Früh am Morgen ist die Luft kühl, aus der Murg steigt Feuchtigkeit auf, ein Vogel begrüßt verhalten die ins Tal lugende Sonne. Über dem Baiersbronner Teilort Schönmünzach stehen die Tannen dunkel auf den Hängen, feiner grauer Dunst schwebt über den taubenetzten Wiesen – perfektes Wetter zum Wandern. Dafür gibt es hier im Nordschwarzwald genug Möglichkeiten: Gut markierte Weitwanderwege, Tages- und Halbtagestouren führen durch Wälder, auf aussichtsreiche Hochflächen und zu Karseen. Unterwegs liegen Hütten und Berggasthäuser in genau richtigem Abstand für eine gemütliche Einkehr. Und wer will, lässt das Auto in Baiersbronn oder einem der Teilorte stehen und fährt mit der S-Bahn oder dem Bus zu den Touren und am Ende wieder zurück.
Wandertipp 1: Sankenbach-Runde (ca. 4h, 13 km)
Diese Variante des Sankenbachsteigs beginnt am Abrahamshof im Baiersbronner Teilort Berg. Sie nutzt auf dem Hinweg eine Route abseits der vielbegangenen Pfade. Zuerst dem Dalkenbach nach aufwärts, dann über einsame Forstwege zur Hoferköpflehütte und in weiten Kehren zum Sankenbachsee hinab. Abstecher zum Sankenbachwasserfall mitnehmen! Danach im Tal jetzt auf stärker frequentierten Wegen dem Sankenbach nach zum Wildgehege und zurück zum Abrahamshof.
Wandertipp 2: Naturgewalten-Tour (ca. 5h, 16 km)
Was Wasser und Wind anrichten können – das verdeutlicht die Runde ab Baiersbronn-Mitteltal. Sie folgt dem Bösellbach durch Wald hinauf zum Plon (900 m) und dann dem Gutellbach, vorbei an Rosshimmelwasserfall und Ellbachsee, wieder hinab zum Startpunkt. Unterwegs siehst du die Ellbachtanne, die Sturm Lothar überstand. Wer gerne zeltet, nimmt seine Ausrüstung mit und schläft in einem der beiden Trekkingcamps am Weg.
Wandertipp 3: Höhen-Tour (ca. 6h, 22 km)
Die anspruchsvolle Runde ab Baiersbronn-Obertal folgt in der Höhe dem Schwarzwald-Westweg. Am Buhlbach steigst du aufwärts, biegst auf den Lotharpfad ein und wanderst über den Schwabenrank (851 m) zum Schliffkopf (1055 m), einem Vertreter der im Schwarzwald typischen Grinden, der Berggipfel mit offener Weidelandschaft. Dann über die Schwarzwaldhochstraße und wieder hinab nach Obertal.
Wandertipp 4: Eiszeit-Tour (ca. 4h, 12 km)
Wie die Gletscher der Eiszeit Täler und Seen gestalteten, zeigt diese Runde ab Huzenbach. Unter Tannen und Fichten steigt sie auf zum Huzenbacher See. Dann geht es über abenteuerliche Pfade auf die Karwand, die den See einrahmt, und unter gewaltigen Tannen wieder ins Tal hinab nach Huzenbach.
Wandertipp 5: Holzmacher-Tour (ca. 5,5h, 18 km)
Immer dem Zapfensymbol nach wandert man von Tonbach an der Blockhütte vorbei das Tonbachtal hinauf zum Bergplateau mit seinem Hochmoor und Blick auf den Huzenbacher See. Über Zinkenhütte, Höllkopf (855 m) und die Aussicht am Priorstein schließt sich die Runde. Wer zum Schluss in der Blockhütte einkehren möchte, dreht die Runde einfach um. Kombi mit Eiszeit-Tour ab Hochmoor Kleemisse möglich.
Weitere Tipps in der Region
Nach Schönmünzach, zum Start der vierten Etappe der fünftägigen Murgleiter, kommen Wanderer bequem mit der S-Bahn. Sie steigen gleich zu Beginn des 25 Kilometer langen Wegs nach Baiersbronn durch einen würzig duftenden Nadelwald aufwärts. Wie Säulen ragen die geraden Stämme in den Himmel, hier und da leuchten Fichtenspitzen in einem verirrten Sonnenstrahl unwirklich grün auf. Die Schuhe knirschen über feinen Schotter, und bald entlässt der Wald den Weg auf einen freien Hang, der zur Murg hinunterzieht. In die Wiesen schmiegt sich das Örtchen Schwarzenberg, das den Stoff für das berühmte Schwarzwald-Märchen »Das kalte Herz« stiftete.
Sein Autor Wilhelm Hauff besuchte zwischen 1817 und 1820 oft seinen Verwandten Johann Gottlieb Hauff, den Pastor von Schwarzenberg. Der Dichter sah, wie Glashütten im Schwarzwald entstanden, Holzhändler reich wurden und Köhler den wachsenden Energiehunger stillten. »Das kalte Herz« handelt vom jungen Köhler Peter Munk, der dem Dreck und der Armut seines Standes entkommen will und einen Pakt mit einem der hiesigen Waldgeister schließt, dem Holländer Michel. Er tauscht sein Herz gegen eins aus Stein und 100.000 Gulden. Bald häuft er hartherzig mit Holz-, Getreide- und Geldhandel ein Vermögen an und heiratet das schönste Mädchen des Schwarzwalds. Im Zorn erschlägt er sie vor den Augen des Glasmännleins, eines guten Waldgeists. Das Glasmännlein gibt ihm acht Tage Zeit, sein Leben zu ändern, und verrät ihm eine List, mit der er sein Herz vom Holländer Michel zurückholt. Jetzt begreift Peter, wie er die letzten Jahre gelebt hat, und weil er das bereut, bekommt er nicht nur seine Frau zurück, sondern auch eine zweite Chance: Er arbeitet wieder als Köhler, zufrieden und mit bescheidenem Erfolg.
Auf der Terrasse von Löwen’s Panoramastüble versenkt man sich einen Kaffee lang in den Anblick des unterhalb liegenden Schwarzenbergs, der Heimat des Kohlenpeters. Verstreut baden noch immer die Höfe im Sonnenlicht, und reiche Lehensbauern und mächtige Holzhändler genossen hier ihren Wohlstand. Jenseits der Murg steht der Wald schwarz und schattig. Dort wohnten zu Hauffs Zeiten Köhler, arme Leute und Tagelöhner. Die Murg trug damals gewaltige Tannen nordostwärts dem Rhein zu, und auch heute sehen Wanderer den Fluss von Schwarzenberg nach Schönmünzach gurgeln.
Rundwanderung im Nationalpark Nordschwarzwald
Wer das Schönmünztal nach Südwesten hinauffährt, erreicht am Ende der Straße Hinterlangenbach. Am Forsthaus Auerhahn beginnt eine Rundwanderung mitten ins Herz des 2014 gegründeten Nationalparks Schwarzwald. Ein schmaler, teils sehr steiler Pfad führt Wanderer durch Tannenwald zu einem stillen Schatz, dem Wildsee. In seiner moorbraunen Oberfläche spiegeln sich abgestorbene und lebende Baumriesen, mancher Ast ist ins Wasser gestürzt und vermodert langsam. Auf den toten Stämmen wuchern Pilze, Farne und Baumschößlinge – die nächste Waldgeneration. »So könnte der ganze Nationalpark in 100 Jahren aussehen«, erklärt Ranger Charly Ebel, der Wanderungen zum Wildsee führt und vom Zusammenwirken von Tieren und Pflanzen erzählt. Der Bannwald um den See herum wächst und vergeht schon seit 1911 unberührt von Menschenhand, und so deutlich wie hier erlebt man nirgends sonst im Schwarzwald, wie sich die Natur langsam einem Urzustand annähert.
Der Weg führt vom See in engen Serpentinen unter uralten, bleichstämmigen Tannen hinauf. Der Atem geht schwer, hin und wieder liegt ein Baum quer, und man muss über ihn hinwegklettern oder sich unter ihm durchbücken. Die Restfeuchte des vergangenen Winters macht den Boden glitschig und reduziert das Marschtempo – gut so, denn jetzt entdeckt man links und rechts des Pfads Flechten und Moose. »Riech mal an dem Pilz«, sagt Charly Ebel und deutet auf einen Knubbel auf einem Baumstumpf. »Erinnert an Fenchel, oder?«
Bannwald-Runde
Oben öffnet sich eine freie, sonnige Hochmoorfläche. Hier ruht Julius Euting in seinem Urnengrab. Er war ein Pionier des Schwarzwald-Tourismus und ein großer Orientreisender. Noch heute wird an seinem Geburtstag am 11. Juli jedes Jahr umsonst an seinem Grab Mokka ausgeschenkt.
Zu Kaffee und Kuchen führt auch die Bannwald-Runde: Gut einen Kilometer nach Eutings Grab kann man in der Darmstädter Hütte einkehren oder man wandert noch ein Stück weiter, schaut in die Rheinebene, die sich in diffusem Grüngrau in der Ferne verliert, und macht am Seibelseckle Rast. Oder kostet am Ende der Tour eine Torte im Forsthaus Auerhahn.
Gewaltige Bäume wie am Wildsee wurden zu Hauffs Zeiten abgeholzt und als bis zu 600 Meter lange Flöße nach Köln oder Rotterdam gebracht – eine harte, gefährliche Arbeit. Erschwert wurde das Flößerhandwerk durch Streit zwischen Baden und Württemberg: Schönmünzach lag auf der Grenze, und Baden verweigerte Württemberger Flößen die Durchfahrt. In Huzenbach, von Schwarzenberg etwas murgaufwärts, baute eine Holzcompagnie die »Huzenbacher Maschin«, eine Art Holzlift, die bis zu zehn Stämme täglich über den Berg zur schwäbischen Nagold transportierte. Heute ist von der Maschin nichts mehr übrig, und so wenden sich Wanderer auf der Murgleiter von der Aussicht auf Huzenbach ab und lieber den Schönheiten der Gegenwart zu: dem Huzenbacher See zum Beispiel. Er ist einer der vielen geheimnisvollen Karseen des Schwarzwalds. Steil geht es durch den Wald hinauf zu seinen Ufern und noch höher und nicht minder steil zu einer Plattform, von der aus man nicht nur das Seeauge in den Himmel starren sieht, sondern auch über die Murg hinweg bis ins Peter-Munk-Dorf Schwarzenberg zurückblickt.
Eine Wanderung über den Rinkenkopf (759 m)
Zum Ende der Murgleiter-Etappe lernen Wanderer das Tonbachtal kennen. Nach einem Abschnitt durch den Wald empfängt es sie voller Licht, dicke Hummeln umsummen gelbe Blüten. Rechter Hand unten liegt der Baiersbronner Ortsteil Tonbach, und voraus direkt am Weg lädt die »Blockhütte« zu einer Einkehr ein. Den Rucksack absetzen, auf eine der rustikalen Bänke auf der Terrasse sinken, ein frisches Radler vor sich – welche Wohltat nach gut drei Vierteln der Strecke! Jenseits des Tals erhebt sich der Rinkenkopf, um den eine weitere Tour führt. Außerdem wandert man dort im Reich eines anderen sagenhaften Peters: Das Petermännle soll im Dienst der Reichenbacher Mönche gestanden und die einfachen Leute furchtbar gepiesackt haben. Auf den Spuren der Mönche gibt es natürlich auch eine Wanderung. Ein andermal. Für heute führt die Murgleiter nach Baiersbronn zurück.
Reiseinfos zur Region um Baiersbronn
Hinkommen & Herumkommen
- Auf eigener Achse reist man am schönsten über die Schwarzwaldhochstraße an.
- Umweltfreundlicher geht es per Bahn: bahn.de
- Alle Wanderungen sind an das Bus- und/oder S-Bahnnetz angeschlossen. Wer sich vor Ort einquartiert, nutzt die Verkehrsmittel über die Konus-Gästekarte umsonst. Noch mehr Luxus (Konuskarte und Eintritte) bekommt man bei Schwarzwaldplus-Gastgebern. (schwarzwaldplus.de)
- Perfekt für alle Touren um Baiersbronn ist die Karte Baiersbronner Wanderhimmel, Maßstab 1:25.000, für 4,50 Euro, die man in der Wander-Info Baiersbronn oder online erwerben kann.
Unterkünfte & Restaurants nahe Baiersbronn
Hotel Lamm in Mitteltal
Nicht mitten in Baiersbronn, aber doch zentral wohnen Wanderer im Ortsteil Mitteltal. Morgens versorgt das üppige Frühstücksbuffet im »Lamm« mit Energie für jeden Schwarzwaldberg, und nach der Tour lässt man sich saisonale und schwäbische Gerichte schmecken. DZ ab 66 Euro/Person (inkl. Frühstück), lamm-mitteltal.de
Müllers Löwen in Schwarzenberg
Nah an den Wilhelm-Hauff-Schauplätzen hat sich der »Müller‘s Löwen« auf Wanderer spezialisiert. DZ ab 49 Euro/Person (inkl. Frühstück), loewen-schwarzenberg.de
Café-Hotel Klumpp in Schönmünzach
Heimelige Gaststube, Zimmer mit viel Holz und ein kleiner Wellnessbereich – im Café-Hotel Klumpp in Schönmünzach entspannt man perfekt nach einer Wanderung. DZ ab 54 Euro/Person, hotel-klumpp.de
Einkehr beim Bauern - Seidtenhof
Seit 1770 ist der Seidtenhof, einer der Reichenbacher Höfe bei Baiersbronn, in Familienbesitz. Heute lassen sich Wanderer in der urgemütlichen Stube bei einfachen, aber richtig guten Speisen verwöhnen. Unbedingt das selbstgemachte Eis probieren! seidtenhof.de
Beim Kräuterwirt - Rosengarten Baiersbronn
Oft ist Chef und Koch Friedrich Klumpp vor dem Morgengrauen unterwegs, um Kräuter und Blüten im Wald und auf den Wiesen zu sammeln. Daraus kreiert er ausgefallene Gerichte und sündleckere Desserts. rosengarten-baiersbronn.de
Forsthaus Auerhahn in Hinterlangenbach
Wer Torten mag, wird das Forsthaus Auerhahn lieben! In Hinterlangenbach liegt das über die Jahre um das Ur-Forsthaus gewachsene Häuserensemble am Ende der Talstraße. forsthaus-auerhahn.de
Hütte für Wanderer - Blockhütte Sattelei
Die Blockhütte »Sattelei« (45 Min. von Mitteltal) verwöhnt Wanderer das ganze Jahr über mit deftigen Speisen und Brotzeiten. bareiss.com
Schwarzwald-Snacks auf der Darmstädter Hütte
Auf der großen Sonnenterrasse oder in den rustikalen Räumen der Darmstädter Hütte kommen Gerichte wie Erbseneintopf oder Maultaschen mit Kartoffelsalat auf die Holztische. darmstaedter-huette.de
Noch mehr Schwarzwald-Tipps
Kulinarische Wege
Vier Stunden streifen Wanderer mit einem Nationalpark-Ranger und dem Baiersbronner Kräuterkoch Friedrich Klumpp auf schmalen Pfaden durch den Wald. Unterwegs wird genascht: Beeren, Kräuter, Fichtennadeln. Termine & Infos: nordschwarzwald-nationalpark.de
Märchenmuseum in Baiersbronn
In Baiersbronn macht ein kleines Museum mit dem umfangreichen Werk Wilhelm Hauffs bekannt.
Glashütte Buhlbach
Wie war das Leben der Arbeiter einer Glashütte? Eine Ahnung davon bekommt man auf dem Gelände vom kulturpark-glashuette-buhlbach.de
Schwarzes Gold
Das Köhlerhandwerk erlebte im Schwarzwald bis ins 19. Jahrhundert seine Hochzeit. Heute baut der Waldpädagoge Thomas Faißt jedes Jahr bei Baiersbronn einen Meiler. Infos für spezielle Köhlerwanderungen und mehr: baiersbronn.de
Tourendetails + GPS Daten
Sankenbach Runde
Naturgewalten-Tour
Höhen-Tour
Eiszeit-Tour
Holzmacher-Tour