer Zauberwelt aus Wasserfällen, weitem Fjell mit weichen Moosen und Flechten, glitzernden Schneefeldern und dem Gletscher Hardangerjøkulen – eine fast so epische Landschaft wie in Lappland.

Mich zieht es ja immer wieder an den Lysefjord auf Höhe von Stavanger, dort, wo das wilde Fjordland der Westküste sich langsam beruhigt und in die Wald- und Seenlandschaft der Telemark hinübergleitet. Hier schwebt eine ganz besonders schimmernde Luft auf den Wellen, bläulich, leicht flimmert sie über dem Fjord, senkrecht streben seine Felswände in den Himmel. In ihnen verbergen sich Berühmtheiten unter den norwegischen Tourenzielen wie die Granitkanzel Prekestolen, von deren Kante ich schon oft 600 Meter senkrecht auf das Wogen des Fjords geschaut habe, oder der Felskeil Kjeragbolten, der sogar 1000 Meter über der Wasseroberfläche in einem Spalt klemmt – Wagemutige stehen nach einem adrenalinschwangeren Schritt auf dem Keil, gefühlt frei schwebend. Um den Fjord führt eine sechstägige Runde (86 km). Sie zieht vom grünen Ufer aufs karge Fjell, schlängelt sich meist hoch droben am Fjord entlang und streift auch die beiden Promis. Außerdem hilft die Route, den Wandernden auf Tagestour auszuweichen, die diese Naturwunder natürlich ebenfalls sehen wollen.

Und genau da ist es mir passiert, dass ich mich einmal ganz der skandinavischen Gelassenheit hingegeben habe. Am Ende des Fjords, gerade herabgestiegen vom Kjeragbolten, saß ich am Bergrestaurant Øygardsstøl in der Sonne und wartete auf den Bus nach Stavanger, den Bus, wohlgemerkt, denn es fährt exakt nur einer. Einige leere Busse standen in der Nähe und tuckerten leise vor sich hin. Ein Blick auf meinen Zeitplan – noch massig Luft. Und dann fährt er plötzlich an mir vorbei, mein einziger Bus nach Stavanger! Ich hatte die falsche Abfahrtszeit notiert, satte fünf Minuten später. Mit wieder ganz deutscher Hektik telefonierte ich mit enervierend gelassenen Norwegern und bekam eine alternative Fahrt nach Stavanger zusammen, mit Fähre, Kleinbus, wieder Fähre und langem Fußmarsch. Lektion gelernt: So entspannt der Norweger an sich ist – der Bus nach Stavanger fährt auf die Sekunde pünktlich.

Wie komme ich nach Skandinavien?

Die meisten Skandinavienreisenden nehmen das eigene Fahrzeug und nutzen Fähren. Gängige Verbindungen: Kiel–Oslo (über Nacht, wie eine kleine Kreuzfahrt, ab 420 Euro für 2 Pers. + Auto, einfach, colorline.de), Hirtshals–Kristiansand (kurze Fahrt, ab. 120 Euro für 2 Pers. + Auto, fjordline.de, colorline.de). Natürlich kann man auch im Flugzeug anreisen und per Bus weiterfahren (s. "Rumkommen") oder sich ein Auto leihen. Die üblichen Vermieter wie Avis, Europcar unterhalten Stationen an den Flughäfen.

Wie bewege ich mich fort?

Wie orientiere ich mich auf meinen Wanderungen?

  1. Die Wanderkarten von Nordeca/Ugland/Statens Kartverk im Maßstab 1:50.000, 29,90 Euro bringen dich sicher über alle norwegischen Wege.
  2. Das schwedische Pendant sind die Fjällkartan, 1:100.000, 17,90 Euro; in Finnland wanderst du am besten mit Karttakeskus, 1:50.000/1:25.000, 18,90 Euro.
  3. Gute Übersicht über die Wandergebiete im Norden und in der Mitte, inkl. Beschreibung der Trek-Klassiker: Wanderwege Nordskandinavien und Mittelskandinavien, Harri Ahonen, Thomas-Kettler-Verlag, je 29,90 Euro.
  4. Detaillierte Beschreibungen der Treks im Conrad-Stein-Verlag: z. B. Nordkalottleden, 16,90 Euro, Kungsleden, 14,90 Euro, Padjelantaleden, 9,90 Euro.
  5. Immer gut: Rother Wanderführer, z. B. Norwegen Mitte, 14,90 Euro, Norwegen-Jotunheimen-Rondane, 14,90 Euro, Lappland, 16,90 Euro.

Wann sollte ich nach Skandinavien reisen?

Eine Empfehlung für ganz Skandinavien ist schwierig, aber generell ist oft der September die beste Zeit, da dann die sommerlichen Mückenschwärme schwinden und sich das Land in die Farben des "Ruska" hüllt, des finnischen "Indian Summer". Jedoch kann schon der erste Schnee fallen. Vor dem du aber auch im Hochsommer nie sicher bist – gerade auf dem Fjell.

Wo kann ich während meiner Reise übernachten?

  • Wanderhütte: In Norwegen kommen Wandernde gut bei den Hütten des Norske Turistforeningen unter (dnt.no). Manche funktionieren wie Berggasthöfe. Daneben gibt es Hütten mit Vorratsraum, aus dem man sich bedient und die Kosten zusammen mit der Übernachtung per Formular begleicht, und reine Schutzhütten, in die man alles selbst mitbringt. Für sie muss man bei einer bewirteten Hütte oder dem lokalen Wanderverein einen Schlüssel mieten oder kaufen. Am besten vor längeren Touren Mitglied werden und auf beliebten Wegen im Voraus ein Bett buchen (beides auf dnt.no). Schwedisches Pendant: Der Schwedische Tourismusverband STF (svenskaturistforeningen.se) bietet Betten in Jugendherbergen, Fjällstationen und Berghütten. Vor Ort ist ein Wirt (stugvärd), bei dem man zahlt und der meist einen Mini-Laden betreibt. Der Samische Verband unterhält wenige Hütten auf dem Padjelantaleden (padje lanta.com). Im finnischen Nationalpark Urho Kekkonen gibt es Hütten ohne und mit Bettreservierung (nationalparks.fi/urhokekkonennp).
  • Jedermannsrecht: Wer in Skandinavien wandert, sollte ein Zelt einpacken. Denn das Jedermannsrecht erlaubt, für eine Nacht irgendwo zu campen, nur nicht auf Privatgrund. Bei den Hütten gibt es oft auch Zeltplätze, es fällt lediglich eine Gebühr für Toiletten- und Küchennutzung an.

Wo kann ich auf der Tour essen und einkehren?

  • Tütenfutter: Schnelle Mahlzeiten liefern die Fertiggerichte von Trek’n Eat, Travellunch, Real Turmat oder Tactical Foodpack (7–10 Euro pro Mahlzeit). Für Power in Pausen in einem Zip-Beutel gesalzene Nüsse und Trockenfrüchte mischen. Leicht und nahrhaft: Porridge und Brei, mit heißem Wasser aufbereitet.
  • Typisch norwegisch: Für Mitteleuropäer befremdlich, aber echt praktisch auf Tour sind Polarbröd und Tubenkäse. Das Set gibt es in jedem Supermarkt; es weckt schnell und auf Tour überraschend schmackhaft neue Kräfte.

Wo kann ich mich noch informieren?

Unter visitsweden.de, visitnorway.de, visitfinland.com

Geiranger
Maren Krings

Tipps von Reiseredakteurin Kerstin Rotard

  1. Stadtpaddeln in Stockholm: Vom Wasser aus ist das an sich schon schöne Stockholm fast noch faszinierender. Kajaktouren bieten zum Beispiel langholmenkajak.se oder stockholmadventures.com an.
  2. Wander-Schoki: Bei jedem Norwegentrip ein Muss: Walters Mandler kaufen! Die Kombination aus Salzmandeln und süßer Vollmilchschokolade sorgt für Energiekicks beim Wandern.
  3. Moskitonetz: Mit einem Mückennetz sieht man nerdig aus, kann aber im Sommer einfach mal pausieren ohne lästiges Krabbelzeugs in Mund, Nase und Augen. Denn selbst in Norwegens Bergen können an windstillen Tagen Mückenschwärme über sumpfigen Senken stehen.