Die hochalpine Wanderroute "Ortler Höhenweg" beeindruckt Wanderer mit Ausblicken auf das Ortler-Massiv und die Südtiroler Bergwelten. Der Ortler-Höhenweg umrundet den namensgebenden Berg Ortler (3905 m) in sieben Etappen mit insgesamt 119,5 Kilometern und 8126 Höhenmetern (Details siehe unten). Die Route erfordert alpine Erfahrung, Trittsicherheit, Kondition und Hochgebirgsausrüstung – stellenweise bewegt man sich über 3000 Meter, ein Teilstück führt über Gletschergebiet. Unterwegs begeistern immer wieder die Blicke auf Ortler und Co. Der Weg ist beschildert, übernachtet wird in Berghütten.
- Beste Zeit: Juli und August sind die besten Monate. Zuvor liegt im Hochgebirge oft noch viel Schnee. Im September geht die Saison langsam zu Ende.
Etappenübersicht Ortler-Höhenweg
1. Von Stilfs zur Düsseldorferhütte
Aus dem Dorf hinab zur Stilfser Brücke, auf der anderen Flussseite hinauf zur Kälberalm (2253 m). Von dort nimmt man den Eselsteig und folgt dem neuen Steig ums Hintere Schöneck. Kurz zu Hochweide an einem Bach absteigen, dann in Serpentinen hoch zur Düsseldorfer Hütte (2721 m).
2. Von der Düsseldorferhütte zur Zufallhütte
Die Serpentinen wieder absteigen und den Hang zur Bergstation des Kanzellifts queren. Über die Rosimböden führt ein neuer Geröllsteig hinauf zum Schöntaufjoch (3168 m). Mit Blick auf die Cevedale-Gletscher zum Madritschjoch (3123 m) queren, in langen Kehren ab zur Zufallhütte (2265 m).
3. Von der Zufallhütte zur Pizzinihütte
Vorbei an einer alten Staumauer und über die Moräne des Langenferners zum Talschluss des Martelltals hinauf. Unterhalb der Ruine der Halleschen Hütte Steigeisen anlegen und über den Gletscher hinauf zur Casatihütte (3269 m). Übers Langenferner Joch gleich dahinter wandert man hinab zur Pizzinihütte (2706 m).
4. Von der Pizzinihütte nach Sant'Antonio
Über den Passo di Zebrù Nord (3001 m) zum Rifugio Quinto Alpini (2878 m) – oder gleich den Weg 529 hinab zur Alm Bàita del Pastore (2168 m). Von hier durchs Zebrùtal hinunter zum Weiler Sant’Antonio (1347 m).
5. Von Sant'Antonio zum Rifugio Monte Scale
Kurz vor der Kirche den Bach überqueren und ins Val d‘Uzza hinauf. Oberhalb von Bormio den Hang traversieren, auf der Ponte Forni über den Fluss Adda und hinauf zur Berghütte Rifugio Monte Scale (1950 m).
6. Vom Rufugio Monte Scale zum Stilfser Joch
Über den Staudamm des Lago di Cancano, die Alm Pedenolo und die Bocchetta di Pedenolo zur Bocchetta di Forcola (2768 m). Auf dem Friedensweg zum Stilfser Joch (Garibaldihütte, 2845 m).
7. Vom Stilfser Joch nach Stilfs
Über den Goldsee (2708 m) hinunter zur Furkelhütte (2153 m) und in sanftem Auf und Ab bis kurz vor die Stilfser Alm. Es folgt der lange Abstieg nach Stilfs.
Tipps zur Planung eurer Reise
- Hinkommen: Mit dem Zug fährt man nach Spondinig, was allerdings mit häufigem Umsteigen verbunden ist (ab Stuttgart zum Beispiel mindestens vier Mal). Von dort per Bus nach Stilfs (suedtirolmobil.info/de). Mit dem Auto dauert es von München vier Stunden bis Stilfs, von Stuttgart gut fünf, von Frankfurt sieben.
- Herumkommen: Grundsätzlich kann man an vielen Punkten auf den Höhenweg einsteigen. So sind zum Beispiel Sulden oder der Lago di Cancano (Ende Etappe 5) per Bus erreichbar. Manche Etappen lassen sich abkürzen, etwa gleich die erste. Wer sich die knapp 1800 Höhenmeter Aufstieg nicht zutraut, startet von Sulden zur Düsseldorfer Hütte und spart sich mehrere Stunden und 1000 Höhenmeter. Auch der Abstieg von gut 2300 Höhenmetern durchs Zebrùtal (Etappe 4) lässt sich entschärfen, indem man sich von einem Shuttleservice von der Alm Bàita del Pastore abholen lässt. Das verkürzt die Strecke bis Sant’Antonio um neun Kilometer (zum Beispiel mit AlpinTaxi, Tel. 0039/3334706865)
- Orientieren: Eine topografische Karte des Ortler Höhenwegs im Maßstab 1:25.000 erhält man für 9,90 Euro in den Tourismusbüros der Ferienregion Ortler, Ferienregion Latsch- Martelltal, Ferienregion Ultental und in allen fünf Besucherzentren des Nationalparks Stilfserjoch. Sie informiert auch über Zustiege und Übernachtungsmöglichkeiten.
- Informieren: Auf vinschgau.net findet sich unter »Aktivurlaub« eine Seite zum Ortler Höhenweg mit detaillierten Beschreibungen der Etappen.
- Anforderungen: Der Ortler Höhenweg erfordert Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und vor allem sehr gute Kondition. In sieben Tagen legt man knapp 120 Kilometer und je 8126 Höhenmeter im Auf- und Abstieg zurück. Pro Tag beträgt das Wanderpensum zwischen sechs und neun Stunden, zum Teil in 3000 Metern Höhe.
- Mehr Infos: vinschgau.net
Übernachtungsmöglichkeiten
- In Stilfs: Die Zimmer des Hotel Sonne in Stilfs bieten einen herrlichen Blick auf das Dorf, das Frühstück ist selbst nach Südtiroler Maßstäben hervorragend (DZ/F ab 57 Euro, Tel. 0039/0473611750, stilfs.it
- Am Berg: Mehrere Etappen enden an Berghütten. Die Düsseldorfer Hütte auf 2721 Metern Höhe hat eine herrliche Terrasse mit Blick auf Ortler, Zebrù und Königsspitze – und zum Paddeln einen Einbaum in einem winzigen See (DZ/F 34,50 Euro pro Person, Halbpension 48 Euro, Tel. 0039/3332859740, duesseldorferhuette.com). Die Zufallhütte auf 2265 Metern punktet mit Wasserfall- Blick und – in normalen Jahren – einer Saunahütte (Halbpension im Lager 46 Euro pro Person, im DZ 56 Euro, Tel. 0039/3356306603, zufallhuette.com). Auch das Rifugio Pizzini auf 2706 Metern hat eine Sauna – und liegt grandios am Gletscher (DZ/F 75 Euro, Tel. 0039/0342935513, rifugiopizzini.it).
- Nach der Tour: Das Hotel Gallia an der Stilfserjochstraße ist eine Unterkunft, in der man nach dem Höhenweg gerne die Beine ausstreckt (Zimmer pro Person mit Frühstück ab 58 Euro). Im Restaurant kommen traditionelle Südtiroler Küche, leichte mediterrane Kost und Internationales auf den Tisch. hotel-gallia.it
Tipps von Reiseautor Florian Sanktjohanser
- Sicher gehen: Für den Abschnitt von der Zufallhütte zur Pizzinihütte (Etappe drei des Höhenweges) lohnt es sich, einen Bergführer zu engagieren. Er stellt Steigeisen und Seile und führt Gäste sicher über das Eis. Der Guide Olaf Reinstadler ist über die Alpinschule Ortler zu buchen, 0039/3357302228, alpinschule-ortler.com
- Eisfrei: Wer die Ortler-Region auf einer kürzeren und gletscherfreien Variante kennenlernen will, der wandert die ersten beiden Etappen des Ortler-Höhenweges bis zur Zufallhütte. Nun weiter auf dem Weg zur Pizzinihütte, aber vor dem Gletscher abbiegen und über die Eisseespitze und den Stecknerweg nach Sulden wandern – drei schöne Wandertage.
Der komplette Reisebericht zum Download
Mit jeder Gehminute wird die Aussicht nun grandioser. Wir wandern durch ein Spalier aus Wacholder und Almrosen, die Blätter der Heidelbeeren tupfen Rot, das Heidekraut Rosa ins kniehohe Gebüsch. Von dem sanft ansteigenden Pfad blicken wir übers Tal auf den breitschultrigen Ortler mit seinen Gletschern und auf den Eisfächer der Königsspitze dahinter. Den perfekten Logenplatz für dieses Panorama serviert uns die Kälberalm gleich am Wegesrand. Herrlich wäre es, sich jetzt in einen der Liegestühle zu fläzen, am Weißbier zu nippen, zu verweilen – würde nicht ein Wanderführer gerade von einem Bartgeier erzählen, den er oberhalb gesehen hat. Also schnell weiter. Auch wenn Olaf nicht ganz so enthusiastisch ist. »Geier siehst du hier jeden Tag«, sagt er. Und tatsächlich: Als wir kurz darauf den Eselsteig hinaufschnaufen, segelt einer der prächtigen Aasfresser mit ausgebreiteten Schwingen vorbei. »Ein Jungvogel«, sagt Olaf, er habe noch keine Markierung: gelbliche Striche in den Schwungfedern, wie ein Barcode im Supermarkt...
Den kompletten Artikel inklusive aller Tourentipps gibt es hier als PDF zum Download: