Schlafen, wo es einem gefällt, mitten im Grünen, mit bester Aussicht auf großartige Landschaften – allein aus diesem Grund ziehen Tausende Wanderer mit Zelt, Schlafsack und Co. durch die Natur. Doch wäre es nicht toll, den abendlichen Sternenhimmel, die stille Nacht und die ersten Sonnenstrahlen am Morgen schon auf der Anreise genießen zu können? Mit einem Camper-Van – neudeutsch für Wohnmobil – beginnt das Outdoor-Erlebnis bereits auf der Anfahrt: Ob auf einer naturnahen Zeltwiese, auf einem aussichtsreichen Alpenpass, nett gelegenen Wanderparkplatz oder beim nächsten Bauern – eine ruhige Stelle findet sich fast überall und erst recht in klassischen Reiseländern wie Skandinavien, Schottland oder Frankreich.
Ein teures Wohnmobil – und das ist die gute Nachricht – braucht man dafür gar nicht. Es genügt das vorhandene Fahrzeug, dem man mit etwas handwerklichem Geschick eine Liegefläche und – meistens darunter – Stauraum für die Rucksäcke verpasst. So lässt sich selbst ein Opel Corsa, Fiat Punto oder Skoda Fabia zum Minicamper ausbauen – allerdings nur mit Abstrichen bei Komfort, Stauraum und Liegelänge.
Welcher Hochdachkombi eignet sich als Camper?
Jürgen und Sina, beide bei outdoor im Testteam aktiv, haben aus diesem Grund ihren Kleinwagen verkauft und sich einen sogenannten Hochdachkombi – einen Renault Kangoo – zugelegt. Im "Kofferraum" fixierten sie ein umklappbares Brett auf Stelzen. "Auf dem können wir nicht nur ausgestreckt liegen, sondern auch aufrecht sitzen – trotzdem bleibt unter dem Brett genug Platz fürs Wander- und Kletterequipment", so Jürgen, der mit über 1,80 Meter nicht zu den Kleinwüchsigen zählt.
Neben dem Kangoo gehören auch Citroën Berlingo, Dacia Dokker, Fiat Doblo, Opel Combo, VW Caddy und viele andere zur wachsenden Spezies der Hochdachkombis. Als Familien- und/oder Lieferwagen konzipiert, eignen sie sich perfekt als Minicamper. Nicht nur, weil sie mehr Dachhöhe und damit Kopffreiheit im Sitzen bieten, sondern auch, weil sich die Sitze im Fond einfach aus- und wieder einklippen lassen. "So kann man den Wagen im Alltag als normales Auto benutzen und im Urlaub flugs zum Camper verwandeln", freut sich Sina.
Außerdem besitzen die meisten Hochdachkombis Zurrösen auf dem Fahrzeugboden, mit denen man Bettgestell, Kisten & Co sichern kann, ohne Löcher ins Auto bohren zu müssen, was bei der zweijährlichen Hauptuntersuchung beim TÜV oder bei der Dekra Probleme geben kann. Solange Sitze nur umgeklappt oder ausgeklippt werden, um ein Schlafbrett abzustützen oder einzubauen, braucht man kein Gutachten und so- mit auch keine Abnahme, schreibt der TÜV Süd auf eine Anfrage von outdoor.
Werden aber Sitze oder Gurte dauerhaft entfernt, indem man die Original-Verschraubungen löst, erlischt die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs. Ähnlich verhält es sich, wenn man nicht nur eine Schlaf- und Staumöglichkeit schafft, sondern auch einen Herd oder eine Heizung fest installiert. Schnellfrierer sollten daher schon bei der Anschaffung des Fahrzeugs auf eine werkseitig eingebaute Standheizung bestehen – oder sie in einer Fachwerkstatt nachrüsten lassen.
Anders sieht es bei fertigen Campingbussen à la VW California oder Ford Nugget aus. Sie punkten schon ab Werk mit Küche, Heizung und viel Platz, Komfort und Stauraum. Allerdings kosten sie mit weit über 40.000 Euro ein halbes Vermögen und sind daher besonders diebstahlgefährdet, was wiederum die Versicherungspolicen in die Höhe treibt.
Was sind die Vorteile von selbstausgebauten Campern?
Auch lassen sich eigens umgebaute Minicamper besser im Alltag nutzen: Sie sind wendiger, schmaler und übersichtlicher, was das Rangieren in der Stadt sowie in engen Gassen Italiens oder Frankreichs erleichtert. Außerdem verbrauchen sie weniger Treibstoff als andere Wohnmobile und passen mit ihrer Höhe von unter 1,90 Meter nicht nur in die meisten Parkhäuser, sondern auch auf besonders schön gelegene Parkplätze. In ihren Einfahrten stehen immer häufiger Höhenbegrenzer, um Wohnmobile auszusperren.
Auch Fährüberfahrten, etwa nach Schottland oder Norwegen, reißen mit einem Hochdachkombi kein allzu großes Loch in die Reisekasse. Teuer wird’s erst bei Fahrzeugen, die höher als zwei oder länger als fünf Meter sind. Außerdem fällt man mit einem Hochdachkombi nicht gleich als Camper auf. Jürgen: "Die wenigsten vermuten, dass da jemand übernachtet, was ja nicht überall gerne gesehen wird." Für Outdoorer bietet der Selbstausbau noch weitere Vorteile, etwa dass sie direkt am Ausgangspunkt der Wanderung schlafen und somit früh starten können.
Oder dass sie vieles, was ein Auto zum Camper macht, sowieso schon besitzen: Isomatte und Schlafsack etwa, aber auch Kocher, Wassersack sowie Campinggeschirr. Wer nicht selbst Hand anlegen möchte, kann entweder einen Tischler beauftragen oder einen professionellen Ausbauer. Firmen wie Reimo, Vanessa oder Zooom bieten maßgeschneiderte, oft sehr elegante, praktische Lösungen, für die je nach Umfang und Fahrzeug zwischen rund 2000 und fast 10 000 Euro zu berappen sind.
Die Kosten für einen Selbstausbau fallen mit zirka 150 bis maximal 500 Euro deutlich geringer aus. Außerdem steigert eine solche Umbauarbeit gerade bei fehlendem Handwerker-Gen nicht nur die Kreativität, sondern auch die Reiselust. Jürgen: "Ich war bei jeder Schraube und bei jedem Brett gedanklich schon auf Tour."
Tipps zu Ausbauvarianten
Wer Pläne macht, bringt Gott zum Lachen, heißt es. Aber so ganz ohne Plan sollte wenigstens derjenige, der sein Auto ausbauen will, dann doch nicht vorgehen – und genau wissen, wie er später im Auto liegen, sitzen und das Gepäck verstauen will. Die gute Nachricht: Man muss kein Handwerker sein. Es reicht, wenn man weiß, wo der nächste Baumarkt ist.
Die wichtigste Frage, die man sich vor dem Umbau stellen sollte, ist die nach den Sitzplätzen: Reichen Fahrer- und Beifahrersitz auch im Alltag, kann man die zweite Sitzreihe entfernen, wodurch in den Fußraummulden Platz für sperrige Dinge wie die Kühlbox frei wird. Ansonsten wird die zweite Reihe umgeklappt und das Bett darauf abgestützt.
Auch sollte man sich im Klaren über die Liegelänge sein. Als Faustregel gilt: Körpergröße plus 30 Zentimeter. Bei kurzen Autos wie Renault Kangoo schafft man das nur durch Vorschieben von Fahrer- und Beifahrersitz. Für Große empfehlen sich Langversionen wie Citroën Berlingo XL oder VW Caddy Maxi – hier sind Schlafflächen von bis zu 2,3 Metern auch ohne Stühlerücken kein Problem.
Die beiden unten vorgestellten Umbauvarianten eignen sich gut für zwei Personen mit sperrigem Gepäck, das sich schlecht in Schubladen pressen lässt. Für andere Fälle – etwa Soloreisende oder solche, die Wert auf einen richtigen Tisch oder ein Regal legen – kann man sich auf Seiten wie hochdachkombi.de oder micro-camper.de Hilfe und Anregungen holen.
Wie auch immer Sie es angehen: Ein ausreichend stabiles Bett brauchen Sie in jedem Fall. Hierfür sollte man Sperrholz- oder die unempfindlicheren, dunkleren Siebdruckplatten nehmen, die der Baumarkt kostenlos auf das gewünschte Maß zuschneidet. Sie bieten das beste Verhältnis aus Stabilität und Gewicht. Beide Varianten gibt es in unterschiedlichen Stärken, zwölf Millimeter sollten es mindestens sein. Ansonsten droht der Absturz in den Stauraum unter dem Bett. Und dann hätte Gott wirklich Grund zu lachen.
So gelingt der Umbau im Detail
Als Träger für das Schlafbrett eignen sich zwei seitliche "Leitern" aus Vierkanthölzern. Sie lassen sich mit Zurrbändern fixieren oder am Fahrzeugboden verschrauben. Je höher die Träger, desto mehr Gepäckraum entsteht – allerdings zulasten der Kopffreiheit.
Für die Liegefläche brauchen Sie zwei gleich breite Bretter, die Sie mittels Scharnier koppeln. Wo, hängt von der Deckenhöhe ab: Das fahrersitznahe Brett muss auf das im Heck an der Leiter festzuschraubende zurückklappen können, ohne mit dem Dach zu kollidieren.
Sie brauchen die zweite Sitzreihe? Lässt sie sich umklappen, dient sie als Klappbettauflage. Wem sie zu niedrig ist, der legt ein Vierkantholz zwischen Sitz und Brett oder baut sich ein Stützgerüst. Das braucht man auch bei Sitzreihen, die nicht waagerecht umklappen.
Entfernt man die zweite Sitzreihe, lässt sich an deren Stelle eine Truhe einbauen. Ihr Deckel dient als Verlängerung des Bettes, das ausgeklappt bündig mit der Truhe abschließt. So lässt sie sich auch dann öffnen, wenn das Bett schon gemacht ist.